Berlin. Merkmal Spitzenmannschaft: Der Trainer kann rotieren. So wie mittlerweile auch Urs Fischer bei Union. Leistungsabfall? Nein. Ein Manager-Routinier bringt es an seinem letzten Arbeitstag auf den Punkt.

Auf einmal hat der 1. FC Union Berlin auch noch ein Luxusproblem. Und es ist eines, das sonst vor allem die kennen, zu denen viele die Eisernen schon rechnen, nur sie selbst nicht. Urs Fischer hat die Qual der Wahl. Selbst ohne Isco. „Da kommt der Trainer auch in den Genuss, ein bisschen zu rotieren“, sagte der 56 Jahre alte Schweizer nach dem Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals.

Auch bei Union gilt: Spielen könnten nur elf. Es sei manchmal auch schwierig, die Jungs bei Laune zu halten, räumte Fischer auch ein: „Aber das ist Teil des Geschäfts.“

Gegen den VfL Wolfsburg führte das dazu, dass Fischer unter anderem Kapitän Christopher Trimmel und den erst im Januar von den Niedersachsen zu den Berlinern gewechselten Jérôme Roussillon auf die Bank setzte. Zum Startelf-Debüt kam dafür Josip Juranovic, ein weiterer Winter-Neuzugang, und sogar einer mit der Erfahrung des dritten WM-Platzes mit Kroatien.

„Er findet sich langsam zurecht“, kommentierte Fischer. Da sah dann so aus, dass Juranovic den so wichtigen schnellen Ausgleich der Gastgeber nach der frühen VfL-Führung perfekt vorbereitete.

Oder auch Aïssa Laïdouni, ebenfalls neu im Kader - und eine weitere spürbare spielerische Bereicherung mit der zusätzlichen Routine von 28 Länderspielen für Tunesien und ebenfalls der WM in Katar. Eine Belebung sei er gewesen, attestierte Fischer dem 26-Jährigen, der vor Spiel- und Lauffreude in der halben Stunden, die er zum Einsatz kam, nur so sprühte. „An dem Jungen werden wir noch Freude haben“, kündigte Fischer bereits an.

Gegen den FSV Mainz 05 am Samstag erneut im Stadion An der Alten Försterei könnte auch Laïdouni zum ersten Mal von Beginn an spielen. Dafür wird Fischer dann einen andere draußen lassen müssen.

Doch ist es auch diese Breite mittlerweile im Kader, die den DFB-Viertelfinalisten, Europa-League-Teilnehmer und Tabellenzweiten der Fußball-Bundesliga gepaart mit Leidenschaft und Willen so gefährlich macht. Der Sieg gegen Wolfsburg war der vierte im vierten Spiel in diesem Jahr, der dritte davon nach einem 0:1-Rückstand.

„Union, das sollte mittlerweile jeder wissen, die vermitteln dir schon mal das Gefühl, dass du überlegen und die bessere Mannschaft bist“, erklärte Jörg Schmadtke an seinem letzten Arbeitstag als Sport-Geschäftsführer des VfL und in der Fußball-Branche das eiserne Phänomen. „Und dann fängst du an, dich so ein bisschen an deinem eigenen Spiel hochzuziehen und freust dich. Aber dann fehlt der letzte Punch. Aber den hat Union.“

Selbst an einem Tag, an dem der Sensations-Transfer von Isco nicht nur ins Wanken geriert. Der Deal platzte sogar wenige Stunden vor der Partie. Erst am Wochenende nach dem Derby-Sieg hatten sogar die Spieler mit dem ehemaligen Real-Star via sozialer Netzwerke geflirtet. Spaßeshalber, wie Rani Khedira erklärte. Am Spieltagsmorgen erfuhren sie, dass Isco kommen sollte, am Nachmittag erfuhren sie, dass es nicht klappt.

„Es wäre eine geile Geschichte gewesen, aber trotzdem haben wir eine geile Mannschaft“, sagte Khedira und berichtete auch, dass sein Bruder Sami als ehemaliger Real-Profi auch Kontakt zu Isco gehabt habe. Genützt hatte es nichts, nach dem Medizincheck gingen die Vorstellung der Verhandelnden auf einmal auseinander. „Optimal war die Vorbereitung auf so ein wichtiges Spiel wirklich nicht“, sagte Fischer. Sie hätten sich aber auch kein Alibi verschaffen wollen. „So wie die Mannschaft aufgetreten ist, hat sie das gut weggesteckt“, betonte Fischer. Oder anders gesagt: Im Stile einer Spitzenmannschaft.