Wentorf. Renate und Günther Binder aus Wentorf sind für den 22. Bürgerpreis Bergedorf nominiert. Was sie antreibt, anderen zu helfen.

Herzlich, menschlich und sehr hilfsbereit: Über das Ehepaar Renate und Günther Binder hört man nur Gutes in Wentorf. Seit 2014 engagieren sich die 72-Jährige und der 83-Jährige mit viel Herzblut für Flüchtlinge, „weit über das normale Maß hinaus“, sagt Weggefährtin Katharina Bartsch. Grund genug, um das Ehepaar als Kandidaten für den 22. Bergedorfer Bürgerpreis zu nominieren. Der wird im September gemeinsam von der Volksbank Bergedorf und unserer Zeitung vergeben.

„Eine gute Wahl“, sagt Katharina Bartsch. Ehepaar Binder und sie waren dabei, als sich 2015 der „Runde Tisch Asyl“ in Wentorf mit dem ersten Flüchtlingsstrom gründete und den aus Syrien, dem Kosovo und Nordafrika geflüchteten Menschen geholfen werden musste. 140 Menschen haben sich damals engagiert, erinnert sich Renate Binder.

Der Bürgerpreis Bergedorf wird im September vergeben

Während sich die meisten zurückzogen, als sich die Situation wieder entspannte, blieben sie und ihr Mann dabei und sind „heute das Herz des ,Runden Tisch Asyl’. Ihre Tür steht immer offen“, sagt Claus Gossler, einer von derzeit sieben Mitstreitern beim runden Tisch.

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© Yang MingQi | Daniel Reichstaller

„Meistens stehen die Geflüchteten auch direkt vor unserer Tür“, sagt Renate Binder lachend. Berührungsängste kenne sie nicht. Im Gegenteil: „Wer Hilfe braucht, dem wird geholfen. Das habe ich als Kind so gelernt“, sagt die gebürtige Hamburgerin. Und das Paar hilft viel: beim Ausfüllen von Formularen, bei der Jobsuche oder beim Einrichten von Wohnungen. Ob Tisch, Schrank oder Bett – im eigens angemieteten und gut gefüllten Möbellager findet sich fast alles. Das meiste sind Spenden aus Haushaltsauflösungen oder Nachlässen. In Wentorf sind sie bekannt als „die mit den Flüchtlingen“. „Die meisten wissen, was wir tun und stellen schon mal Sachen vor unsere Tür“, sagt Claus Binder. Das hält ihn nicht davon ab, auch bis ans andere Ende der Hansestadt mit Helfern zu fahren, um gut erhaltene Möbel abzuholen. Selbst anfassen kann der nierenkranke Senior aber nicht.

Geflüchtete bekommen Unterstützung und Zuspruch

Und er begleitet die Flüchtlinge oft in die Ausländerbehörde in Bad Oldesloe. Hier ist er bestens bekannt und beliebt. So beliebt, dass er als besonders engagierter Ehrenamtlicher beim Großen Zapfenstreich von Joachim Gauck als Auszeichnung dabei sein durfte.

Das sind die bisherigen Kandidaten:

Die schwierigste Aufgabe sei derzeit, bezahlbare Wohnungen für die Geflüchteten zu finden. „Das ist angesichts der angespannten Wohnungsmarktlage alles andere als leicht. Die Flüchtlinge stehen in Konkurrenz zu vielen anderen und meist ganz unten“, sagt Günther Binder. Einige verbringen deshalb Jahre in den nicht sonderlich komfortablen Unterkünften.

Mit viel Überzeugungsarbeit bei den Vermietern ist es ihm gelungen, an die 20 Wohnungen anzumieten. Wohl auch, weil die Binders oft als Bürgen eingesprungen sind. „Schlechte Erfahrungen haben wir damit keine gemacht. Die meisten sind ehrliche und rechtsschaffende Menschen. Da spielt die Nationalität keine Rolle“, sagt Günther Binder. „Sie brauchen nur ein wenig Starthilfe“, davon ist der ehemalige Geschäftsführers eines Mineralunternehmens überzeugt.

Ehepaar Binder ist dankbar – und möchte etwas zurückgeben

„Und Zuspruch“ fügt seine Frau, gelernte Steuerfachangestellte, hinzu. Darin sei seine Frau mit ihrer offenen und freundlichen Art eine Meisterin. „Renate nimmt die Menschen einfach in den Arm“, sagt Günther Binder stolz. Zusammen mit zwei anderen Frauen organisiert die zierliche Frau das Café International, bei dem zweimal im Monat Geflüchtete in der Begegnungsstätte Alte Schule bei Kaffee und selbst gebackenen Kuchen zusammenkommen. „Wir reden – oft mit Händen und Füßen –, lachen, spielen und lernen voneinander“, erzählt sie.

Mehrere Hundert Flüchtlinge haben sie in den vergangenen Jahren auf ihrem Weg bei der Integration in die deutsche Gesellschaft begleitet. Freundschaften sind entstanden. „Deutsch lernen ist das A und O, sage ich immer“, sagt Renate Binder, die sich nicht davor scheut „Tacheles zu reden“. „Wenn einer die Arbeit schwänzt, erkläre ich ihm, warum das keine gute Idee ist.“

Dass andere Länder andere Sitten haben, das wissen Renate und Günther Binder aus eigener Erfahrung. 18 Jahre lang haben sie mit ihren beiden Kindern im Ausland gelebt: in Tschechien, England, Schweden und den USA. „Wir haben viel gesehen, viele tolle Menschen kennengelernt“, sagt Renate Binder. „Wir sind einfach nur dankbar und wollen davon ein Stück zurückgeben.“