Politiker beantragen erneut Akteneinsicht und drohen Oberbürgermeister mit Gericht

Lüneburg. Die Grünen im Verwaltungsausschuss und Rat der Hansestadt Lüneburg setzen ihren Konfrontationskurs gegen Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD) in der Causa Peter Koch fort. Fraktionsvorsitzender Andreas Meihsies hat jetzt den Gang vors Gericht angekündigt, falls die Verwaltung weiterhin die Einsicht in die Unterlagen des Disziplinarverfahrens gegen den Ersten Stadtrat verweigert.

Die Grünen nehmen damit die Forderung des Koch-Anwalts Dr. Max Matthiesen auf, der die Mitglieder des Verwaltungsausschusses kürzlich öffentlich dazu aufgefordert hatte, von ihrem Recht auf Akteneinsicht und Heranziehung des Verfahrens Gebrauch zu machen.

Wie berichtet, hatte Mädge Anfang des Jahres ein Disziplinarverfahren gegen seinen Stellvertreter sowie zwei weitere Beamte eingeleitet. Laut Verwaltung soll geprüft werden, ob bei der Anmietung von Räumlichkeiten am Pulverweg für die einstige städtische Jugendwerkstatt "Fehler gemacht" wurden.

Am 19. Mai informierte Oberbürgermeister Mädge die Mitglieder des Verwaltungsausschusses über das Verfahren, nachdem die Politiker aus der Presse davon erfahren und eine außerordentliche Sitzung dazu gefordert hatten. Sämtliche Fraktionen beantragten daraufhin Einsicht in die Sachakten, einzelne Fraktionen zusätzlich in die Disziplinarakten.

Dazu gehörten auch die Grünen - und erhielten eine abschlägige Antwort der Stadtverwaltung. Jetzt haben sie einen weiteren Antrag bei Lüneburgs Rechtsdezernent Markus Moßmann gestellt: als Mitglieder des Verwaltungsausschusses (VA).

"Wenn der VA sich die weitere Handhabung und Entscheidung der Disziplinarverfahren vorbehalten kann, so muss er doch wohl in die Lage versetzt werden, deren bisherigen Ablauf nachzuvollziehen", schreiben Ulrich Blanck und Ulrich Löb. "Dazu gehört Einblick in alle einschlägigen Unterlagen zu diesen Verfahren."

Sie seien überzeugt davon, dieses Recht zu haben, sagte Fraktionschef Andreas Meihsies gegenüber der Rundschau. Die Informationsweitergabe der Verwaltung kritisiert er scharf: "Die Hinhaltetaktik der Verwaltung beschädigt das Amt des Oberbürgermeisters. Wer nichts zu verbergen hat, kann auch Sachinformationen liefern. Ich hätte mir zudem gewünscht, dass wir darüber aufgeklärt werden, dass wir den Antrag als Verwaltungsausschussmitglieder stellen müssen."

Ohne den Einblick in die Akten seien ein faires Urteil und eine abgewogene Meinungsbildung nicht möglich. Auch durch den Ermittlungsbeauftragten sieht sich Meihsies unzureichend ins Bild gesetzt: "Über die erste Stellungnahme des Anwalts von Herrn Koch vom 18. Februar hat uns der Beamte nicht informiert. Wir hätten erwartet, dass wir auch entlastendes Material vorgelegt bekommen. Wir wollen die komplette Stellungnahme lesen. An dieser Stelle stellt sich uns die Frage nach der Neutralität des Ermittlers. Wir fühlen uns unzureichend und einseitig informiert."

Zwei Wochen Zeit geben die Grünen nach eigenen Angaben jetzt der Verwaltung, ihnen die Akten vorzulegen. Geschehe das nicht, so Meihsies, "werde ich im Namen der Fraktion eine einstweilige Anordnung auf Herausgabe der Akten beantragen."

Stadtsprecher Daniel Steinmeier sagte dazu gegenüber der Rundschau auf Nachfrage: "Ein Disziplinarverfahren unterliegt strengen juristischen Auflagen. Jeder Schritt des Ermittlers ist bis ins Detail formal so festgelegt, dass davon nicht abgewichen werden darf. So ist auch vorgeschrieben, welche Informationen an wen weitergegeben werden dürfen."

Daher stehe Rechtsdezernent Moßmann in engem Kontakt zum Niedersächsischen Innenministerium. Zur Frage des Akteneinsichtsrechts habe er am Dienstag im Verwaltungsausschuss geantwortet, denn dieser wäre als höhere Disziplinarbehörde bei einer Heranziehung für das Verfahren zuständig, so Steinmeier: "Weil der VA hierbei als Kollegialorgan handeln muss, kann eine Einsicht in die Disziplinarakten nur vom gesamten Ausschuss per Mehrheitsbeschluss beantragt werden."