Erstsemester der Leuphana wurden am Sonnabend geprüft. Die Massenveranstaltung ist für die Uni eine logistische Herausforderung.

Lüneburg. Nichts war es mit einem gemütlichen dritten Adventssonnabend für die Erstsemester an der Leuphana Universität. 1750 junge Frauen und Männer mussten morgens um 10.30 Uhr in Hörsäle einrücken und die erste Klausur ihrer akademischen Karriere schreiben, die erst im Oktober begonnen hatte. Thema: "Wissenschaft nutzt Methoden."

"Die Klausur ist Pflicht für die Studienanfänger aller Fachrichtungen", sagte Dr. Cristina Blohm, unter deren Regie das Mammutprogramm ablief. Sie zog die Fäden und war verantwortlich für die enorme Logistik, damit die Massenveranstaltung reibungslos über die Bühne gehen konnte, die sich über das ganze Stadtgebiet Lüneburgs erstreckte. Denn nicht nur auf dem Campus an der Scharnhorststraße schrieben die Studenten Klausuren: In 21 Räumen schwitzten dort 1001 Prüflinge über den Aufgaben. Auch im Roten Feld waren 16 Räume belegt, boten Platz für 370 Studenten. Weitere zehn Räume standen in Volgershall mit insgesamt 343 Plätzen zur Verfügung sowie zwei im Technologiezentrum der Handwerkskammer Lüneburg-Braunschweig-Stade an der Dahlenburger Landstraße mit 93 Plätzen.

"Die Räume habe ich bereits im Februar gebucht", sagt Blohm. Bei der Reservierung hat sie Luft nach oben gelassen. "Es stehen mehr Plätze zur Verfügung als jetzt benötigt werden." Neben der Handwerkskammer habe auch die Stadt kooperiert bei der Planung für den Klausurtag, lobt die Organisatorin. "Weil wegen der 1750 Studenten mehr Andrang auf die Busse im Stadtgebiet herrschte als üblich an einem Sonnabend, mussten mehr Fahrzeuge eingesetzt werden."

Das Buchen der Räume war jedoch nur eine der vielen Arbeiten in der Vorbereitungszeit. Cristina Blohm musste auch Betreuer als Aufsichten und Ansprechpartner für die Studenten während der Klausur akquirieren. "83 Dozenten und 42 studentische Betreuer sind im Einsatz. Eine Informationsveranstaltung für sie fand am 24. November statt", so die promovierte Ethnologin, Rechtswissenschaftlerin und Betriebswirtin, die seit 2003 in Lüneburg lehrt. Die Betreuer kommen nicht alle von der Leuphana, auch an den Universitäten in Hamburg hat sie Verstärkung rekrutiert, damit in Lüneburg alles reibungslos nach Plan läuft.

Cristina Blohm war am Sonnabend entspannt bei der Sache. Sie saß in ihrem Büro in Gebäude 8. Obgleich Handy und Festnetzapparat in der ersten Klausurstunde fast im Sekundentakt klingelten. Betreuer reichten Fragen von Studenten telefonisch an sie weiter. Mal ging es um Buchstabendreher, mal um Nachfragen von Formulierungen auf den Prüfungsbögen. Freundlich und ruhig beantwortete die Wissenschaftlerin jede Frage. "Anders geht es ja nicht", sagte sie lächelnd. Die Organisation sei zwar wegen der hohen Zahl der Studenten eine Herausforderung, die aber zu bewältigen sei.

In den Vorjahren lag die Teilnehmerzahl niedriger, im Schnitt bei 1300 Studenten. Dass es in diesem Jahr mehr sind, begründete sie mit dem doppelten Abiturjahrgang und dem Wegfall der Wehrpflicht. Mehr junge Leute haben ein Studium an der Universität begonnen. Zwei Stunden hatten die Erstsemester Zeit, 60 Fragen aus zwei Fachgebieten im Multiple-Choice-Verfahren zu beantworten. Mehr als die Hälfte davon muss richtig sein, um die Klausur zu bestehen. Je nach Studienfach wurde Wissen aus den Bereichen Forschungsmethoden, Statistik oder Mathe abgefragt. "Jeder Student erhält drei Bögen, das macht zusammen 60 000 Seiten", sagte Blohm, die die Klausuren nicht nur koordinierte, sondern zusammen mit zwei weiteren Kollegen auch ausgearbeitet hatte und sie nun ab heute korrigiert. Ganz modern mit einem Scanner und mit einem ausgeklügelten System. "Deshalb ist jeder Fragebogen ein Unikat, versehen mit einem Barcode, einer Prüfungsbogennummer und der Matrikelnummer des Teilnehmers."

Cristina Blohm hält die Pflichtklausur für die Studienanfänger für eine wichtige Einrichtung an der Leuphana Universität. "Wir geben ihnen das Rüstzeug mit, um wissenschaftlich arbeiten zu können, damit sie umsetzen können, was sie in Vorlesungen gehört haben. Außerdem werden damit die Gütekriterien und Standards festgelegt, die bei uns gelten." Welche Fragen die Studenten auf den Prüfungsbögen beantworten mussten, dürfe sie aus rechtlichen Gründen nicht sagen, so die Organisatorin. "Unser Motto bei der Klausur ist: ,Die Suche nach Wahrheit'. Wir lehren, wie geforscht wird, wissenschaftlich zu denken - und wie man Erkenntnis erlangt." Die noch folgenden Klausuren, die auf die Erstsemester noch zukommen werden, stehen dann unter den Überschriften "Wissenschaft macht Geschichte" und "Wissenschaft trägt Verantwortung".

Nach zwei Stunden Konzentration hatten die drei jungen Studenten der Betriebswirtschaft, Ove Putensen, 20, aus Winsen/Luhe, Sandra Nachstedt, 20, aus Lüneburg und Moritz Mager, 22, aus Harburg ihre Klausurpremiere an einer Universität hinter sich. Das einhellige Urteil des Trios: "Es war anspruchsvoll, aber dennoch machbar."

Aufgaben in Statistik und Mathe mussten die drei Erstsemester lösen. "Manchmal musste ich schon mehrfach überlegen, bevor ich eine Antwort angekreuzt habe. Ohne konzentriertes Nachdenken ging es nicht", gab Sandra Nachstedt zu. Sie und ihre beiden Kommilitonen sahen in der Klausur keine unnötige Pflichtaufgabe. Im Gegenteil. "Als Uni-Einstieg ist sie wirklich gut. Wir bekommen einen guten Überblick darüber, was von uns erwartet wird", sagten die drei Studienanfänger, die sich nach Abgabe der Prüfungsbögen mit einem Glühwein belohnten, den ältere Semester vor den Hörsälen auf dem Campus ausschenkten.

Dass die erste Klausur in ihrem Studentenleben ausgerechnet an einem Sonnabend stattfand, störte die drei nicht. "Sonnabend ist doch gut. Dann können wir gleich im Anschluss feiern gehen."