Die von der Bundesregierung angepackte Gesetzesnovelle ist richtig und wichtig.

Es kann nicht sein, dass die Geräusche spielender und tobender Kinder rechtlich genauso behandelt werden wie Lärm, den Industrie und Gewerbe verursachen.

Diese Gleichsetzung wirft schon ein bedenkliches Bild auf eine Gesellschaft, in der Mädchen und Jungen auf eine Stufe mit Lkw- und Fabriklärm gestellt werden. Das Potenzial an Bürokratie muss unglaublich hoch sein, dass eine solche Rechtsauffassung den Weg in Gesetze überhaupt finden konnte. Den Bürokraten in diesem Land müssen endlich Fesseln angelegt werden.

Aber auch jeder Einzelne ist aufgefordert, das eigene Verhalten zu überdenken. Denn viel zu oft ist die Toleranzschwelle gegenüber Kindern sehr niedrig. Es wird gemotzt und gezetert, wenn Kinder vor der eigenen Haustür spielen. Und nicht nur einmal wollten Bürger verhindern, dass Kindergärten oder Spielplätze in Wohngebieten gebaut werden. Außerdem, so der Eindruck, scheinen Schilder, die Kindern das Spielen verbieten, eine deutsche Erfindung zu sein.

So gut und nötig die Gesetzesnovelle auch ist, sie berechtigt aber nicht zu Jubelstürmen. Wer behauptet, ein großer Schritt für mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit werde getan, der irrt. Denn der Weg dort hin ist noch sehr weit. Es hakt an allen Ecken und Enden: Betreuungsplätze für unter Dreijährige fehlen zuhauf, die Ganztagsbetreuung hinkt im europäischen Vergleich hinterher, Schulmensen und Schulspeisungen sind nach wie vor viel zu selten.

Wer es wirklich ernst meint, muss bereit sein, das bisherige System auf den Kopf zu stellen. Familien ist mehr geholfen, wenn das Kindergeld gestrichen wird und es stattdessen in Betreuung und Ausbildung investiert wird, der Besuch von Krippen, Kindergärten und Schulen beitragsfrei ist. Manchmal scheint es, dass sich sehr viele vernünftige Menschen darin längst einig sind, sich nur die Politiker beharrlich verweigern. Es gibt noch viel zu tun. Viel mehr, als nur ein Gesetz zum Kinderlärm zu novellieren.