25 Kulturmittler helfen Migranten, sprachliche und kulturelle Hürden zu überwinden. Die Migrationsdienste bilden weiter aus.

Lüneburg. "Kulturmittler sind nicht nur Dolmetscher. Sie vermitteln zwischen der deutschen Gesellschaft und anderen Kulturen", sagt Christa Reimers vom Diakonie Migrationsdienst. Mit ihren Kollegen von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) betreut sie Kulturmittler und bildet sie aus. Die Frauen und Männer begleiten Migranten kostenlos zu wichtigen Terminen, zum Arzt, Elternabend oder in eine Behörde, und helfen, sprachliche und kulturelle Hindernisse zu überwinden.

"Konkret kann das heißen, dass ein Kulturmittler zunächst Lehrer und Eltern die Unterschiede im Schulsystem erklären muss", sagt Christa Reimers. In vielen Ländern würden die Eltern der Schule den Erziehungsauftrag übergeben. "Bei uns ist das Elternhaus stärker gefragt. Die Aufgabe des Kulturmittlers ist es, beiden Seiten die Unterschiede klar zu machen", sagt Christa Reimers.

Im Landkreis Lüneburg gibt es 25 Kulturmittler, insgesamt werden 14 Sprachen abgedeckt. "Die größte Gruppe kann aus dem Russischen oder Türkischen übersetzen. Diese Länder stellen auch die größte Gruppe der Migranten in Lüneburg", sagt Christa Reimers. Doch auch für Finnisch, Serbo-Kroatisch oder Tamilisch gibt es Kulturmittler. Die meisten sind im Ausland geboren und nach Deutschland gezogen.

Anders ist das bei Michael Große. "Wir sind aus Abenteuerlust nach Griechenland ausgewandert und haben dort neun Jahre gelebt", sagt der hauptberufliche Englisch-Übersetzer. Am eigenen Leib habe er erfahren, was Integration bedeute. Und war froh über die Hilfe anderer. "Wir haben viel Hilfe und Unterstützung erhalten", sagt der 67-Jährige. Das möchte er jetzt, zurück in Deutschland, weitergeben, indem er für Griechen im Landkreis Lüneburg als Kulturmittler bereit steht.

Angefangen hat das Projekt bereits vor zwei Jahren. Damals konnten nur Arbeitslosengeld-II-Empfänger teilnehmen. "Das war eine schöne Sache. Allerdings konnten die ausgebildeten Kulturmittler nicht zum Einsatz kommen", sagt der Fachbereichsleiter Soziales beim Landkreis Lüneburg, Martin Wiese. Darum habe der Sozialausschuss im vergangenen Jahr einstimmig beschlossen, die Kulturmittler wieder zu aktivieren. Mit 25 000 Euro fördert der Landkreis das Projekt, zunächst für ein Jahr.

Das Geld benötigen die Migrationsdienste um neue Kulturmittler auszubilden und die Einsätze zu bezahlen. "Die Kulturmittler bekommen pro Einsatz einen Obolus", so Christa Reimers vom Diakonie Migrationsdienst. 12,50 Euro bekommen die Männer und Frauen pro Stunde. "Viele haben die gleiche Arbeit vorher ehrenamtlich mit Freunden und Verwandten gemacht", sagt sie.

Elena Bernhardt hat bereits Bekannten geholfen. Sie engagiert sich ehrenamtlich in der Diakonie. Dort hat sie von den Kulturmittlern erfahren. "Dieses Projekt entspricht meinen beruflichen Qualifikationen", sagt die 57-Jährige. In Weißrussland hat sie als Dolmetscherin und Fremdenführerin gearbeitet. Bereits fünfmal wurde Elena Bernhardt eingesetzt. "Wir waren beim Arzt oder beim Rechtsanwalt", sagt sie. Die Dolmetscherin glaubt, dass Menschenkenntnis eine Kernkompetenz der Kulturmittler sei. "Man muss sich auf die Menschen einstellen, sich selbstsicher fühlen und einen Zugang zu ihnen finden", sagt sie. Über die Einsätze sprechen darf Elena Bernhardt nicht, die Kulturmittler stehen unter Schweigepflicht. Vor jedem Termin gibt es ein Vorgespräch und, wenn gewünscht, ein Nachgespräch, in dem die Situation analysiert wird.

Meist fordern die betroffenen Institutionen in Stadt und Landkreis die Kulturmittler an. "Wenn sie denken, dass es zu einem Problem wegen sprachlicher und kultureller Barrieren kommen kann", sagt Tanja Geilert vom Awo-Migrationszentrum. Wichtig ist ihr, dass die Kulturmittler auch mit den Mitarbeitern der Einrichtung auf Augenhöhe sind. "Das geschieht dadurch, dass sie explizit angefordert werden und nicht ehrenamtlich mitgehen", so die Sozialpädagogin.

Viele der Kulturmittler arbeiten hauptberuflich als Dolmetscher. So auch Hussein Jelebi. Der 45-Jährige wird bei Migranten, die Arabisch oder Kurdisch sprechen eingesetzt. "Ich habe von den Kulturmittlern über die AWO erfahren", sagt der Syrer. In der vergangenen Woche hatte Hussein Jelebi seine ersten beiden Einsätze in der Schule. "Ich war nicht bloß der Übersetzer, die Leute wollten meine Meinung wissen", sagt er.