Der Appell auf dem Marktplatz und der Tag der offenen Tür in der Kaserne stellten Soldaten im Einsatz am Wochenende in den Mittelpunkt.

Lüneburg. Das Wochenende stand in Lüneburg vor allem im Zeichen der Bundeswehr. Bereits am Freitag hatte die Kommune als Garnisonsstadt einen festlichen Rückkehrerappell ausgerichtet. Einige Hundert Menschen waren vor das Rathaus gekommen, drängten sich an den Absperrungen und hießen 400 Soldaten und Soldatinnen an ihrem Heimatstandort willkommen. Zwischen vier und sechs Monate hatten sie zuvor im Auslandseinsatz Dienst geleistet, mehrheitlich in Afghanistan. Unversehrt sind sie alle aus den Krisengebieten zurückgekehrt.

"Nicht umsonst findet der Appell hier mitten im Zentrum auf dem Marktplatz statt", sagte Oberbürgermeister Ulrich Mädge. "Es macht deutlich, dass die Lüneburger hinter ihrer Bundeswehr stehen und dies auch öffentlich zeigen." Doch so richtig friedlich war es während der Feier nicht. Welten stießen aufeinander. Etwa 50 Demonstranten - Antimilitaristen und Friedensaktivisten - störten nach Schätzung der Polizei mit Trillerpfeifen, Rasseln und lautstarkem Rufen die Reden vom Oberbürgermeister und von Oberstleutnant Dr. Christian Freuding, Kommandeur des Aufklärungslehrbataillons 3 "Lüneburg".

Verbundenheit, Sympathie und Interesse an der Truppe demonstrierten viele Lüneburger dann eher am Sonnabend. Tausende Bürger waren der Einladung des Bataillons zum Tag der offenen Tür in die Theodor-Körner-Kaserne gefolgt. Sie ist die letzte verbliebene von einstmals drei Bundeswehr-Kasernen in der Hansestadt. 1800 Soldaten sind dort stationiert. In den 80er-Jahren war Lüneburg noch die sechstgrößte deutsche Garnisonsstadt. Aktivisten, die im Internet dazu aufgerufen hatten, "den Bundeswehrappell und Tag der offenen Tür zu vermiesen", tauchten nicht auf.

Bernd Schulz war mit seiner Tochter unterwegs. "Hinter jedem Soldaten steckt immer noch ein Mensch", sagt der Lüneburger. "Und meine achtjährige Tochter will sehen, wo diese Menschen, die für Deutschland in Afghanistan kämpfen, leben und arbeiten." Schulz hatte sich 1984 als Zeitsoldat verpflichtet: "Wir hatten es damals einfacher, und außerdem war unser Feindbild klar definiert. Es war der Sozialismus." Er kritisiert die heutige Verteidigungspolitik und führt einen Vergleich an: "Sie können keinen Feuerwehrmann in ein brennendes Haus schicken, ohne ihn vor dem Feuer zu schützen."

+++ Kritik am Auftritt von Soldaten +++

Ein anderer Besucher macht keinen Hehl aus seiner Kritik an der Neuausrichtung der Bundeswehr in eine reine Einsatzarmee: "Die Belastung der Soldaten ist enorm, weil die Erholungszeiten zwischen den jeweiligen Auslandseinsätzen viel zu kurz sind." Männer und Frauen kämen nicht mehr zu Ruhe. Unter anderem deshalb sei ihnen Stress ein permanenter Begleiter geworden.

Eine Ahnung, wie belastend Auslandseinsätze sein können, weil die Wohnverhältnisse beengt und alles andere als komfortabel sind, zeigte das "Leben im Einsatz", eine von 17 Stationen, an denen Besucher Wissenswertes rund ums Aufklärungslehrbataillon erfuhren. Neun Kameraden, die sich monatelang ein knapp bemessenes Zelt teilen - das muss eine Herausforderung sein. Und nur wenig einfacher haben es Soldaten, die sich zu dritt in einer spartanisch eingerichteten Stube mit Betten, Spind und einem winzigen Fenster in den Kasernen im afghanischen Kundus oder Masar-i-Scharif arrangieren.

Beeindruckt zeigten sich viele Gäste von der Hundestaffel der Uelzener Feldjäger, das ist die Militärpolizei, und einer Vorführung zum Thema Verwundetenversorgung. Viele der Stationen lebten vom persönlichen Engagement der Soldaten.

So mancher unter den Gästen hatte besondere Erinnerungen an die Theodor-Körner-Kaserne. Zum Beispiel bei den Ehepaaren Hein und Jutta Gutzke aus Ebstorf und Hubert und Vera Seipel aus Lüneburg. Beide Männer hatten in der Theodor-Körner-Kaserne gedient. Vera Seipel arbeitete 28 Jahre als Zivilangestellte für die Bundeswehr, die letzten Jahre im Geschäftszimmer des Aufklärungslehrbataillons. "Man hat mir einen tollen Abschied bereitet. An meinem letzten Arbeitstag wurde ich von einem Chauffeur zu Hause abgeholt. In der Kaserne haben mich altgediente Kameraden wie auch das komplette Unteroffizierskorps empfangen", sagt Vera Seidel.

Abschied aus Lüneburg wird für viele Soldaten in den kommenden Jahren auf dem Programm stehen. Insgesamt wird die Anzahl der Dienstposten am Standort Lüneburg nach derzeitigen Planungen von 1800 auf 1000 sinken. Die Kaserne wird allerdings für rund 50 Millionen Euro modernisiert.