In Teil 11 unsere Serie “ich liebe Lüneburg“ stellen wir einen Übersetzer vor

Lüneburg. Am liebsten ist Eduard Biblekaj mit dem Fahrrad unterwegs. Vor allem, wenn er es eilig hat. Dann müsste er eigentlich einen großen Bogen um die Innenstadt machen, denn dort muss er laufend grüßen. Nachbarn, Freunde, Gemeindemitglieder, Arbeitskollegen oder Menschen, mit denen er sich ehrenamtlich engagiert. Winken, fragen, wie geht und wann man sich wiedersieht. Freundlich und zugewandt antwort der Dolmetscher und Übersetzer jedem Einzelnen. Ihm ist anzumerken, dass er sich wohl fühlt in der Stadt, die seit knapp zwanzig Jahren sein Lebensmittelpunkt ist.

"Ich habe schon immer die weiten Wege genommen", sagt Eduard Biblekaj und schaut ins Ungewisse. Weil er im Kosovo, wo er geboren wurde, nicht zum Militär wollte, floh er. Lüneburg war die einzige Stadt in Deutschland, die er kannte. Sie gefiel ihm, mit ihren leuchtend roten Backsteinmauern und der alten Wassermühle am Stint schien ihm die Stadt an der Ilmenau Anfang der Neunziger Jahre perfekt für einen Neuanfang. Er war 18 Jahre alt und sprach kein Wort Deutsch. "Ich konnte nur ein bisschen Schulenglisch aber das mir hier nicht viel geholfen", erzählt Eduard Biblekaj über die Schwierigkeiten nach der Ankunft.

Gegen die Einsamkeit in der Fremde half ihm der Auftrag seiner Eltern. "Sie gaben mir für meinen Weg ihren Segen, aber sie bestürmten mich, mich hier zu bilden und möglichst viel zu lernen." Also nahm der junge Mann lange bevor es Integrationskurse gab auf eigene Faust und Rechnung Sprachkurse an der Volkshochschule. Das Geld dafür verdiente er sich in Gastronomiebetrieben mit Tätigkeiten, für die man keine großen Sprachkenntnisse braucht. Das sollte aber nicht immer so bleiben, Eduard Biblekaj hatte bald Glück. Er fand einen Praktikumsplatz bei Manfred Tschorn Am Sande. "Ehrlich gesagt habe ich nicht keine Ahnung, warum er mich genommen hat, aber ich bin ihm heute noch sehr dankbar."

Bei Tschorn absolvierte er auch eine Ausbildung, arbeitet nebenbei als Dolmetscher und Übersetzer für das Bundesamt für Migration, am Gericht oder bei der Polizei. Der Kontakt zu seinen Eltern und Schwestern im Kosovo blieb auch während der dramatischen Kriegsjahre auf dem Balkan eng. Obwohl tausende Kilometer vom Schauplatz der brutalen Auseinandersetzungen entfernt, erlebte er das Leid der Betroffenen hautnah. "Ich habe als Übersetzer. auf Einladung des Deutschen Roten Kreuz an einem Camp in Deutschland teilgenommen, bei denen Psychologen Kriegsflüchtlinge betreut haben. Am Traurigsten für mich war zu sehen, wie sehr die Kinder gelitten hatten. Viele von ihnen haben immer wieder Soldaten und Leichen gemalt."

Inzwischen kann Eduard Biblekaj wieder lachen. An Lüneburg mag er besonders, dass die Wege kurz sind, dass er sich zurückziehen kann und es dennoch nicht weit zu seinen Freunden hat. Die Hilfsbereitschaft der Menschen hier und die Architektur der Salzstadt beeindrucken ihn immer wieder aufs Neue. Eine seiner Schwestern hat in Lüneburg studiert. Heute arbeitet sie als Medizinerin. "Sie fragt immer als erstes, wie das Stadtfest war. Das hat ihr hier immer sehr gefallen", erzählt der 36-Jährige. Seit 2002 ist er im Integrationsbeirat von Stadt und Landkreis aktiv und ist Mitglied der St. Mariengemeinde. Der Übersetzer und Dolmetscher bringt seine Erfahrung als Vermittler zwischen den Welten ein. "Ich möchte der Stadt und den Menschen, die mich so gut aufgenommen haben, etwas zurückgeben", beschreibt er schlicht den Grund für sein Engagement. Aus seiner Sicht ist es wichtig, dass die Kommunikation zwischen Lüneburgern und Einwanderern kontinuierlich fortgesetzt wird. Probleme im Zusammenleben sieht er nicht. "Aber wir müssen den Austausch immer wieder neu suchen."