Berlin.

An den DDR-Volksaufstand von 1953 soll nach Ansicht des scheidenden Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, künftig an Tischen der Demokratie erinnert werden. Bei Diskussionen an langen Tafeln unter freiem Himmel könnten landesweit die Sinne geschärft werden für Freiheit und Menschenrechte, sagte der frühere DDR-Oppositionelle der Deutschen Presse-Agentur.

Rund eine Million Menschen waren vor 68 Jahren in rund 700 Orten gegen die politisch und wirtschaftlich angespannte Lage auf die Straße gegangen. Aus spontanen Streiks entwickelte sich ein Aufstand mit Rufen nach Freiheit und Einheit.

Panzer der Sowjetarmee schlugen den Protest blutig nieder. Rund 10.000 Demonstranten wurden laut Bundesstiftung Aufarbeitung festgenommen, mehr als 1500 von ihnen zu Haftstrafen und einige sogar zum Tode verurteilt.

Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sei eine Chance für Gegenwart und Zukunft, so der 67-Jährige. Gerade der 17. Juni mache deutlich, dass demokratische Rechte keine Selbstverständlichkeiten seien. "Die friedliche Revolution vom Herbst 89 war der späte Sieg der Aufständischen vom 17. Juni 53", unterstrich Jahn, der nach rund zehn Jahren am Donnerstag aus dem Amt verabschiedet wird.

Er habe nie verstanden, warum der 17. Juni als Gedenk- und Feiertag abgeschafft wurde, sagte der frühere DDR-Oppositionelle. Der 17. Juni sollte als besonderer Tag deutscher Diktatur- und Demokratiegeschichte mehr beachtet werden. Der damalige Aufstand und darauf folgende Traumata vieler Menschen hätten die DDR über Jahrzehnte geprägt. Beides gehöre in der Betrachtung zusammen.

In der Bundesrepublik wurde der 17. Juni nach dem DDR-Aufstand als "Tag der deutschen Einheit" zum gesetzlichen Feiertag. Dieser wurde mit der Wiedervereinigung abgeschafft. "Meine klare Forderung ist, Opposition und Widerstand in der DDR müssen mehr gewürdigt werden", sagte der Ostdeutsche.

Der 17. Juni sollte ein Tag der Demokratie werden - mit deutschlandweiten Dialogen an öffentlichen Tischen, sagte Jahn. "So könnte der 17. Juni als Tag des Rückblicks und zugleich als Forum etabliert werden, das nach besten Lösungen für unsere Gesellschaft sucht."

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