Milchbauer aus Echem geht eigenen Weg, um seinen Familienbetrieb auch in der Zukunft zu erhalten

Echem. An Mut fehlt es Klaus Tschentscher nicht - verloren allerdings hat der Landwirtschaftsmeister das Vertrauen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. "Meine Hoffnungsträger sind wir ganz allein. Meine Familie und mein Partner in Barförde. Wir müssen einen Weg finden", sagt er. Im Stich gelassen fühlt sich der 44-Jährige wie viele Berufskollegen allerdings auch von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK).

Die Standesvertretung für die Landwirtschaft hat seit 2006 ihren Sitz in Oldenburg. Mitgliedschaft ist für die Bauern Pflicht. Die Kammer verteilt das Geld aus Brüssel und soll darüber hinaus in land- und forstwirtschaftlichen Fragen beraten.

Genau diese Beratung vermisst Tschentscher. Er wandte sich deshalb an einen freien Unternehmensberater der Lüneburger Landberatung. Das ist ein Verein, in dem die Landwirte freiwillig Mitglied werden können. Der Vorschlag: Fusion mit einem ähnlich strukturierten Familienbetrieb in Barförde. Der Berater begleitete auch die Umwandlung der beiden Futterbau- und Milchviehbetriebe hin zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Im Grunde ist die Fusion die Aufnahme des althergebrachten Genossenschaftsmodells, bei dem sich mehrere Betriebe zum Beispiel den Fuhrpark und Maschinen teilen, um Kosten zu sparen.

Noch ist die Fusion ein Novum in Echem wie auch in Barförde. Und eine Reaktion auf das System, das Biobauer und Grünen-Politiker Graefe zu Baringdorf treffend beschreibt: "Es zwingt Kleinbauern dazu, immer intensiver zu wirtschaften, also mit immer weniger Arbeitskräften mehr Ertrag zu produzieren. Wer da nicht mitmachen will, muss oft weichen." Dieser Trend läuft seit etwa 20 Jahren. Seitdem musste die Hälfte der deutschen Bauernhöfe aufgeben.

Der Strukturwandel ist in Echem allerdings noch nicht voll durchgeschlagen. Drei von elf Betrieben gaben in den vergangenen 25 Jahren auf. Geblieben sind sieben Milchviehbetriebe sowie ein Hof mit Schweinen und Pferden.

Und auch die Kammer schrumpft. Ende 2008 schloss sie die Außenstelle in Lüneburg. Seitdem müssen die Landwirte zur Bezirksstelle der LWK nach Uelzen, und wenn es nur für eine Unterschrift ist. Das kostet von Echem aus wenigsten einen Vormittag. Von den Bauern im Amt Neuhaus ganz zu schweigen.

Auch eine Resolution des Bauernverbands, in der gefordert wurde, die Außenstelle der Kammer zu erhalten, änderte nichts. Wenigstens eine Kontaktstelle an der Lehr- und Versuchsanstalt für Tiere (LVA) in Echem wollten sie. "Leider haben die Herren aus Oldenburg nie geantwortet. Es bleibt das Gefühlt, dass die Kammer sehr weit weg ist", sagt Tschentscher.

Umso wichtiger sei es, dass die LVA erhalten bliebe. Rund 30 Echemer arbeiten in der Lehr- und Versuchsanstalt, dem größten Arbeitgeber im Dorf. "Darüber hinaus ist die LVA eine unverzichtbare überbetriebliche Bildungseinrichtung. Jeder Landwirtschaftslehrling Niedersachsens wird während seiner Ausbildung eine Woche lang in Echem geschult", sagt Tschentscher.

Weil aber die LVA ein jährliches Minus von zwei Millionen Euro erwirtschaftet, wurde bereits 2009 die Produktion von Vorzugsmilch eingestellt und das Milchlabor geschlossen. Eine komplette Schließung der LVA, wie sie durchaus diskutiert wird, wertet Tschentscher als verheerendes Zeichen und warnt: "Teuer wird es, wenn die Kammer an Bildung spart, statt zu investieren. Die LVA garantiert die überbetriebliche Aus- und Fortbildung unseres Berufsstandes. Was sie für unserer Lehrlinge leistet, dass können wir in unseren Betrieben nicht erbringen."

Unterstützung erhalten die Echemer von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die den Verbleib der zukunftsfähigen Agrarausbildung im Ort fordert. "Es wird Zeit, dass die Landwirtschaftskammer ihren überbetrieblichen Bildungsauftrag für eine breit gefächerte Aus- und Fortbildung endlich ernst nimmt", so Martin Schulz, Vorsitzender des AbL-Landesverband Niedersachen.