Der Katastrophenalarm ist beendet. Landkreis zieht eine erste Bilanz nach dem Hochwasser an der Elbe

Lüneburg. Auch wenn es noch keine Entwarnung gibt, scheint das Schlimmste an der Elbe im Landkreis Lüneburg überstanden zu sein. Weil die Pegelstände weiter sinken, hatte Landrat Manfred Nahrstedt am Mittwoch den Katastrophenfall aufgehoben. Trotzdem ist es weiterhin verboten, die durch den Wasserdruck strapazierten weichen Deiche zu betreten. Auch bleibt der Katastrophenstab bis kommenden Montag in Rufbereitschaft. Noch immer gilt in der Region die Hochwasseralarmstufe zwei.

Die Bilanz über die finanziellen Folgen, die der Katastrophenalarm für den Landkreis verursacht hat, liegt noch nicht vor, sagt Sprecher Harald Fichtner. "Die Kosten sind noch nicht beziffert." Andere Zahlen stehen derweil schon fest. "Erfasst wurden rund 1900 Personen-Einsätze, die Helfer waren zum größten Teil an verschiedenen Tagen und auch mehrfach im Einsatz. Eine Auflistung der Arbeitsstunden wird noch erstellt." Zudem wurden rund 85 000 Sandsäcke verbaut und etwa weitere 45 000 gefüllt. Sie dienen als Reserve und werden an verschiedenen Orten in der Samtgemeinde Scharnebeck, der Stadt Bleckede und in Amt Neuhaus gelagert.

Die wichtigste Erkenntnis, die der Landkreis aus dem einwöchigen Katastrophenalarm zieht, ist, dass die Zusammenarbeit an der Elbe funktioniert. Fichtner: "Auf die ehrenamtlichen Helfer, vor allem von der Feuerwehr, aber auch auf Bewohner und Freiwillige kann sich der Landkreis verlassen."

Das Feststellen des Katastrophenfalls sei einerseits gemäß der Deichverteidigungsordnung beim Erreichen der entsprechenden Alarmstufen vorgeschrieben. Andererseits sei der Katastrophenalarm nötig gewesen, weil es eine Reihe von Problemen gegeben habe, so Fichtner. Alt Garge wurde nur von einem Notdeich geschützt, in Walmsburg war der neue Deich noch nicht fertig gestellt, an den Poldern der Nebenflüsse Sude und Krainke im Amt Neuhaus war der Wasserabfluss in die Elbe nicht möglich, zählt er auf.

Norbert Thiemann, Geschäftsführer des Artlenburger Deichverbandes, sagt, den Katastrophenfall an der Elbe auszurufen sei die richtige Entscheidung gewesen. "Alle Vorsorgemaßnahmen konnten in Ruhe vorbereitet werden, bevor es zu den hohen Wasserständen kam." Glücklicherweise, so Thiemann, habe das Wetter optimal mitgespielt. "Wir können froh sein, dass es keinen Starkregen gab. Dann wären die Deiche noch stärker durchweicht."

Dass die Hilfskräfte wegen des Katastrophenalarms in Bereitschaft versetzt wurden, habe für mehr Sicherheit gesorgt. Als Beispiel führt er den vergangenen Sonntag an, als die Pegelstände auf Rekordhöhen kletterten und viele Hochwassertouristen an die Elbe kamen. "Wir als Deichverband wären mit der Situation nicht klar gekommen, wenn die Polizei nicht über den Katastrophenalarm eingebunden worden wäre und Bereitschaftspolizisten die Kräfte noch verstärkt hätten", räumt Thiemann ein. Die Polizei hatte die Zufahrten zu den Deichen zum Teil mit Fahrzeugen blockiert, um der Masse an Schaulustigen Herr zu werden und das Betretungsverbot für die Deiche durchzusetzen. "Es wurden mehr als 300 Platzverweise ausgesprochen. Das wäre uns alleine schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen", so der Geschäftsführer des Deichverbandes.

Auch die Zusammenarbeit bei der Deichverteidigung hebt Thiemann hervor. "Die Aufgabe wurde im großen Verbund gelöst. So klappte etwa die Stabilisierung des Deiches mitsamt Böschung und Gräben in Alt Wendischthun reibungslos." Mehr als 220 Einsatzkräfte waren in der Nacht auf Dienstag vor Ort, um den Damm zu sichern und Sandsäcke zu füllen.

Dem Artlenburger Deichverband hat das Rekordhochwasser nach Worten seines Geschäftsführers bis zu 40 000 Euro gekostet. Bis der Landrat den Katastrophenfall erklärt hatte, mussten Kommunen und Deichverbände für die Kosten beim Hochwasserschutz selber aufkommen. Alle weiteren, die danach anfielen, trägt der Kreis.

Thiemann: "Unsere Verbandskasse wird durch die Personalkosten belastet, die der Schichtdienst unserer Arbeiter verursacht hat. Dazu kommt die finanzielle Entschädigung für die Deichgeschworenen." Und auch Material schlägt im Etat zu Buche, zum Beispiel für die Beschaffung von Sand, Säcke, Planen, Stahlmatten, Handys, Warnwesten, Taschenlampen und Batterien.

Laut Norbert Thiemann müsse der Landkreis Lüneburg weiterhin damit rechnen, dass der Katastrophenfall ausgerufen werde. Und zwar solange, bis an der Elbe überall gleiche Bedingungen herrschten, die Lücke im Hochwasserschutz in Alt Garge geschlossen sei und auch dort ein Deich stehe.

"Allerdings kann ich mir vorstellen, dass der Referenzpegel für den Katastrophenalarm höher gesetzt wird", so Thiemann. Weil das Hochwasser kontinuierlich steige, die Höchstwerte jedes Mal um zehn bis 15 Zentimeter übertroffen würden: "Doch die Deiche halten, selbst auf diesem hohen Niveau."