Die Vereine plagen Nachwuchssorgen. Professionelle Veranstalter und Sportschützenabteilungen sollen helfen

Lüneburg. Die diesjährige Schützenfest-Saison neigt sich langsam ihrem Ende zu. Und oft war es in den vergangenen Monaten so, wie in den Jahren zuvor: Die Schützenfeste sind schon lange nicht mehr der Höhepunkt des Jahres in den Orten, versprühen nicht wie einst den Zauber mit farbenprächtigen Umzügen durch die Straßen. Auch kräftiger Rummel und buntes Treiben auf dem Festplatz mit Autoscooter und lauter Musik, Karussellfahrten, Zuckerwatte und roten Liebesäpfeln sterben langsam aus. Schützenfeste verlieren stetig an Bedeutung und Boden in Stadt und Landkreis Lüneburg. Sie drohen auszusterben.

Das weiß auch Erwin Rose, Präsident des Bezirksschützenverbandes Lüneburg. "Der Eindruck täuscht nicht. Schützenfeste sind nicht mehr die großen Volksfeste wie früher", sagt er. Die Tendenz gehe dahin, so Rose, dass immer weniger Umzüge stattfinden, viele Vereine beim Feiern lieber unter sich bleiben wollen - ohne Publikum.

Er glaubt, die Konkurrenz mit anderen Veranstaltungen und Festen sei inzwischen so groß geworden, dass die Schützen deshalb oft mit ihren Festen ins Hintertreffen gerieten. "Das Freizeitangebot ist einfach enorm, sodass es bei den Schützenfesten zwangsläufig schlecht läuft."

Doch nach den Worten des Bezirksschützenpräsidenten gibt es auch andere Ursachen. "Viele Vereine sind überaltert und haben das zu spät erkannt." So sei es noch vor zehn Jahren undenkbar gewesen, dass bei einem Schützenfest kein neuer König oder keine neue Königin proklamiert wird, weil das Interesse an der Königswürde nicht da ist, eben auch weil die jungen Leute fehlten. "Bei einem Teil der Vereine sind überhaupt keine Majestäten mehr zu finden - weder bei den Damen, noch bei den Herren. Und das gleich mehrere Jahre hintereinander."

Zu leiden hätte das Schützenwesen auch unter der Verschärfung des Waffenrechtes 2004 als Folge des Amoklaufes des damals 19-Jährige Robert Steinhäuser am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt im April 2002, sagt Rose. "Die Schützen sind durch die Hintertür in Verruf geraten. Das hängt uns nach, obwohl wir keine Schießwütigen ausbilden und nichts mit Amokläufen zu tun haben."

Doch den Kopf stecken die Schützenvereine nicht in den Sand. Im Gegenteil. Sie steuern gegen. "Wir bemühen uns, junge Leute zu gewinnen", sagt Rose. Er räumt ein, dass beim Schützenwesen nicht mehr die Geselligkeit das Fundament für das Engagement im Verein sei, sondern der Schießsport. "Wer keine Schützentracht tragen will, der lässt es sein." Viel wichtiger sei ihm ohnehin, dass der Nachwuchs sich für das Sportschießen begeistere. Die Geheimwaffen der Schützen sind Lichtpunkt- und Bogenschießen für Kinder und Jugendliche. "Wir sind auf dem richtigen Weg. Das Bogenschießen ist angesagt wie nie. Es wird von den Kindern und Jugendlichen angenommen. Da haben wir den größten Zuwachs." In nur kurzer Zeit sei die Zahl der Vereine, die Bogenschießen anbieten, von drei auf 13 im Schützenbezirk Lüneburg gestiegen, sagt dessen Präsident.

Dass der Funke beim Schützenfest nicht mehr überspringt, hatte auch der Schützenverein in Buchholz in der Nordheide im Kreis Harburg vor drei Jahren erkannt. Um den Abwärtstrend zu stoppen, beschloss der Verein, Neuland zu betreten und Profis mit der Organisation des Schützenfestes zu beauftragen. Mit dem Team 412 aus Seevetal, das seit 1993 Partys und Großveranstaltungen auf die Beine stellt, wurde ein neues Konzept für das Schützenfest erarbeitet. Im Mittelpunkt stand eine Party für die Jugend im Schützenhaus von Buchholz, mit der es glückte, junge Leute auf das traditionelle Schützenfest zu locken.

Marco Börner, einer der beiden Betreiber des Teams 412, sagt: "Seit drei Jahren veranstalten wir jetzt die Partys beim Schützenfest in Buchholz, in diesem Jahr haben wir in Jesteburg damit begonnen." Es sei gelungen, die Schützenfeste moderner zu gestalten, sie aufzupeppen. "Wir haben die Jugend zurückgeholt mit unseren Großraumdiskos, die von moderner Musik sowie Ton- und Lichttechnik leben."

Nach Börners Aussage ist es auf diese Weise gelungen, den Schützen wieder Zugang zu einer Generation zu verschaffen, die sie schon längst verloren hatten. Er habe davon gehört, dass nach den Partys der eine oder andere Gast Interesse am Schützenverein zeige, sagt Börner. "Der Versuch ist geglückt, ein traditionelles Volksfest zu retten. Es wäre auch traurig und der Region würde etwas fehlen, wenn die Schützenfeste sterben würden."