Die Tierärztin, die das Leben eines Heulers rettete, muss keine Strafe zahlen. Der Prozess gegen die Tierschützerin wurde eingestellt.

Husum. Am Ende war es die Merkwürdigkeit des schleswig-holsteinischen Rechts, das ihr die Einstellung des Verfahren brachte: Die engagierte Tierschützerin und Tierärztin Janine Bahr stand gestern vor dem Amtsgericht Husum, weil die Nationalparkverwaltung sie angezeigt hatte. Es ging um eine junge Robbe , einen Heuler, den die 42-jährige Tierschützerin von der Insel Föhr am Südstrand im Sommer 2009 in ihre Obhut gebracht hatte (das Abendblatt berichtete). Seit vielen Jahren schon kämpft Janine Bahr um die bei Touristen so beliebten Seehundbabys . Sie wirft der Nationalparkverwaltung, der Seehundstation Friedrichskoog und den amtlich eingesetzten Seehundjägern vor, vom Muttertier verlassene Jungtiere zu töten, wenn sie geschwächt sind oder es keinen Platz für ihre Aufzucht gebe.

Die Nationalparkverwaltung argumentiert indes, die Tierschützerin von Föhr würde zu sehr in die Natur eingreifen, kranke Tiere aufpäppeln und so die Seehundpopulation durch "schlechte Gene" gefährden. Besonderheit in Schleswig-Holstein ist aber, dass Seehunde unter das Jagrecht fallen - obwohl sie seit 35 Jahren nicht mehr gejagt werden dürfen. Zuständig dafür sind die offiziellen Seehundjäger, nur sie dürfen über das Schicksal der Heuler entscheiden. Bei anderen Robbenarten, die merkwürdigerweise nicht unter das Jagdrecht fallen, könnte Janine Bahr als Tierärztin sehr wohl ein verlassenes Jungtier aufnehmen.

Zwar gibt es an der Westküste Schleswig-Holstein überwiegend Seehunde, und Jungtiere werden im Sommer geboren. Doch die Zeugin der Nationalparkverwaltung konnte vor Gericht nicht völlig ausschließen, dass es sich bei dem aufgenommenen Tier vor einem Jahr nicht doch um eine Kegelrobbe gehandelt haben könnte. Ein unzweifelhafter Beweis gegen die Tierschützerin existierte damit nicht mehr, weil das Tier längst wieder in Freiheit ist. Auch Fotos gibt es nicht.

Staatsanwalt Friedrich Reese plädierte daher am Ende für eine Einstellung des Verfahrens. Bahr hatte zunächst ein Ordnungsgeld zahlen sollen, legte dagegen aber Beschwerde ein. Mit Erfolg, wie sich gestern zeigte.

Es gebe hier aber noch offene "grundsätzliche Fragen" über den Umgang mit Robbenbabys, sagte der Staatsanwalt. Doch die müssten jetzt an anderer Stelle geklärt werden.