Händler kritisieren vehement Pläne der Stadt für die Ansiedlung eines weiteren Elektronik-Discounters. Ein zweites Zentrum wird befürchtet.

Lüneburg. Das Fachmarktzentrum "Ilmenau Center" am Bardowicker Wasserweg soll um weitere Flächen erweitert werden: Allein 1800 Quadratmeter sieht der Entwurf des Bebauungsplans "Ehemalige Keulahütte" für einen neuen Anbieter von Elektronikartikel vor. Auch eine Möbelhauskette soll Interesse an einer Ansiedlung haben. Doch gegen die geplante Erweiterung laufen die Einzelhändler in der Stadt jetzt Sturm.

Am Mittwoch beschäftigte sich der Bauausschuss der Stadt mit dem Entwurf des Bebauungsplanes, der demnächst ausgelegt werden soll, um allen Beteiligten die Gelegenheit zu Stellungnahmen zu geben.

Grundlage für die geplante Neuansiedlung ist unter anderem das vom Stadtrat im Oktober 2011 beschlossene Einzelhandelsentwicklungskonzept. Danach können auf dem Stadtgebiet bis zum Jahr 2020 die Sortimente für Möbel, Teppiche und Heimtextilien auf bis zu 6700 Quadratmeter und für Elektroartikel um zusätzliche 1800 Quadratmeter erweitert werden - ohne Schaden für die ansässigen Unternehmen.

Doch insbesondere Branchenvertreter aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik bezweifeln diese Einschätzung. Thomas Schmid, Geschäftsführer der Firma MediMax mit einer Niederlassung Vor dem Bardowicker Tore, war in den Bauausschuss gekommen, um den Ausschussmitgliedern die Situation zu verdeutlichen.

+++ Ausbau Ilmenau-Center umstritten +++

"79 Millionen Euro Umsatz werden in unserer Branche jährlich im Einzugsbereich von Lüneburg verteilt. Das ist viel Geld, doch allein 29 Millionen Euro gehen davon an den Media-Markt an der Lüner Rennbahn. Das Umsatzvolumen in Lüneburg ist ausgereizt. Das liegt auch daran, dass der Anteil der Internethändler stark wächst. Auch andere Discounter verkaufen zunehmend Elektroartikel und machen uns ernsthaft Konkurrenz", sagte Schmid.

Bedroht seien durch den Zuzug neuer Discounter auch die Werkstätten kleiner Gewerbetreibender. Die Branche wehre sich nicht gegen einen fairen Wettbewerb. "Aber von jetzt an wird es einen Verdrängungswettbewerb geben, und der geht zulasten der Kleinen", sagte Schmid - hierin seien sich nahezu alle Branchenvertreter auf dem Stadtgebiet einig.

+++ Kommerz allein bringt es nicht +++

Gutachter Hans-Joachim Torke, der das Einzelhandelsgutachten für die Stadt erstellt hat, hielt dagegen. Ein neuer Markt mit 1800 Quadratmetern Unterhaltungselektronik werde intakte Strukturen in der Lüneburger Innenstadt nicht gefährden, meinte Torke. Zusätzlicher Wettbewerb sei zu erwarten, aber es gebe Nachfragereserven im weiteren Einzugsgebiet rund um die Stadt. "Wir sehen durchaus, dass es eine Wettbewerbsverschärfung geben wird, aber ein ruinöser Wettbewerb ist nicht zu befürchten. Wenn Sie in Lüneburg ihre Position als Oberzentrum behalten wollen, müssen Sie großflächig anbieten." Auf der grünen Wiese baue heute keiner mehr. "Heute geht man wieder dichter an die Innenstadt heran. Das nützt ihr mehr, als dass es ihr schadet", sagte Torke.

Gefahren für die bisher gut strukturierte Innenstadt sah dagegen Ratsherr Michèl Pauly von den Linken. "Ich befürchte, dass hier auf der Fläche der ehemaligen Keulahütte parallel zur Innenstadt ein zweites Zentrum entsteht. Darin sehen wir eine Gefahr für zahlreiche kleinere Einzelhändler in der Innenstadt. Noch ist der Branchenmix in der Innenstadt intakt", sagte er.

+++ "Ilmenau-Center" - alles von vorne? +++

Ratsfrau Hiltrud Lotze (SPD) erinnerte daran, dass es für die ehemalige Industriebrache, die heute Ilmenau Center ist, keine Alternative bei der baulichen Entwicklung gegeben habe.

"Nach der Stilllegung des Industriebetriebs kam nichts anderes als Einzelhandel infrage. Eine Wohnnutzung geht an dem Standort nicht", sagte sie. Sie sprach sich für eine behutsame Weiterentwicklung der Fläche aus.

Ob es Verkehrsprobleme nach der Erweiterung des Ilmenau Centers geben werde, wollten die Ausschussmitglieder vom Experten Thomas Müller wissen, der für das Ingenieurbüro Schubert bereits im Jahr 2004 und 2006 die Lage auf den Straßen rund um das Ilmenau Center begutachtet hatte. Mit maximal bis zu 800 zusätzlichen Fahrzeugen pro Tag sei nach der Erweiterung zu rechnen, meinte Müller. Zur Entlastung der Kreuzung Lise-Meitner-Straße/Auf der Hude schlug er vor, den Bau eines zusätzlichen Streifens für Rechtsabbieger an der Einmündung Auf der Hude zu prüfen. "Damit kann der Verkehr an der Stelle auch zu Spitzenzeiten abgewickelt werden", sagte Müller.

Zu prüfen sei, ob die Straße Auf der Hude in Zukunft für Linksabbieger gesperrt werden kann und ob die Ampelschaltung durch längere Grünzeiten angepasst werden könne. Nach längerer Diskussion beschloss der Ausschuss mehrheitlich, den Entwurf des Bebauungsplanes mit der Festsetzung eines neuen Elektrodiscounters auszulegen.