Streit um die Hamburger Regelungen für die Entnahme von Blutproben: Es dauert zu lange, wenn immer erst ein Richter gefragt werden muss.

Hannover. Für den früheren Generalbundesanwalt Kay Nehm sind die Hamburger Regelungen zur Blutentnahme bei Alkohol- und Drogenkontrollen im Straßenverkehr nicht hinnehmbar: "Als Spielwiese für Richter, Rechtsanwälte und Staatsanwälte ist das Thema nicht geeignet." Im niedersächsischen Justizminister Bernd Busemann (CDU) hat er jetzt einen Verbündeten gefunden, um die Blutentnahme zu erleichtern: Der Richtervorbehalt soll fallen, Polizisten sollen selbst entscheiden.

Um 40 Prozent, so rechneten Nehm und Busemann gestern in Hannover vor, sei die Zahl der Alkohol- und Drogenkontrollen in Hamburg gesunken, weil dort die Polizei betroffene Autofahrer ohne richterliche Anordnung nicht einmal mehr mit zur Wache nehmen kann. Und diese Genehmigung könne Stunden auf sich warten lassen. Für Busemann ist es deshalb "kein Wunder, dass kaum noch Alkoholkontrollen stattfinden".

Angesichts einer unterschiedlichen Rechtsprechung will Niedersachsen jetzt einen Gesetzentwurf in den Bundesrat einbringen, mit dem der Richtervorbehalt komplett gekippt würde: "Wir brauchen Rechtsklarheit, der Richtervorbehalt darf nicht zum Freifahrtschein für Alkohol- und Drogensünder am Steuer werden."

Wenn ein Verkehrsteilnehmer gegenwärtig die Blutprobe verweigert, dann können Polizei und Staatsanwaltschaft auf die Zustimmung eines Richters nur verzichten, wenn Gefahr im Verzuge ist. Dann aber besteht laut Nehm die Gefahr, dass Gerichte die Blutprobe für unzulässig erklären: "Ein fahruntüchtig alkoholisierter oder drogenberauschter Fahrer könnte so straffrei davonkommen."

Wie wichtig Blutproben im Straßenverkehr sind, belegte Justizminister Busemann mit Zahlen. Binnen zehn Jahren hat sich die Zahl der ertappten Fahrer unter Drogen- oder Medikamenteneinfluss auf knapp 6000 Fälle fast verzehnfacht. Insgesamt wurden allein im vergangenen Jahr über 16 000 Blutproben bei Verkehrsteilnehmern angeordnet, jeder Zweite von ihnen wurde wegen einer Verkehrsstraftat verurteilt.

Busemann rechtfertigte seinen Vorstoß damit, dass es bei Verzögerungen der Blutentnahme zum Verlust an Beweismitteln durch Abbau des Blutalkohols kommt. Zudem sei der Richtervorbehalt nicht im Grundgesetz vorgeschrieben: "Der mit der Blutentnahme verbundene Eingriff in die Bürgerrechte durch den Arzt ist nur geringfügig."