Krebs und Erdbeben

Wie gefährlich ist die Erdgasförderung in Niedersachsen?

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Der Geograf Ralf Struckmann untersucht in Bothel rund um eine Gasförderanlage den Boden mit einem Sensor nach Schadstoffen

Der Geograf Ralf Struckmann untersucht in Bothel rund um eine Gasförderanlage den Boden mit einem Sensor nach Schadstoffen

Foto: Carmen Jaspersen / dpa

Erdgasförderung soll in Zusammenhang mit Erdbeben stehen. Nun untersucht das Land auch erhöhte Krebsraten nahe der Förderstellen.

Bothel/Hannover.  Die Förderung von Erdgas in Niedersachsen gerät immer mehr in die Kritik. Schon länger steht die Gewinnung des Energieträgers aus dem Boden unter Verdacht, Erdbeben auszulösen. Nun haben viele Menschen in der Nähe von Förderstellen Sorgen aufgrund erhöhter Krebsraten.

Derzeit lässt Niedersachsen wegen einer erhöhten Krebsrate in Bothel den Boden an zahlreichen Erdgasförderplätzen im Land untersuchen. Experten zogen am Montag sieben Proben an einer Förderstelle in der Gemeinde im Kreis Rotenburg. Die Proben sollen im Labor auf Schadstoffe wie Quecksilber, Dioxine und Benzol getestet werden können.

„Die Sorgen der Bürger werden sehr ernst genommen“, sagte der Präsident des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie, Andreas Sikorski. Bis Ende 2016 sollen 200 der 455 Förderplätze im Land unter die Lupe genommen werden. Erste Ergebnisse werden voraussichtlich im Herbst vorliegen.

Viele Krebserkrankungen nahe Erdgasförderstätten

Eine Auswertung des Krebsregisters hatte überdurchschnittlich viele Krebserkrankungen bei Männern in Bothel und später auch im benachbarten Rotenburg ergeben. Bürger befürchten, dass die Erdgasförderung in der Region dafür verantwortlich ist.

Die systematische Untersuchung der Förderplätze sei ein längst überfälliger Schritt, sagte Kathrin Otte vom Gemeinnützigen Netzwerk für Umweltkranke. Der Verein und andere Bürgerinitiativen kritisieren jedoch, dass das Programm auf 200 Förderstellen begrenzt ist und keine Luft- und Wasseranalysen vorsieht.

„Drastische Zunahme“ von Erdbeben

Aber auch Erdbeben in Niedersachsen erzürnen Politiker und Anwohner von Erdgasförderstellen. Erst in der vergangenen Woche hatte der Linken-Politiker Hubertus Zdebel nach einer Info-Veranstaltung des Landesbergamtes die Regierung zum Handeln aufgefordert. „Endlich musste das Landesbergamt in Niedersachsen jetzt zugeben, dass die Erdgasförderung in den Förderregionen eine drastische Zunahme von Erdbeben verursacht hat“, sagte er. „Und damit nicht genug: Das LBEG geht davon aus, dass durch die Erdgasförderung weitere Erdbeben vorprogrammiert sind.“

Die Berichte über Erdbeben bei Syke im Landkreis Diepholz am 1. Mai und Emstek im Landkreis Cloppenburg am 19. Dezember des vergangenen Jahres wurden bereits im Mai veröffentlicht. Darin wird „von einem sehr wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen dem Erdbeben und der Erdgasförderung“ ausgegangen.

Die Bundesregierung und die niedersächsische Landesregierung sollten handeln und die Erdbebenrisiken umfassend bewerten, fordert Zdebel. „Sie müssen sofort angemessene Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Menschen ergreifen wie eine Reduzierung der Förderung und notfalls auch ein Moratorium“, sagt der Obmann der Linken-Fraktion im Umweltausschuss.

Auch das geplante Fracking steht in dem Zusammenhang in der Kritik. Erlaubt ist die Technik jedoch noch nicht. „Wir werden die Regierung dazu drängen, das Erdbebenrisiko endlich ernst zu nehmen, statt die Gefahr weiterhin totzuschweigen“, sagt Zdebel.

( mkah/DPA )