Menschen mit Handicap leben und arbeiten auf dem SOS-Hof in Bockum und haben viel Spaß dabei. Ziel ist die berufliche und soziale Integration.

Bockum. Stolz zeigt Christian Molthoff seine Handgriffe an der Pressmaschine. "Damit verschaffen wir uns Platz", sagt er und deutet lachend auf viele platt gedrückte Gehäuse von ausrangierten Computern. Die sind in den Räumen der alten Mühle des SOS-Hofes in Bockum samt dazugehörigem Equipment wie Tastaturen oder Unmengen an Kabelsträngen bis unter die Decke gestapelt. Sie warten darauf, von den Mitarbeitern der Abteilung Dienstleistung fachmännisch für eine Entsorgung in ihre Einzelteile zerlegt, aber teilweise auch zum Verkauf wieder flott gemacht zu werden.

+++ Einblick in den SOS-Hof ist am Sonntag möglich +++

In der Einrichtung des SOS-Kinderdorf in Bockum in der Gemeinde Rehlingen leben und arbeiten erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung. Ziel ist die berufliche und soziale Integration. "Angenommen sein, sich wohl fühlen und eine Aufgabe zu haben - das sind zentrale Ziele für unsere Bewohner", sagt Leiter Manfred Persy.

Es gibt differenzierte Wohnbetreuungsformen - in Hausgemeinschaften und Wohngruppen sowie mit ambulanter Betreuung - sowie Arbeitsmöglichkeiten in der anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen. Dazu gehören Gärtnerei, Hauswirtschaft, Tischlerei, Käserei, Landschaftspflege, Landwirtschaft und seit gut zwei Jahren als jüngste Abteilung der Bereich Dienstleistung.

Beschäftigt sind dort unter der Regie der Betreuer Andreas Roßdeutscher und Frank Wedekind sieben Menschen: Günter Maier, Swala Lange, Christian Molthoff, Frank Thomas, Frank Pape, Christoph Lotz und Jannik Meyer. Alle wurden speziell geschult. Zum Angebotsspektrum der Abteilung gehören auch Mailing-Aufträge mit dem umfangreichen Kuvertieren und Versenden von Massenbriefsendungen. Außerdem schneiden die Betreuten von eingereichten, frankierten Briefumschlägen die Briefmarken aus. Die werden dann zugunsten des SOS-Kinderdorfes an entsprechende Händler verkauft.

"Diese Arbeiten machen großen Spaß", sagt Molthoff. Er ist von Beginn an dabei. Die Bockumer freuen sich, wenn Firmen und auch Privatpersonen ihnen Computer, die nicht mehr gebraucht werden, schenken. Sie holen als Service größere Mengen an Technikschrott aber auch direkt bei Firmen ab. So wurden vor kurzem zum Beispiel viele ausrangierte Computer bei der Bechle AG und Airbus in Hamburg eingesammelt und per Transporter in die Heide gefahren. "Die meisten Unternehmen oder auch zuletzt auch die Leuphana-Universität Lüneburg sind froh, wenn sie auf diese Weise ihre vollgestellten Kellerräume entrümpeln können", sagt Roßdeutscher.

In Bockum werden die PCs zuerst einer optischen Kontrolle unterzogen und geöffnet. "Dann kontrollieren wir, dass die Geräte mechanisch nicht beschädigt sind, und es wird eine Fehlerdiagnose erstellt", sagt Roßdeutscher. Alle nicht mehr funktionstüchtigen Geräte werden in ihre Einzelteile zerlegt. Einiges kommt ins Ersatzteillager für andere PCs, andere Komponenten wie Kabel oder Platinen werden an Wiederverwerter verkauft. "Die meisten Computer werden am Ende verschrottet."

Dennoch, so Roßdeutscher, werde zunächst versucht, die PCs wieder funktionsfähig herzustellen, um sie vorwiegend an Kinder und Jugendliche aus den SOS-Kinderdorf-Einrichtungen zu günstigem Preis verkaufen zu können. Ein neuer, eigener Computer sei für die meisten Mädchen und Jungen zu teuer. Und die Nachfrage nach den recycelten PCs aus der Heide sei groß. Mehr als 2000 Geräte sind laut dem Abteilungsleiter seit Beginn vor zwei Jahren in den Räumen der alten Mühle gelandet. Darunter waren auch einige Raritäten. Dazu gehörten Joysticks der ersten Generation und eine Laser-Schallplatte mit dem Film "Jurassic Park" samt dazugehörigem Player. Diese Teile werden besonders "umsorgt" und fallen nicht der Pressmaschine zum Opfer. Mit dem technischen "Dinosaurier-Schrott" hat Roßdeutscher in der Mühle eine kleine Museumsecke kreiert.