Rund 1200 Sparkassenmitarbeiter demonstrieren in Kiel gegen die Pläne der Landesregierung - aus Angst vor Privatisierung.

Kiel. Sie buhten und pfiffen ihn aus. Empörter hätte der Empfang von Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie (CDU) nicht sein können. Und Schlie sah rot. Rund 1200 rote Mützen mit der Aufschrift "Gut.", getragen von Mitarbeitern der Sparkassen. Mit Losungen auf Transparenten wie "Hände weg von den Sparkassen" haben sie gestern in Kiel gegen die geplante Lockerung des schleswig-holsteinischen Sparkassengesetzes demonstriert. Zu dem Protest am Rande einer Veranstaltung von Landkreistag und Städteverband zu dem Gesetzentwurf der schwarz-gelben Landesregierung hatten die Gewerkschaft Ver.di und die Arbeitsgemeinschaft der Betriebs- und Personalräte in den Sparkassen aufgerufen. Sie befürchten, dass daraus aufgrund des EU-Rechts letztlich Privatisierungen der öffentlich-rechtlichen Institute und Stellenabbau folgen.

Die Landesregierung will öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten aus anderen Ländern den Einstieg bei Sparkassen im Land ermöglichen. Sie sollen sich künftig mit bis zu 25,1 Prozent an Sparkassen beteiligen dürfen. Der Entwurf sieht allerdings keine Beteiligung von Privat- und Landesbanken vor. Finanzexperten sagen, der Gesetzentwurf sei auf einen Einstieg der Hamburger Sparkasse (Haspa) zugeschnitten, die bereits öffentlich Interesse bekundet hat. Sie wird von der Haspa Finanzholding getragen.

Doch darin sieht Sparkassenverbandspräsident Jörg-Dietrich Kamischke das Problem. Für ihn ist die Haspa kein öffentlich-rechtliches Institut. Kamischke folgt damit einer Einschätzung der Europäischen Union. Die hatte in einem Schreiben an die Landesregierung signalisiert, die Haspa als privates Institut einzustufen. Damit wäre der Weg für private Investoren frei, meint Kamischke. Denn in diesem Fall müsste auch Interessenten wie Großbanken und Finanzinvestoren eine Beteiligung eingeräumt werden. Kamischke, der bereits in der vergangenen Woche "schwerwiegende Bedenken vor den absehbaren Folgen der Gesetzesänderung" geäußert hatte, forderte das Land auf, den Gesetzentwurf zu ändern. Ver.di räumt zwar ein, dass Möglichkeiten geschaffen werden müssten, um die Kapitalkraft der Sparkassen zu stärken. Jedoch bestehe die Gefahr einer möglichen Privatisierung der öffentlich-rechtlichen Geldinstitute.

Die Koalition hält trotz aller Kritik an ihrem Kurs fest. Während draußen die Sparkassen-Mitarbeiter ihren Unmut mit Trillerpfeifen bekundeten, bezeichnete Schlie den Gesetzentwurf als einen guten Weg, um die Zukunft der Sparkassen zu sichern. Sparkassen in Schleswig-Holstein bräuchten die Möglichkeit, Stammkapital zu bilden. Nur durch die Beteiligung Dritter ließe sich die Ausstattung mit Eigenkapital verbessern. Und eine Sparkasse, die mehr Eigenkapital habe, könne auch mehr für die heimische Wirtschaft und ihre Kunden leisten. Eine besondere Rolle sieht Schlie bei den Kommunen. Sie sind die Träger der Sparkassen in Schleswig-Holstein und sollen künftig darüber entscheiden, ob und in welcher Höhe Anteile verkauft werden. Er habe keinen Zweifel, so der Minister weiter, dass die Kommunen diese neuen Möglichkeiten der Selbstbestimmung mit Verantwortung und Weitsicht ausüben werden. "Wir gehen den richtigen Weg", ist sich der Minister sicher.

Massive Kritik kommt von der Grünen-Finanzexpertin Monika Heinold. Ihrer Ansicht nach würde die Umwandlung von Rücklagen der Sparkassen in veräußerbares Stammkapital einer Enteignung gleichen. Heinold warnte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) vor Wortbruch. Er habe zugesagt, es gebe keine Beteiligung der Haspa, wenn die EU sie nicht eindeutig als öffentlich-rechtlich einstuft. Am 12. Mai befasst sich der Innen- und Rechtsausschuss des Landtags mit dem Thema. Kritiker und Befürworter können dann erneut Argumente austauschen. Die Mitarbeiter müssen abwarten. Schlie hatte sich ihnen bei der Kundgebung nicht gestellt. Er sei zum Austausch von Argumenten bereit - "aber doch nicht in dieser Form".