Neuer Investor des Krankenhauses Scharnebeck erwartet Sicherheiten vom Sozialministerium - Verhandlungen stocken

Scharnebeck. Nah schien die Rettung für das durch eine Insolvenz in seiner Existenz bedrohte Krankenhaus Scharnebeck. Mitte März sollten die letzten Hürden genommen, wichtige Verträge unterzeichnet sein. Doch statt des ersehnten Aufwinds stehen die Beteiligen nun wieder in heftigem Gegenwind. Einmal mehr erweist sich Grundeigentümer Heinrich Krumstroh als eigensinnig - und auch die Landesregierung rollt neue Steine in den Weg.

Vor wenigen Wochen erst hatte der Gläubigerausschuss dem Insolvenzplan einstimmig zugestimmt. Inzwischen wurden die Anteile der Krumstroh GmbH am Krankenhaus Scharnebeck treuhänderisch an den Insolvenzverwalter übertragen und die gegenseitigen Ansprüche als erledigt erklärt.

Nicht geschlossen ist bis heute ein Mietvertrag zwischen dem Grundeigentümer Krumstroh und dem künftigen Klinikbetreiber, der, so der Hamburger Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann, "über eine Laufzeit von mindestens sieben Jahren abgeschlossen werden muss, um dem Investor Planungssicherheit zu geben". Offenbar besteht Krumstroh auf anderen Forderungen im Mietvertrag.

Sicherheiten erwartet der Investor indes auch vom Sozialministerium. Schließlich plant er erhebliche Investitionen und verlangt deshalb eine Art Schutzbrief, dass das Krankenhaus in den kommenden Jahren nicht Sparmaßnahmen des Landes zum Opfer fällt. Genau das könnte aber passieren, denn der niedersächsische Landesrechnungshof kritisiert das Land wegen dessen zögerlicher Krankenhauspolitik.

In einer Stellungnahme monieren die Prüfer zu viele vor allem kleine Krankenhäuser. Das habe zu Mehrfachangeboten geführt. Zwar hätte das Ministerium die Zahl der Betten verringert, es aber versäumt, kleine Häuser ganz zu schließen. So lasse sich alle 20 Kilometer ein Krankenhaus finden. Das gilt auch für Scharnebeck: Praktisch vor der Haustür liegt das Städtische Klinikum in Lüneburg.

Die Landesregierung weist diese Kritik zurück. Kein anderes Bundesland habe in den vergangenen Jahren so viele Betten abgebaut wie Niedersachsen. Laut Statistik vom 31. Dezember 2007 hätte das Land mit 52,8 Betten pro 10 000 Einwohner gar die niedrigste Bettenquote bundesweit.

Bis 2020 soll diese sogar noch weiter sinken. Angesichts eines für Niedersachsen prognostizierten Bevölkerungsschwunds um 3,5 Prozent auf dann 7,7 Millionen Einwohner weist die 24. Fortschreibung des Niedersächsischen Krankenhausplans von 2009 für das Jahr 2020 eine voraussichtliche Bettenquote von 45,9 aus.

Dass der neue Investor in Scharnebeck angesichts dieser Zahlen Zusagen fordert, ist nachvollziehbar. Zwar habe das Ministerium in Hannover eine mündliche Garantie gegeben, sei aber nicht bereit, diese auch schriftlich zu fixieren. Thomas Spieker, Sprecher des Niedersächsischen Sozialministeriums: "Für Finanziers hat es eine solche Garantie noch nie gegeben."

Bei der Grundsteinlegung des Krankenhaus-Anbaus in Salzhausen im Mai des Vorjahres hatte unterdessen Boris Robbers, Leiter des Referats Krankenhäuser im Ministerium, bekannt, dass kleine Häuser wie Salzhausen ein wichtiger Bestandteil für die gesundheitliche Versorgung in der Region seien - auch wenn der Rechnungshof für eine Konzentrierung plädiere.

Andererseits: Wird das Krankenhaus aufgegeben, weil der Investor sich zurückzieht und kein neuer gefunden wird, dann fordert das Land 1,5 Millionen Euro zurück. Das Haus sei mit Zuschüssen gebaut worden, die bei einer Schließung teilweise an das Land zurückgezahlt werden müssten, heißt es aus dem Haus der Insolvenzverwalter Brinkmann & Partner. Das würde im Besonderen die Gläubiger treffen. "Allerdings spricht alles für eine Lösung", so Berthold Brinkmann, der ein Mediationsverfahren auf die Beteiligten zukommen sieht.

Martin Diedrich, Chirurg und Belegarzt im Krankenhaus Scharnebeck, hat als Mitglied des Gläubigerausschusses die Verhandlungen um die Rettung des Hauses intensiv begleitet. Er sagt: "Wir haben von unserer Seite das Beste gegeben und sind in der Gelenkchirurgie wirklich nicht schlecht. Am Ende jedoch ist mir nicht wichtig, was die Gläubiger erhalten. Hauptsache ist, dass die rund 70 Mitarbeiter in Lohn und Brot bleiben."