Gesetzesnovelle findet breite Zustimmung quer durch Parteien und Verbände

Lüneburg. Vorbei sind die Zeiten, in denen der Trubel spielender Kinder rechtlich jenem Lärm gleichgesetzt wird, der von Industrieanlagen ausgeht. Die Bundesregierung novelliert das deutsche Bundesimmissionsschutzgesetz. Darin ist nun festgeschrieben, dass Geräusche, die von Kindertageseinrichtungen und Spielplätzen ausgehen, nicht länger als schädliche Umwelteinwirkung eingestuft werden dürfen.

Monika Montz, Orts- und Kreisvorsitzende des Deutschen Kinderschutzbundes in Lüneburg, sagt, die Gesetzesänderung sei wichtig und werde höchste Zeit: "Weil die Rechte der Kinder gestärkt werden. Ich hoffe, dass der Sinn für die Belange der Kinder nun geschärft wird." Denn oft genug fehle es Erwachsenen am Vermögen, mal Fünfe gerade sein zu lassen. Es sei offenbar ein häufig auftretendes deutsches Mentalitätsproblem, den jüngsten in der Gesellschaft weniger Toleranz entgegenzubringen als es in anderen europäischen Ländern üblich ist, sagt sie.

"Kinder müssen aber spielen und sich ausleben. Und dabei sind sie nun mal laut. Für mich gibt es nichts Schöneres als Kinderlärm", so Montz. Viele Erwachsene würden vergessen, dass sie früher selbst Kinder waren. "Und uns wurde schließlich auch kein Pflaster auf den Mund geklebt, damit wir leise sind."

Auch der Lüneburger CDU-Bundestagsabgeordnete und fünffache Vater Eckhard Pols lobt die Initiative, das Lärmschutzgesetz zugunsten der Mädchen und Jungen zu verändern. "Kinderlärm ist Ausdruck von Lebensfreude", sagt er. Mit der Gesetzesnovelle solle verhindert werden, dass Lärmschutzklagen gegen Kitas und Spielplätze diese Einrichtungen aus den Wohngebieten verdrängen, so Pols. "Kinder sind unsere Zukunft. Sie haben ein Recht auf freie Entwicklung und Spielen."

Aufgrund mehrfacher Gerichtsurteile gegen den Geräuschpegel aus Kindertagesstätten und im Hinblick auf den erheblichen Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder bis zum Jahr 2013 sei die neue Regelung dringend erforderlich, meint der Abgeordnete. "Spielen, Toben und Lachen von Kindern dürfe keinen Anlass mehr für gerichtliche Auseinandersetzungen bieten." Flankiert werde der Gesetzesentwurf durch eine Novelle des Bauplanungsrechts mit dem Ziel, in Wohngebieten Kindertageseinrichtungen generell zuzulassen, und zwar in einer Größenordnung, die der Gebietsversorgung angemessen sei, erläutert er. Pols glaubt, die Bundesregierung komme so dem Ziel einer kinder- und familienfreundlicheren Gesellschaft näher.

Monika Montz sagt, das Bedürfnis der oft hart und viel arbeitenden Menschen nach Ruhe sei nicht von der Hand zu weisen. Deshalb müssten Kinder ihre Grenzen kennen und lernen, sich auch ruhig zu verhalten, Rücksicht zu nehmen. "Das kann ihnen respektvoll, aber nicht lauthals gesagt werden."

Schimpfen löse kein Problem, ein Gericht schon gar nicht, so die 60-Jährige. "Früher haben die Erwachsenen auch gemeckert, wenn wir zu laut waren. Aber es wäre doch niemand auf die Idee gekommen, gleich vor den Kadi zu ziehen", so Monika Montz

Für den Konfliktfall schlägt sie vor, sich an einen Tisch zu setzen und zu reden. Gute Beispiele dafür, dass es funktioniert, hat sie aus Vögelsen parat. Dort wurden in Gesprächsrunden, die der Bürgermeister moderiert hat, Probleme zur Zufriedenheit aller gelöst.

Auslöser für den Streit um Kinderlärm waren zum einen, Rollerblades fahrende Jugendliche, die beim ohnehin schon nicht leisen Skaten auf dem Asphalt auch noch laut Musik hörten. Zum anderen der Geräuschpegel, der von einem Basketballkorb an einer Garage ausging, wenn die Kinder die Bälle dort versenkten.

Katrin Peters, Sprecherin des Landkreises Lüneburg, sagt, der Kreisverwaltung als Genehmigungsbehörde sei kein Fall bekannt, bei dem es jemals unüberbrückbare Differenzen mit Nachbarn gegeben habe, weil eine Einrichtung für die Kinderbetreuung gebaut werden sollte. "Diskussionen haben die Bedenken bislang immer ausgeräumt", sagt Katrin Peters. Dennoch ist sie überzeugt, die künftige Gesetzgebung könnte Erleichterungen bringen. Auch wenn bereits jetzt gelte, dass Kindergärten und Kitas in Wohngebieten als Anlagen für soziale Zwecke zulässig seien. Nur dürften sie eben keine unzumutbaren Störungen verursachen, zitiert sie die aktuelle rechtliche Lage.