Die 44-jährige türkischstämmige Meral Fischer und Rainer Utermöhlen sind das neue Führungsduo der Ortswehr Lüneburg-Mitte.

Lüneburg. Meral Fischer ist eine besondere Feuerwehrfrau. Mit der 44-Jährigen steht erstmals in Stadt und Landkreis jemand mit ausländischen Wurzeln an der Spitze einer Wehr. Ab dem 1. März ist sie in der Ortswehr Lüneburg-Mitte Stellvertreterin von Ortsbrandmeister Rainer Utermöhlen (42). Er und Fischer, Tochter eines türkischen Gastarbeiters sowie einer Hamburgerin, starten als neues, von ihren Kameraden gerade erst gewähltes Führungsduo in der mitgliederstärksten Feuerwehr in der Stadt durch. Die Ortswehr hat 135 aktive Brandschützer plus Mitglieder in der Jugendwehr und der Altersabteilung.

Ziel von Fischer und Utermöhlen ist es, Ausländer besser in den Brandschutz zu integrieren. "Wir sind die ersten, die damit in der Region beginnen", sagen Fischer und Utermöhlen. So soll einerseits mehr Sicherheit bei Einsätzen entstehen, weil sprachliche und kulturelle Barrieren überwunden werden können. Andererseits denkt die Freiwillige Feuerwehr an die eigene Zukunft, in der sie auch Migranten für sich gewinnen muss, will sie vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft mitgliederstark und damit schlagkräftig bleiben.

Der Landesfeuerwehrverband Niedersachsen ruft zu dieser Art der Selbsthilfe auf und spricht von einer veränderten Gesellschaftsstruktur mit mehr Alten und Migranten.

Es gäbe viele Ängste abzubauen bei Menschen, die mit der Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr nicht vertraut seien, sagt Hans Graulich, Präsident des Landesfeuerwehrverbandes.

Für Meral Fischer und Rainer Utermöhlen ist die multikulturelle Gesellschaft real existierend im Alltag. Auch wenn sich das bislang nicht in der Lüneburger Feuerwehr bemerkbar macht. "Die Zahl der Mitglieder mit ausländischen Wurzeln in Stadt und Landkreis lässt sich an einer Hand abzählen", sagt Fischer. Die Ursachen dafür seien vielfältig, glaubt sie. "Viele Migrantenkinder, die ich bei der Brandschutzerziehung in Kindergärten und Schulen treffe, haben zwar Interesse, aber trauen sich nicht, mitzumachen. Oder sie dürfen nicht, weil die Eltern es nicht wollen", sagt sie. Ein Mentalitätsproblem. Denn, so sagt sie, das Bild von der Feuerwehr sei in vielen Ländern anders als in Deutschland. "Die Feuerwehr ist anders organisiert. Es gibt meistens nur Berufsfeuerwehren und viel weniger Ehrenamt als bei uns. Der Unterschied lässt sich schwer vermitteln und das macht es schwierig, Menschen mit anderer Herkunft für uns zu gewinnen."

Sie selber ist am 16. Januar 1992 in die Feuerwehr eingetreten, als erste Türkin in Lüneburg, denn damals hatte sie noch die türkische Staatsbürgerschaft. "Eigentlich wollte ich schon als Kind und Jugendliche mitmachen, aber durfte es nicht, weil es Frauen verboten war. Erst seit 1991 sind sie zugelassen." Damals, als sie sich entschlossen hatte, mitzuwirken, gab es jedoch Hürden, die heute keine Rolle mehr spielen. "Es musste erst einmal geklärt werden, ob ich als Türkin überhaupt Mitglied werden darf. Das hatte sich dann aber schnell erledigt, weil ich im Februar 1992 ohnehin eingebürgert wurde", erzählt sie. Die Frage der Staatsangehörigkeit ist inzwischen keine mehr. Jeder darf mitmachen, der die Aufnahmeprüfung besteht und ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis vorlegt.

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"Der erste Kontakt zu Migranten entsteht in der Brandschutzerziehung mit den Kindern. Künftig möchte ich noch mehr Menschen erreichen über meine Mitarbeit im Integrationsbeirat von Stadt und Landkreis", so Fischer. Ein guter Weg, findet Ortsbrandmeister Utermöhlen. "Das Wissen über das richtige Verhalten im Brandfall, die Aufklärung über Gefahren und unsere Arbeit werden immer wichtiger", sagt er.

Das zeige der Einsatzalltag in der Stadt. Im Stadtteil Kaltenmoor etwa herrsche ein Sprachenmix und nicht jeder, der dort wohnt spricht ausreichend deutsch. Das kann zu Problemen bei Einsätzen führen und schlimmstenfalls Menschenleben kosten, weil die Verständigung nicht funktioniert. "Wir hatten es schon, dass unsere Anweisungen nicht verstanden wurden", so Utermöhlen. Hilfreich war es dann immer, wenn Meral Fischer als dreisprachige Feuerwehrfrau mit ausgerückt war. Sie spricht deutsch, türkisch und englisch.

So habe sie etwa türkischen Kindern klar machen können, dass es gefährlich ist, um die Feuerwehrfahrzeuge herumzulaufen während der Löscharbeiten. Ein anderes Mal konnte sie eine türkische Frau, die nur schlecht deutsch spricht, bei einem Küchenbrand beruhigen. "Sie und ihr kleines Kind waren so hilflos. Als sie merkte, dass ich ihre Sprache spreche, klammerte sie sich an mich und ich habe sie bis in den Rettungswagen begleitet", erzählt Fischer.

Als Feuerwehr gehe es nur darum, allen zu helfen - unabhängig von der Herkunft, sagt Utermöhlen. Und Meral Fischer ergänzt: "Mir ist es ganz wichtig, dass es allen Menschen immer gut geht. Dafür setze ich mich ein." Als Kreisbeauftragte für die Brandschutzerziehung kümmert sie sich daher neben den Kindern und Migranten auch um Senioren und Behinderte.

Das Angebot wird dankend angenommen. "Ich bin ausgebucht." Als nächstes wird sie übrigens ins Kloster gehen und den Damen in Lüne erklären, wie sie sich im Gefahrenfall richtig verhalten.