Techniker üben für das Anbohren der Kammern des maroden Atomendlagers Asse bei Wolfenbüttel, um den Atommüll rauszuholen.

Wolfenbüttel. Im maroden Atomendlager Asse bei Wolfenbüttel haben die technischen Arbeiten begonnen, um erstmals weltweit radioaktiven Müll aus einer Lagerstätte wieder rauszuholen. Bei der "Kalterprobung" üben die Bergleute seit gestern mit eigens angeschafften Geräten, etwa Bohrmaschinen, wie man künftig die zwölf Kammern mit 126 000 Fässern anbohren will. In 800 Meter Tiefe mit deutlichem Abstand zu dem darüber gelagerten strahlenden Müll wird auch der Einsatz von Magnetik- und Radarsonden sowie ferngesteuerten Kameras geübt.

Noch vor Ende des Jahres soll erstmals eine der Lagerkammern angebohrt werden. Die Erkundungsgeräte sollen dann Aufschluss geben, ob die Fässer nach mehr als 30 Jahren im Salz noch halten und wie stark die radioaktive Verseuchung der Kammern ist. Weil die Unterlagen über die Fässer noch immer nicht vollständig sind, kann das BfS nicht einmal ausschließen, dass sich "explosive Gasmischungen" gebildet haben. Erst wenn das geklärt ist, kann laut BfS auch die nächste Stufe der Rückholung konkret geplant werden, also die Bergung von Fässern oder bei zerbrochenen Behältern der Einsatz ferngesteuerter Maschinen, die hinter einem Luftschleusensystem die Mischung aus Salz und Atomabfällen zu neuen Gebinden packen für die wahrscheinliche Verbringung in das Endlager Schacht Konrad in Salzgitter. Dieses Endlager wird etwa im Jahr 2013 betriebsbereit sein.

In dem ehemaligen Salzbergwerk Asse lagern Fässer mit schwach- und mittelaktivem Müll, angeliefert wurden sie von der kerntechnischen Industrie zwischen 1967 und 1978.

Ob alle technischen Hürden für eine Rückholung genommen werden können, ist dabei nicht das einzige Fragezeichen. Die Asse II ist einsturzgefährdet, wird mit Zehntausenden von Tonnen Beton stabilisiert. Schwerer aber wiegt, dass auch der Betreiber, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), nicht ausschließen kann, dass es zu unkontrollierbaren Wasserzutritten kommt. Seit über 20 Jahren gibt es bereits einen Zufluss, der um zwölf Kubikmeter täglich pendelt. Für den Fall, dass die Asse absäuft wie die beiden benachbarten Salzbergwerke Asse I und Asse III, ist deshalb ein ganzes Bündel von Notfallmaßnahmen vorbereitet worden. Dann werden die Stollen und Schächte so rasch wie möglich verfüllt, was nicht den strengen Maßstäben des Atomrechts entsprechen würde.

Atomlager Asse - die Chronik eines Skandals

Kommt es zur Rückholung, muss oberirdisch nicht nur ein Zwischenlager gebaut werden. Geprüft wird derzeit, einen zweiten Schacht in die Tiefe zu treiben. Derzeit hat die Asse nur einen regulären sowie einen Notschacht. Die Schätzungen über die Kosten der Rückholungen reichen bis zu drei Milliarden Euro. Zwar sind vor allem Abfälle aus Atomkraftwerken eingelagert, aber zahlen müssen die Steuerzahler, weil es sich rein formell um ein Forschungsbergwerk des Bundes handelt.