Drei mutmaßliche Täter von Ameland gestehen. Es sind Jugendliche zwischen 14 und 16. “Die Betreuer machten wohl selbst Urlaub“.

Osnabrück/Ameland. Die Opfer hätten geschrien, seien unter ihre Betten gekrochen, hätten sich am Bett festgekrallt oder auch versucht, über eine Feuerleiter aus dem Schlafsaal zu fliehen. Was der Osnabrücker Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer gestern aus den bisherigen Ermittlungen schilderte, bestätigt die schlimmsten Befürchtungen über das, was sich in einem Ferienlager des Osnabrücker Sportbundes auf der niederländischen Insel Ameland abgespielt hat.

Drei Beschuldigte legten inzwischen Geständnisse ab . Die Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahren hätten die ihnen vorgeworfenen Taten in vollem Umfang eingeräumt. Ihnen werde Vergewaltigung, gefährliche Körperverletzung und schwerer sexueller Missbrauch vorgeworfen. Sie sollen in dem Ferienlager auf Ameland Kindern und Jugendlichen gewaltsam Gegenstände wie Colaflaschen und Besenstiele in den After gestoßen haben.

Insgesamt kämen derzeit acht bis 13 Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren als Beschuldigte in Betracht, sagte Retemeyer. Man gehe von sechs Opfern im Alter von 13 und 14 Jahren aus, die zum Teil mehrfach missbraucht worden seien. Täter und Opfer seien im selben Schlafsaal untergebracht gewesen. Der Oberstaatsanwalt betonte, dass "jeder sexuelle Missbrauch, der mit dem Eindringen in den Körper verbunden ist, nach dem Gesetz eine Vergewaltigung ist". Das gelte auch, wenn der Täter mit einem Gegenstand in sein Opfer eindringe.

Von den insgesamt 40 dort einquartierten Jugendlichen habe die Polizei 25 vernommen. Die vierköpfige Ermittlungsgruppe wolle die Vernehmungen der Jugendlichen binnen zwei Wochen bis zum Ende der Schulferien in Niedersachsen abschließen, sagte Retemeyer. Danach müsse man durch weitere Ermittlungen klären, ob den Betreuern bei der Ferienfreizeit der Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung gemacht werden müsse.

Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, erklärt das Versagen der Betreuer damit, dass diese wohl selber Urlaub gemacht und deshalb die aggressive Stimmung unter den Teilnehmern des Ferienlagers nicht mitbekommen hätten.

Aber warum tun Jugendliche anderen Jugendlichen so etwas an? "Es geht den Tätern hauptsächlich um Demütigung ihrer Opfer", sagt Rudolf Egg, Leiter der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden. In Cliquen, die sich in Ferienlagern formen, entstehe schneller die Idee, Sexualität zu benutzen, um andere zu demütigen. Ein Ferienlager stellt Egg zufolge immer auch eine Ausnahmesituation dar. Die Eltern seien nicht vor Ort, um auf ihre Kinder aufzupassen, und die Betreuer könnten nicht jede Situation kontrollieren. "Wenn dann noch Alkohol und Drogen ins Spiel kommen, steigt die Lust nach dem Abenteuer und danach, andere zur Schnecke zu machen", erklärt der Professor weiter. Es gebe auch an Schulen Übergriffe, aber in Ferienlagern fielen diese oftmals heftiger und grausamer aus, weil die Kontrolle von außen geringer sei.