Der Standort des Notarztwagens wird von Ellringen nach Neetze verlegt. Dadurch können 85.000 Bürger schneller erreicht werden.

Lüneburg. Der Landkreis Lüneburg bessert bei der notärztlichen Versorgung der Bürger nach. "Nachdem wir den Rettungsdienst in den Jahren 2009 und 2010 deutlich aufgestockt und optimiert hatten, haben wir nun überprüft, ob das neue System gut funktioniert und alle Komponenten vernünftig aufeinander abgestimmt sind", sagt Kreisrätin Monika Scherf. Die aktuellen Zahlen zeigten, dass der Rettungsdienst noch besser aufgestellt werden könne. "Wenn wir den Standort des Notarztes von Ellringen nach Neetze verlegen. Dadurch können rund 85.000 Bürger schneller erreicht werden", so Scherf.

Professor Dr. Christian Frenkel ist der Leitende Notarzt im Landkreis Lüneburg. Er sagt, die praktischen Erfahrungen der vergangenen Monate würden den theoretischen Annahmen aus einem Gutachten von 2008 entgegenstehen. "Der Einsatzschwerpunkt liegt am Tag länger im dicht besiedelten Gebiet als angenommen", so Frenkel, der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie im Lüneburger Klinikum ist. Bei der Untersuchung war seinerzeit festgestellt worden, dass aufgrund der Erreichbarkeiten und der Eintreffzeiten die Notarztversorgung von Lüneburg aus gesehen deutlich abnahm, je weiter der Einsatzort außerhalb der Stadt lag. Es gab laut Gutachten Eintreffzeiten von mehr als 15 bis über 30 Minuten. Diese nicht tragbaren Zeiten galten vor allem für den östlichen Teil des Landkreises.

Gleichzeitig wurde aber auch festgestellt, dass der Einsatzschwerpunkt in der Stadt Lüneburg und den unmittelbar angrenzenden Randgemeinden lag. Daher sahen die Gutachter einen deutlicher Optimierungsbedarf und ein Mehrbedarf in der Notarztversorgung, mit der Folge, dass ein zweiter Notarztwagen täglich um sieben Uhr am Klinikum stationiert wurde, der jedoch nachmittags abgezogen wird, und dann von 16 Uhr bis 23 Uhr von Ellringen bei Dahlenburg zu Einsätzen aus startet. Ein weiterer Wagen steht rund um die Uhr am Klinikum in Lüneburg einsatzbereit.

"Uns ist zwar gelungen, mit dem Standort Ellringen den Ostkreis besser zu versorgen. Doch der Einsatzschwerpunkt liegt am späten Nachmittag und frühen Abend bis ungefähr 20 Uhr nicht im Ostkreis, sondern weiterhin im Stadtgebiet beziehungsweise in den stadtnahen Orten", sagt Frenkel. Daher rufe die Einsatzleitzentrale den in Ellringen stationierten Wagen samt Notarzt sehr oft ins Stadtgebiet zurück. Doch die Fahrt dauere Frenkel zufolge zu lange. Der Landkreis ermittelte Fahrzeiten von 20 Minuten und mehr.

+++4750 Einsätze im Jahr+++

+++Neuer Standort ist gut gewählt+++

"Deshalb ist eine Umstrukturierung sinnvoll. Der Wagen steht in Neetze besser, weil er von dort aus schneller in Lüneburg ist, aber gleichzeitig auch weiterhin einen Großteil des Ostkreises abdecken kann", so der Leitende Notarzt. Der Landkreis führt in einer Verwaltungsvorlage dazu aus, dass für die Standortwahl Ellringen keine detaillierte Erreichbarkeitsuntersuchung ausschlaggebend war, sondern die Tatsache, dass dort bereits eine Rettungswache eingerichtet ist. Eine differenzierte Analyse der Zahlen und Daten zeige nunmehr, dass der Anteil der Bevölkerung des Landkreises ohne das Amt Neuhaus, der im Ausrückbereich des Standortes Ellringen liegt, nur etwa 13 Prozent ausmacht. "Hinsichtlich der Flächenabdeckung werden nur rund 37 Prozent des Kreisgebietes ohne Neuhaus vom Standort Ellringen aus versorgt. Daraus folgt dann auch, dass das Einsatzaufkommen im Ausrückbereich Ellringen im Zeitraum 16 bis 23 Uhr gerade einmal 15 Prozent des Gesamteinsatzaufkommens beträgt."

Das fast sechsmal höhere Einsatzaufkommen im Zuständigkeitsbereich des Notarztstandortes Lüneburg und das fast doppelt so große Einsatzgebiet führen dazu, dass es deutlich öfter zu zeitgleichen Notarzteinsätzen kommt. "Diese Zahlen belegen, dass das zweite Notarzteinsatzfahrzeug in Ellringen ungünstig stationiert ist."

Für die Samtgemeinde Dahlenburg würde sich dem Kreis zufolge die Situation bei einer Verlegung des Notarztstandortes von Ellringen nach Neetze geringfügig verschlechtern, weil sich die Grenze der 15-minütigen Erreichbarkeit in Richtung Westen bis kurz hinter Dahlenburg verschieben und damit Nahrendorf ausklammern würde. Allerdings sei die dem gegenüberstehende Verbesserung für die übrige Bevölkerung im Landkreis, gemessen an der Zahl der dadurch zu erreichenden Menschen und der Einsatzhäufigkeit, um ein Vielfaches höher. Weil von Neetze aus die komplette östliche Hälfte der Stadt Lüneburg sowie die Orte Deutsch Evern, Wendisch Evern, Adendorf und Scharnebeck innerhalb von 15 Minuten erreichbar wären, falls der andere Notarztwagen nicht verfügbar ist. Der Landkreis hat auch ermittelt, dass ein 24-Stunden-Betrieb für zwei Notarztfahrzeuge aus Kostengründen nicht möglich ist. Eine Ausweitung für den zweiten Wagen auf den Zeitraum von 23 Uhr bis 7 Uhr habe sich bei Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen nicht durchsetzen lassen. Alleine die Mehrkosten des Städtischen Klinikums hätten sich auf 160 000 Euro belaufen, beim Arbeiter Samariter Bund (ASB) und Deutschen Roten Kreuz (DRK), die Wagen und Sanitäter stellen, wären zudem weitere Kosten in Höhe von rund 40 000 Euro entstanden. "Demgegenüber steht ein Einsatzaufkommen von durchschnittlich weniger als drei Notarzteinsätzen", so der Kreis.

Ohnehin sei die notärztliche Versorgung im Landkreis besser als andernorts, sagt Notarzt Frenkel. Nach Daten aus einer Studie der Universität Kiel belegt der Kreis Lüneburg einen Platz unter den Top 5 in Deutschland, was die Gesundung der Patienten betrifft, die vom Notarzt in einer lebensgefährlichen Situation behandelt wurden, so Frenkel.

"Wir können zufrieden sein. Mit dem zweiten Fahrzeug zahlen die Krankenkassen für eine Leistung, die sie eigentlich nicht zahlen müssten", sagt Christian Frenkel. Doch harte und zähe Verhandlungen hätten sie überzeugt. "Das Geld für den Rettungsdienst ist gut angelegt. Denn die Bürger haben ein Anrecht darauf, an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr kompetente Hilfe zu erhalten."