Nach 100 Jahren sind Wandmalereien des Impressionisten Hugo Friedrich Hartmann im Keller des Lüneburger Rathauses aufgetaucht.

Lüneburg. Seit 1906 waren sie verborgen: Neun Wandmalereien des Bardowicker Künstlers Hugo Friedrich Hartmann sind im Ratskeller wieder aufgetaucht.

"Wir haben die Malereien zufällig entdeckt, weil wir die davor hängenden Ölbilder zur Restauration abgenommen haben", sagt Stadtarchäologe Edgar Ring. Wie ein Durchschlag waren hinter den Bildern von Hugo Friedrich Hartmann dieselben Motive auf den Putz gemalt: Stadtansichten, Wahrzeichen und eine Ansicht aus dem Nicolaihof. "Das ist sehr spannend, weil wir jetzt den künstlerischen Prozess von der Skizze über den Putz bis zum Bild auf der Leinwand verfolgen können", sagt Ring. Die Skizzen seien alle erhalten und bekannt. Bei einer schnellen Sichtung hätten die Archäologen bereits festgestellt, dass Hartmann in einigen Details Veränderungen vorgenommen habe. "An der Wand fressen zwei Katzen aus einem Napf, auf der Leinwand zankt sich eine Katze mit einem Hund", sagt Ring.

Die Archäologen hatten Hinweise, dass sich fünf Wandmalereien hinter den Leinwänden verbergen. "Uns war allerdings nicht bewusst, dass hinter allen Bildern Wandmalereien versteckt sind und das in so gutem Zustand", sagt Ring. Nur eine Ansicht der Abtswasserspiele wurde überstrichen.

Im Jahr 1900 erhielt der Architekt Franz Krüger den Auftrag den Ratskeller zu gestalten. Obwohl er noch nicht lange in der Stadt war, beauftragte er den örtlichen Impressionisten Hugo Friedrich Hartmann. Der hatte sich 1896 in Bardowick angesiedelt und dort eine kleine Künstlerkolonie gegründet.

"Hinter den Wandmalereien sind teilweise Gasleitungen verlegt. Er hat die Beleuchtung in einige seiner Bilder integriert", sagt Edgar Ring. So zeige beispielsweise eine Ansicht von der Straße Am Sande eine Brunnensäule. Doch statt Wasser throne darauf die Gaslampe.

Aus dem Stadtarchiv weiß der Lüneburger Stadtarchäologe, dass Hartmann 1906 beauftragt wurde, seine Wandmalereien auf Leinwand zu übertragen. "Vermutlich sind durch die Durchfeuchtungen schon damals Risse in den Gemälden entstanden", glaubt Ring. Durch die Feuchtigkeit im mittelalterlichen Rathaus löse sich auch die Malschicht. Er vermutet, dass nicht alle Malereien auf einmal auf Leinwand übertragen wurden. "Strom gab es in Lüneburg erst ab 1907. Die vier Bilder mit der Gasbeleuchtung müssen erst danach ausgetauscht worden sein", sagt der Stadtarchäologe.

Die davor hängenden Bilder auf Leinwand müssen jetzt restauriert werden. "Seit 1900 bis zur Einführung des Nichtrauchergesetzes wurde in den Räumen geraucht, das sieht man den Bildern an", sagt Edgar Ring. Das Nikotin habe sich auf der Oberfläche abgelagert. Jetzt werden auch die Wandmalereien wieder hergerichtet.

Das übernimmt die Lüneburger Firma Blohm & Tillwick. Sie richtet auch die Wandmalereien her. In den Malereien gibt es viele Risse, teilweise hat sich der Putz gelöst. "Wir behandeln sie konservatorisch, stellen jedoch nichts wieder her", sagt Restaurator Markus Tillwick. An Stellen wo der Putz stückweise verloren gegangen sei, würde nur mit Kalkputz ausgebessert. Die Fehlstellen blieben also bestehen.

"Mit einem speziellen Injektionsmörtel werden lose Stücke wieder angeklebt, der Rest wird mit Kalkputz geschlossen, damit nichts mehr passiert", sagt der Restaurator. Außerdem müssen auch die Wandmalereien von hundertjährigem Schmutz befreit werden. Für Markus Tillwick sind die Malereien an der Wand und auf der Leinwand komplett unterschiedlich. "Es sind die gleichen Motive aber unterschiedlich gemalt", sagt er.

Anschließend werden die Leinwände wieder über die Malereien gehängt. "Wir werden wohl mit einem Belüftungssystem arbeiten, um die Malereien dieses Mal zu erhalten", sagt Stadtarchäologe Edgar Ring. Außerdem plant er die Leinwände so vor die Malereien zu hängen, dass man sie leicht wieder entfernen kann. "Dann können wir die Wandmalereien zu bestimmten Anlässen, wie dem Tag des offenen Denkmals, zeigen", sagt er.

Die Archäologen haben schon einmal eine Überraschung im Rathaus entdeckt. Hinter einem Daniel-Frese-Bild im Treppenaufgang entdeckten sie zwei Weinranken und zwei Sprüche.

Zurzeit ist der Ratskeller geschlossen. Die Lüneburger Wohnungsbau Verwaltungsgesellschaft ist Bauträger. Sie sucht zurzeit noch nach einem Pächter für die historischen Räume. Gehobene Gastronomie mit regionaltypischen Speisen soll dort ab dem nächsten Jahr geboten werden.