Der demografische Wandel fordert seinen Tribut. Dramatisch sinkende Schülerzahlen sorgen für harte Einschnitte

Echem. 1992/93 gelangte das Dorf Echem bundesweit zu Ruhm als Gemeinde mit Deutschlands höchster Geburtenrate. Mittlerweile hat sich der Trend gewendet: Die örtliche Grundschule sieht ihrer Schließung entgegen, denn wie die gesamte deutsche Gesellschaft unterliegt auch der knapp 1000 Einwohner zählende Ort dem demografischen Wandel. Ungeachtet der bisher noch positiven Bevölkerungsentwicklung im Landkreis gibt es Anhaltspunkte für eine tendenziell überalterte Bevölkerungsstruktur.

Schulleiter und Samtgemeindedirektor sorgen sich derzeit über die rapide abnehmende Zahl der Grundschüler in Echem. Wurden in diesem Sommer noch zehn Kinder in die Außenstelle der Grundschule Hohnstorf eingeschult, erwartet Margrit Schmelter, zuständige Fachbereichsleiterin der Samtgemeinde, einen weiteren Rückgang der Schülerzahlen auf gerade mal sechs im Jahr 2015. Das Niedersächsische Schulgesetz nennt als Mindestgröße für eine Klasse aber zwölf Schüler.

Brisant ist die drohende Schließung vor dem Hintergrund, dass die Grundschule erst vor zehn Jahren für knapp vier Millionen Mark von der Samtgemeinde gebaut wurde. "Eine falsche Entscheidung", sagt Verwaltungschef Karl Tödter heute. Vor der Kommunalwahl wolle nun keiner das Thema aufgreifen: "Man scheut die Entscheidung wie der Teufel das Weihwasser."

Eventuell noch zwei Jahre könnte man den Schulbetrieb aufrechterhalten, so Tödter. Danach sei die Schule nicht mehr zu halten. Während aktuell der Schulvorstand der Schule Hohnstorf gemeinsam mit der Samtgemeinde als Schulträger eine Zusammenführung der Schulen verfolgt, kündigt sich in der betroffenen Elternschaft massiver Widerstand an. Unter dem Druck wurde in der vergangenen Sitzung des Schulausschusses dieser Punkt auf den "Sankt- Nimmerleins-Tag" verschoben.

Ähnliche Probleme beschäftigen Kerstin Abeska, Leiterin des Hauptamts der Samtgemeinde Salzhausen: "Die Geburten sind seit einigen Jahren rückläufig. Setzt sich der Trend fort, dann ist die Außenstelle der Grundschule Salzhausen in Eyendorf in spätestens zwei Jahren gefährdet." In Eyendorf kamen 2010 bislang nur sieben Kinder zur Welt. 2004 waren es noch 21. Samtgemeindeweit sieht es kaum besser aus. Zählte man 2004 noch 172 Geburten, sank die Zahl 2010 auf 102.

Mit keiner Schulschließung innerhalb der nächsten zehn Jahren rechnet der Amelinhausener Samtgemeindedirektor Helmut Völker: "Es ist politischer Wille, mit aller Kraft die kleinen Schulen zu erhalten." Die einzügigen und eigenständigen Kleinstschulen in Betzendorf und Soderstorf hätten bessere Überlebenschancen als Schulaußenstellen. Mit neuen Konzepten wie dem einer offenen Eingangstufe in Betzendorf, reagiert die Samtgemeinde auf mögliche Einbrüche. Dabei werden das erste und zweite Schuljahr als pädagogische Einheit mit jahrgangsübergeifenden Lerngruppen geführt.

Zudem ist es Vorschulkindern möglich, die Schule zu besuchen. Das Gutachten zur Schulentwicklung des Landkreises Lüneburg aus dem Jahr 2008 prognostizierte der Kommune bis 2021 einen Rückgang der Sechs- bis Zehn-Jährigen um 46 Prozent, der Zehn- bis 16-Jährigen um 44 Prozent sowie der 16- bis 19-Jährigen um 37 Prozent.

Selbst wachsende Kommunen wie Adendorf müssen auf die abnehmende Schülerzahl reagieren. Schulleiter Martin Peters erörterte bereits auf einer Schulvorstandssitzung der Haupt- und Realschule am Katzenberg im April die Entwicklung der Adendorfer Geburtenzahlen sowie der Schülerzahlen in der Grundschule Adendorf: "Ab dem Schuljahr 20012/13 ist mit zum Teil erheblich zurückgehenden Schülerzahlen auch im Bereich unserer Schule zu rechnen."

Zur Einschulung 2012 sei lediglich etwa die Hälfte von derzeit 67 Zweitklässlern aus Adendorf für die Schule am Katzenberg zu erwarten. In Konkurrenz trete zudem der attraktiver werdende Schulstandort Scharnebeck, nachdem dort die Haupt- und Realschule Ganztagsschulen saniert und baulich erweitert wurden. Eine mögliche Profilierung, die im Vorstand diskutiert wurde, ist die Weiterentwicklung der Schule zum Kompetenzzentrum, in dem die Inklusion behinderter Schüler vorangetrieben werden kann.

Eine auffällige demografische Entwicklung beschreibt das Gutachten für die Samtgemeinde Scharnebeck. Trotz stagnierender Einwohnerzahl schrumpft bis 2021 die Zahl der Sechs- bis Zehnjährigen um 40 Prozent, die der Zehn- bis 16-jährigen um 41 Prozent, zeitversetzt nehmen die 16- bis 19-Jährigen um 29 Prozent ab.

Noch werden 37 Grundschulen im Landkreis Lüneburg geführt. Doch sind die geburtenstarken Jahrgänge eingeschult und rückläufige Einschulungszahlen der Normalfall. "In diesem längerfristigen Entwicklungskorridor werden kleine Grundschulen auf Dauer in die schwierige Situation der Anderthalbzügigkeit oder Einzügigkeit geraten", stellt das Schulgutachten fest.

Letztlich sei eine Außenstelle wie Echem leichter zu schließen als eine eigenständige Grundschule, sagt der Adendorfer Schulleiter Peters. Überdies sei die von Kultusminister Bernd Althusmann angeschobene Oberschule eine Antwort auf den demografischen Wandel. Der Zusammenschluss von Haupt- und Realschulen wird künftig so manche Schule im Sekundarbereich I vor der Schließung bewahren.