Eine Bestandsaufnahme im Landkreis zeigt: Spitzenreiter in Sachen Pro-Kopf-Verschuldung ist Dahlenburg

Lüneburg. Deutschland steht tief in der Kreide. Auf jeden Bundesbürger, vom Baby bis zum Rentner, entfallen 20 774 Euro. In Niedersachsen sind es immerhin noch 6953 Euro pro Kopf. So hat es der Bund der Steuerzahler (BdSt) errechnet. Höchste Zeit zu handeln, fand der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) - und präsentierte Mitte Juli mit dem Gutachten "Kommunalstrukturen in Niedersachsen" erste Lösungsansätze. Im Zentrum stehen dabei Fusionen.

Im Landkreis Lüneburg ist eine Diskussion über mögliche Zusammenschlüsse bereits seit dem vergangenen Jahr ein Dauerthema. Landrat Manfred Nahrstedt liebäugelt mit Harburg, die finanziell schlechter gestellten Nachbarn Uelzen und Lüchow-Dannenberg könnten sich auch eine Ehe mit dem Kreis Lüneburg vorstellen. Aber erst Anfang des Jahres scheiterten die Fusionspläne der Gemeinden Amt Neuhaus, Bleckede und Dahlenburg am Widerstand der Bleckeder Bürger.

Joachim Dassinger, Samtgemeindebürgermeister in Dahlenburg, bedauert das noch heute: "Die Einheitsgemeinde wäre die große Lösung gewesen, um der Verschuldung entgegen zu steuern." In der Tat besteht in Dahlenburg dringender Handlungsbedarf. Mit aktuell 2696,62 Euro hat die Gemeinde die Pro-Kopf-Verschuldung im Vergleich zum Jahresabschluss 2008 mehr als verdoppelt - und ist unangefochtener Regent des Schuldenthrons in der Region. Dassinger sieht die Ursachen dafür in der großen Entfernung zu Hamburg. "Wir liegen zu weit ab, um noch partizipieren zu können."

Im Vergleich zum Lüneburger Speckgürtel sei der Ostkreis für Bürger wie Unternehmen weniger attraktiv. Abhilfe könnte nach Einschätzung Dassingers die geplante Autobahn 39 schaffen. "Ebenso wie flächendeckende und leistungsfähige Datennetze und endlich eine Brücke nach Neu-Darchau", so der Samtgemeindechef. Doch ein erster Anlauf für das dafür erforderliche Planfeststellungsverfahren wurde per Gerichtsbeschluss ausgebremst.

Aber es gibt Hoffung. Dieter Hublitz, Bürgermeister in Amt Neuhaus, ist zuversichtlich, "dass wir im Herbst die Planfeststellung neu beginnen können." Für Amt Neuhaus wäre die Verbindung zum Rest-Kreis besonders wichtig. Denn die weiten Wege über die Elbe machen den Standort für Berufstätige und Unternehmen unattraktiv.

Die Folgen: Seit dem Jahr 2000 schrumpfte in Amt Neuhaus die Bevölkerung um fast 10 Prozent. Für die Gemeindekassen bedeutet das ein Minus bei den Schlüsselzuweisungen des Landes, die in Abhängigkeit zur Einwohnerzahl ermittelt werden. Außerdem gibt es weniger Einnahmen aus Einkommens- und Umsatzsteuer. Auf die 5124 Einwohner verteilt sich die Schuldenlast derzeit mit 1526 Euro pro Kopf - Tendenz steigend.

"Die Neuverschuldung ergibt sich aus Investitionen der Gemeinde zur Verbesserung der Infrastruktur", so Hublitz. Straßen, Radwege, die Sanierung von Kindergärten sowie eine neue Sportanlage im Schulzentrum hätten die Gemeinde rund vier Millionen Euro gekostet. Investiert hat auch die Stadt Bleckede. Deichschutz, das Elbaquarium und die Biberfreianlage haben dafür gesorgt, dass die Gemeinde sich verschulden musste, um die laufenden Personal- und Betriebskosten decken zu können. Mit 1,3 Millionen Euro schlagen die Kassenkredite aktuell zu Buche. Allerdings beruhe die Summe laut Kämmerin Monika Peusch "zum Teil darauf, dass einige der Maßnahmen vorfinanziert werden mussten."

Sobald die entsprechenden Zuschüsse abgerufen würden, werden sich auch die Kassenkredite verringern, verspricht die Finanzexpertin. Derzeit bewegt sich Bleckede in Sachen Pro-Kopf-Verschuldung mit 817,09 Euro im oberen Mittelfeld - gleich nach der Hansestadt Lüneburg mit derzeit 1317,40 Euro pro Einwohner. Zwar steht den Schulden ein Vermögen von rund 550 Millionen Euro gegenüber, dennoch ist der Haushalt der Stadt mit Kassenkrediten in Höhe von 129,5 Millionen Euro belastet.

Wie berichtet setzt auch Oberbürgermeister Ulrich Mädge auf einen Zusammenschluss mit den Nachbargemeinden, um den Haushalt zu konsolidieren. Als Kandidaten sind unter anderen die Samtgemeinden Gellersen und Ostheide sowie die Gemeinde Adendorf interessant. Gellersen und Ostheide kommen aktuell ohne Kassenkredite aus und liegen bei der Pro-Kopf-Verschuldung bei rund 300 Euro. In Adendorf sind es aktuell 506 Euro.