Die Jugend in der CDU ist deutlich unterrepräsentiert . Sitzungszeiten und Arbeitsaufwand schrecken ab. Erst ab Mitte 40 deutlich mehr Engagement möglich

Echem. "Lasst mehr junge Leute nach oben", sagt Eckhard Pols. Der Lüneburger CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des CDU Kreisverbands weiß, warum. Ein Blick auf die Kandidatenliste der Christdemokraten für die Kreistagswahl am 11. September gibt Antwort. Dem Verband scheint es an kompetentem Nachwuchs zu fehlen. Anders ist nicht zu erklären, dass im Wahlbereich 2 (Hagen, Kaltenmoor, Lüne, Moorfeld, Ebensberg) der 67-jährige Echemer Günter Dammann auf Platz eins gehievt worden ist.

Noch sitzt er im Kreistag, ist in zahlreichen Ausschüssen und Gremien vertreten und gilt unter den Christdemokraten als Finanzexperte. Sechsmal kandidierte er erfolgreich im Wahlbereich 2, als er noch in Hagen wohnte. Dann hatte er sich aufs Altenteil nach Echem in der Samtgemeinde Scharnebeck zurückgezogen und geschworen, mit 65 die Politik Jüngeren zu überlassen: "Kandidieren wollte ich nicht mehr. Man musste mich überreden." Unklar bleibt derweil, wer oder was ihn zur Kandidatur drängte. Immerhin votierten aber 140 der 147 Mitglieder des CDU-Kreisparteitags für Dammann.

Damit wird er nun weitere fünf Jahre im Kreistag sitzen. Eine Entscheidung die viele Fragen aufwirft. Zwar gilt der routinierte Kommunalpolitiker als Kompromiss-Kandidat. Doch warum steht er auf der Liste so weit vorn? Und: Hätte dort nicht der Name eines Jüngeren stehen müssen? Das beschäftigt offenbar auch Eckhard Pols: "Wir brauchen junge Mütter und Väter in den Parlamenten. Spätestens zur nächsten Kommunalwahl 2016 soll die nächste Generation eingeführt werden."

Bislang zumindest lässt die gewünschte und wohl auch notwendige personelle Verjüngung auf sich warten. Zu wenige Jungpolitiker aus den großen Volksparteien haben sich einen Platz in den Kommunalparlamenten zwischen einer Mehrzahl aus Rentnern, Beamten und Selbstständigen erkämpft.

Stattdessen werden immer wieder alternde Polithaudegen ins Rennen geschickt wie Harald Heuer (Scharnebeck) oder Dieter Hublitz (Amt Neuhaus). Heuer zählt 63 Jahre, Hublitz 64. Pensionäre wollen sie ebenso wenig sein wie ihre Parteikollegen Gerhard Scharf (72), Axel Pfeiffer (70), Jürgen Elvers (71), Manfred Harms (64) oder Klaus Olshof (65). Ganz im Gegenteil, die erfahrenen Beamten wollen sogar noch einmal durchstarten.

Als Zugpferd gilt nach wie vor der ehemalige Bürgermeister von Lauenburg und einstige Samtgemeindedirektor von Scharnebeck, Harald Heuer. "Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung in verschiedenen Verwaltungen ist er ein wertvoller Erfahrungsträger", sagt Ingrid Dziuba-Busch (49). Die kommunalen Aufgaben seien komplex und für Neulinge oftmals schwer zu durchblicken. Deshalb habe man in der CDU gezielt wieder die "alten Hasen" angesprochen.

Hublitz will als Kreistagsmitglied den Bau der Elbbrücke auf den Weg bringen, "und dabei mitwirken, die gesamte Region weiterzuentwickeln". Natürlich weiß er, dass es augenblicklich noch zu viele alte Köpfe gebe, die an alten Zöpfen festhielten. Wichtig sei, die Themen der jungen Leute zu erfassen, damit sie zur Wahlurne gehen: "Dafür brauchen wir junge Leute." Gelungen sei es, elf von ihnen in die Partei zu holen. "Wir sind dabei sie langsam aufzubauen", so der Noch-Bürgermeister im Amt Neuhaus.

Dabei bedarf es auch viel Überzeugungsarbeit, denn das Leben eines engagierten Kommunalpolitikers ist überaus arbeitsintensiv. "Das Problem sind die Zeit und die oftmals langen Anfahrtswege aus Hamburg zu den entlegenen Sitzungsorten im Landkreis", weiß der 39-jährige Michael Recha, Vorstandsmitglied des CDU-Stadtverbands. Sitzungstermine ab 14 Uhr könnten nur Rentner, Beamte und Selbstständige nachkommen. Nicht jedoch Angestellte, die beispielsweise in Hamburg arbeiten. Dennoch fordert er: "Geht in die Parteien, engagiert euch."

Noch weniger Zeit bleibt jungen Müttern oder Vätern mit Kindern. So setzt Recha auf politisch interessierte Frauen, die sich engagieren sobald die Kinder aus dem Gröbsten raus. Sein Hohnstorfer Parteikollege André Feit (34) hätte gern für die Kreistagswahl kandidiert: "Es würde mich sehr reizen. Aber zu viel steht bei einem so zeitintensiven Engagement auf dem Spiel: Beruf, Karriere und Familie." Feit ist Bürgermeister der Gemeinde Hohnstorf und Vorsitzender des CDU-Samtgemeindeverbands Scharnebeck.

Wie Eckhard Pols ist auch die Lüneburgerin Ingrid Dziuba-Busch der Ansicht, trotz aller Probleme habe sich der CDU-Kreisverband schon etwas verjüngt. Allerdings bekäme man die Leute in der Regel erst ab Mitte 40, vorher würden die meisten wieder abspringen. Das sei bedauerlich, den Parlamenten so viele frische Ideen verloren gingen.

Fünf Jungpolitiker aus der CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union (JU) wollen jetzt einen neuen Trend setzen und in den Rathäusern des Landkreises mal durchlüften. "Die CDU hat uns mit vorderen Listenplätzen gute Chancen auf ein Mandat gegeben", sagt der JU-Kreisvorsitzende André Kleine- Möller (22). Gemeinsam mit Niels Webersinn (30), Sebastian Gürtler (23), Felix Petersen (22) und Christoph Quade (21) möchten sie nicht länger Zuschauer sein und sich aktiv einmischen.

"Bei einem Durchschnittsalter jenseits der 60 - wie in vielen Gemeinden des Landkreises und besonders im Kreistag - ist die Jugend mehr als unterrepräsentiert", so Kleine-Möller. Verzichten auf die Erfahrung der Alten möchte indes auch er nicht.