Schüler luden Kommunalpolitiker zur Podiumsdiskussion in die Mensa des Schulzentrums. Alle Parteien waren mit Vertretern dabei.

Salzhausen. Als eine bis heute nie wieder erreichte Hochzeit der politischen Jugendarbeit galten die 70er und 80er Jahre. Zwischenzeitlich hat sich das Blatt gewendet. Schlimmer noch: Zu der Politikverdrossenheit der Jugend gesellt sich ein ausgeprägter Missmut gegenüber Wirtschaft und Gesellschaft. Dass es auch anders geht, beweisen Jugendliche aus der Gemeinde Salzhausen. Sie hatten Kommunalpolitiker zu einer Diskussionsrunde in die Mensa des Schulzentrums am Kreuzweg eingeladen.

Elf Kandidaten der Parteien, die am 11. September bei der Kommunalwahl antreten,, kamen und präsentierte die Parteienvielfalt des Ortes. Nie zuvor hatte es eine so gut vorbereitete Gelegenheit gegeben, sich einander anzunähern. Die "fünf fantastischen Jugendlichen", wie sie ein Gast nannte, wissen worauf es ankommt. "Politik ist kompliziert und deshalb kann man erst aktiv werden, wenn man versteht, wie es läuft", sagt die 17-jährige Valerie Schwingen aus Vierhöfen.

Das Interesse für Politik hat Jugendpflegerin Monika Rase bei ihr und den anderen Gymnasiasten wecken können. Seit November triff sich die bislang durchaus überschaubare Runde einmal wöchentlich, um über Politik zu reden und sie praktisch zu erfahren. Spätestens bei dem Besuch einer Sitzung des Gemeinderats haben sie erleben müssen, dass Politik nur selten Event-Charakter besitzt.

Doch vermeldet die 16. Shell-Studie von 2010 durchaus positive Entwicklungen. Immerhin 37 Prozent aller befragten Jugendlichen gaben an, politisch interessiert zu sein. Im Gegensatz zu 2002, als das Interesse bei 30 Prozent lag. Die Frage ist, ob diese Entwicklung weitergeht und wie oft dem Interesse eigenes Engagement folgt. So wollen viele an Aktionen wie Unterschriftensammlungen und Demonstrationen teilnehmen. Politische Institutionen wie Parteien oder der Regierung jedoch finden sie uncool oder stehen ihnen misstrauisch gegenüber.

In Deutschland fühlen sich laut Forsa-Befragung drei Viertel der 16- bis 23-Jährigen von der Politik nicht ernst genommen Die fantastischen Fünf ihrerseits waren bestens auf die Diskussion vorbereitet. Immerhin liegt das Wahlalter am 11. September bei 16 Jahren. Zahlreiche Fragen füllten ihre Zettel und konnten doch nur zu einem geringen Teil beantwortet werden.

Wieder einmal zeigte sich das Talent der Politiker zu ausführlichen Antworten. Die Jugend hörte aufmerksam zu und hakte zuweilen nach. Doch hielten Diskussionen um Begriffsdefinitionen die Politiker oftmals von einer kurzen Antwort ab. Ein klares Ja oder Nein war von keinem zu vernehmen. Wahrscheinlich, so vermutete die Jugend, sei es Usus, in einer Antwort so viel wie möglich zu transportieren.

"Butter bei die Fische", fordert Valerie Schwingen und fragt:" "Wie wollen sie uns Jugendliche bei der politischen Arbeit einbeziehen?" Trotz Wahlkampf war sich die Politik einig. Man würde sich über einen Besuch im Jugendausschuss freuen. "Besonders dann, wenn Themen, die die Jugend betreffen, besprochen werden", so SPD-Politikerin Iris Linde. Einzig der Grünen-Politiker Joachim Bartels kommentierte den Ausschuss als dröge. Darüber hinaus ist die Jugend in allen Parteien willkommen, denn jede Partei ist dankbar, wenn junge Leute kommen.

Eine etwas andere Idee formuliert Monika Rase: "Ich würde es besser finden, wenn wir parteilose politische Stammtische einrichten, an denen themenbezogen informiert und diskutiert wird." Ihr Anliegen sei es, die Jugendlichen in ihrem freiwilligen politischen Engagement zu begleiten.

Eines zeigte der Diskussionsabend allerdings auch: Das Interesse junger Leute an Kommunalpolitik ist nicht sonderlich ausgeprägt. Denn abgesehen von den ohnehin engagierten Teilnehmern der Podiumsdiskussion waren nur wenige Jugendliche als Publikum erschienen. "Die Botschaft ist eindeutig", kommentiert Jugendpflegerin Rase die Beteiligung.

Monika Rase bemüht sich seit Jahresbeginn nachdrücklich darum, Jugendlichen Politik, insbesondere Kommunalpolitik, näher zu bringen und sie zu ermuntern, am 11.September zur Wahl zugehen. Einen ersten Erfolg kann sie nun verbuchen: Neben dem Gymnasium wollen auch die Real- sowie die Hauptschule Salzhausen Kommunalpolitiker in ihre jeweiligen Abschlussklassen einladen. Die 15-jährige Mirjam Dohrmann hat bereits eine Menge verstanden: "Politik gilt deshalb bei vielen Jugendlichen als uncool, weil sie nicht erfahren, dass sie etwas bewirken können."