Lüneburger Händler bieten Bioprodukte aus Bayern an. Es gibt aber regionale Alternativen für Grundnahrungsmittel

Lüneburg. Ob Tomate, Milch, Käse oder Apfel: Bei Kauf von Bioprodukten ist oft ein zweiter Blick auf das Produkt nötig: Denn nicht alles, was Bio ist, ist auch regional - und entspricht damit den eigenen Kaufansprüchen vieler Verbraucher.

Einer, der sich seit Jahren mit nachhaltiger Entwicklung der Region beschäftigt, ist Ulrich Hellfritz. Er ist unter anderem der Vorsitzende des Trägervereins des Heinrich-Böll-Hauses in der Katzenstraße. "Ich kaufe alles auf dem Wochenmarkt", sagt Hellfritz. Seit er eine Dokumentation über die Arbeitsbedingungen in den Lebensmittelverteilzentren gesehen hat, betritt er keinen Supermarkt mehr, sagt er.

Dabei ist ihm bei seiner Kaufentscheidung der regionale Aspekt mittlerweile wichtiger als das Bio-Siegel: "Die früheste Bio-Frühkartoffel kommt aus Ägypten. Der Betrieb ist zwar mustergültig und mit Preisen ausgezeichnet - aber deswegen brauchen wir trotzdem keine Kartoffeln von dort." Er isst auch keinen Spargel aus Peru vier Wochen vor der deutschen Erntezeit und keine Tomaten im Winter. "Da schmecken auch Bio-Tomaten aus den spanischen Treibhäusern nicht. Die Herkunft eines Lebensmittels ist sehr wichtig, genauso wie die bäuerliche Landwirtschaft ungemein wichtig für unsere Region ist als Gegenpol zur Agrarindustrie."

Wer auf die Herkunft eines Produkts Wert legt, sollte genau hinsehen. So kommt beispielsweise die Milch beim Bioladen am St. Lambertiplatz aus Süddeutschland. Der Grund: Der größte Bio-Großhändler Deutschlands, "dennree", hat sie im Programm. Und die Bio-Milchprodukte von "Andechser" stammen aus Oberbayern. "Söbbecke" dagegen produziert im Münsterland, "Alnatura" im Sauerland. Der "Hamfelder Hof" bezieht seine Milch nach Packungsangaben allein aus den norddeutschen Bundesländern.

Es gibt aber auch echte regionale Alternativen: die Milchprodukte mit dem Storch auf der Packung zum Beispiel, mit dem Bioland-Siegel zertifizierte Produkte aus dem Wendland. Und der SOS-Hof Bockum in Rehlingen bei Amelinghausen stellt ebenfalls Joghurt, Sahne, Quark und Käse her.

Zu kaufen gibt es die regionalen Produkte von Montag bis Sonnabend zum Beispiel bei Susanne Lipkow in der Oberen Schrangenstraße. Seit einem Jahr führt sie dort ihren kleinen Laden "Biologisch". Der Honig kommt aus der Elbtalaue, der Tofu aus Hamburg, der SOS-Hof Bockum liefert Milchprodukte, Getreide- und Trockenprodukte sowie Gebäck und Brot bezieht Susanne Lipkow von der Bohlsener Mühle zwischen Ebstorf und Uelzen sowie vom Bauckhof in Amelinghausen.

Wer mittwochs oder sonnabends auf den Markt geht, findet regionale Produkte auch bei Angelika Ahnert an ihrer "Käse-Ecke". Dort gibt es Öle aus Echem sowie Milch- und Fleischprodukte aus der Nähe von Bleckede, vom Bauckhof und vom SOS-Hof, Bioland-Erzeugnisse aus dem Wendland und Lünzener Schmiedekäse aus Schneverdingen. "Da sieht man die Kühe auf der Weide stehen", sagt Ahnert, die alle Herstellerbetriebe besucht hat.

Eigene Erzeugnisse verkauft Marten Koch vom gleichnamigen Hof in Glüsingen bei Betzendorf auf dem Lüneburger Wochenmarkt. Selbst nennt er sich einen "Hardcore-Öko" mit dem Ziel, die gesamte Produktion seines Bioland-Hofs aus eigenem Betrieb zu gestalten. Die Besonderheit in Glüsingen: "Anders als bei Biobetrieben üblich, arbeiten wir nicht mit Fruchtfolgen", sagt der Landwirt. "Bei uns wachsen die Kartoffeln seit 40 Jahren auf demselben Acker. Denn in der Natur gibt es keine Fruchtfolge, und wenn ich ein Kulturökosystem habe, beute ich den Boden schließlich nicht aus."

Koch kauft aber von Partnerbetrieben zu, etwa Schafskäse aus Kappeln und Kuhmilch vom Schaalsee. Die verarbeiteten Schweine kommen zurzeit vom Hof Dreyer im Wendland, weil Koch seinen eigenen Schweinestall gerade umbaut. Gemüse bezieht er teilweise aus Dithmarschen, "weil unsere Sandböden nicht schwer genug sind für Kohl und Sellerie. Gut wachsen hier Kartoffeln, Salate, Äpfel und Spargel." Denn: Die Pflanzen gedeihen in dem sandigen Boden nicht so schnell, entwickeln daher mehr Aroma, erklärt Koch. "Allerdings machen diesen Standortvorteil diejenigen zunichte, die das Wachstum mit Stickstoffdünger beschleunigen." Warum die Bioprodukte auf dem Markt meist teurer sind als die im Supermarkt, erklärt Koch: "Bio ist nicht gleich Bio. Auslandsware bewegt sich oft auf relativ niedrigem Niveau. Beim EU-Biosiegel sind Hilfsmittel wie etwa Stickstoffdünger erlaubt."