Schwarzenbek. Drei Frauen stehen an der Spitze der Schwarzenbeker Schützengilde: Was sie an ihrem Sport so lieben.

Sie ist erst seit einem Jahr in der Schützengilde und schon Königin: Liv Habermas (22) ist neue Jungschützenkönigin. Nur ein Jahr älter ist Katharina Witt, die neue Schützenkönigin. Gemeinsam mit Kirsten Dreyer, Siegerin im Schießen der Damenabteilung, repräsentieren sie im kommenden Jahr die Schützengilde.

Sven Dreyer, erster Vorsitzender des 1894 gegründeten Vereins, machte die Proklamation spannend: „Wir haben den jüngsten König aller Zeiten“, verkündete er um sich gleich darauf zu korrigieren: „Ich habe euch angelogen – es ist eine Königin.“ Bei der 23-Jährigen Katharina Witt – „Man schreibt mich mit h, nicht so wie die Eiskunstläuferin“ – liefen daraufhin Freudentränen übers strahlende Gesicht. Die Operationstechnische Assistentin, die 2017 und 2019 Jungschützenkönigin war, hatte diesen Titel gewollt: Vor genau zehn Jahren war sie ihrem Vater gefolgt und in die Gilde eingetreten.

Schützenoberst Sven Dreyer (r.) überreicht die Ehrenschreibe an die neue Schützenkönigin Katharina Witt. Bürgermeister Norbert Lütjens und Schützen-Vize Anja Eschke schauen zu.
Schützenoberst Sven Dreyer (r.) überreicht die Ehrenschreibe an die neue Schützenkönigin Katharina Witt. Bürgermeister Norbert Lütjens und Schützen-Vize Anja Eschke schauen zu. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Nach einem Jahr schon Königin der Jungschützen

Einziges Manko: Nur zwei Schützen waren zum Königsschuss angetreten. Neben Witt zielte auch der Vereinsvorsitzende auf die Scheibe, schoss jedoch daneben. Das wird möglicherweise in zwei Jahren anders sein, denn dann steht wieder ein Jubiläum an: Im Jahr 2000 war Dreyer erstmals König der Gilde. Einen kleinen Vorgeschmack gibt es schon in diesem Jahr, denn Ehefrau Kirsten, Vize-Chefin der Damengruppe, gewann die Damenehrenscheibe. Dritte Frau an der Spitze des Traditionsvereins ist Liv Habermas: Die 22-Jährige, die als Zollsachbearbeiterin bei einem Dienstleister in Hamburg arbeitet, ist erst seit einem Jahr Mitglied der Schützengilde.

Die Riege der Könige komplettieren Mini-Majestät Peter Ruppolt und Bürgerkönig Markus Arlt. „Ich bin durch meinen Sohn zum Schießen gekommen“, gestand der Bürgerkönig. Sohn Alexander erreichte beim Wettbewerb der unter 14-Jährigen den zweiten Platz und ist damit „1. Ritter“. Der Pokal der ehemaligen Könige ging an Manfred Langer. Witt ist nicht die erste Königin der Gilde, das war Gildeadjutantin Karin Prellwitz (2011). Gilde-Vize Anja Eschke folgte 2019 und blieb es drei Jahre: Wegen der Corona-Pandemie wurden bis 2022 alle Schützenfest abgesagt.

Kinder trugen die Namensschilder der Schützenverein: Paula Kopp, Annika Scholz (o.v.l.) sowie Frieda Kukat und Jonathan Stegmann-Pineda (u.) trugen das „Schwarzenbek
Kinder trugen die Namensschilder der Schützenverein: Paula Kopp, Annika Scholz (o.v.l.) sowie Frieda Kukat und Jonathan Stegmann-Pineda (u.) trugen das „Schwarzenbek"-Schild. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Freunde treffen steht im Mittelpunkt

Auf die Frage, was den Schützenverein denn so attraktiv mache, antworteten sowohl Witt als auch Habermas mit der „guten Gemeinschaft“ im Verein. „Ich bin im vergangenen Jahr durch eine Freundin zur Gilde gekommen“, sagt Habermas. Mit ihr trat gleich ein ganzer Freundeskreis dem Verein bei. Das Schießtraining mache zwar auch Spaß, doch daneben bleibe genügend Zeit, um sich zu unterhalten oder gemeinsam Karten zu spielen, so Habermas: „Es hat gleich beim erstem Mal schon so viel Spaß gemacht, dass ich geblieben bin. Wir haben schon mal einen Abend in der Woche, in der wir uns fest treffen.“

Ähnliches gilt für den Kinderbereich: Auch dort hat die Gilde neue Mitglieder vor allem über ihre Angebote im Ferienprogramm gewonnen. Bürgerkönig Markus Arlt bestätigt dies: Auch sein Sohn sei über das Ferienprogramm zur Gilde gekommen. „Ich habe mit dem Schießsport zuvor keine Berührungspunkte gehabt“, sagt der Familienvater, der vor acht Jahren mit Ehefrau und Sohn aus Hamburg nach Schwarzenbek gezogen war.

Bürgerkönig Markus Arlt und Sohn Alexander (1. Ritter), Kirsten Dreyer (Damenehrenscheibe), Schützenkönigin Katharina Witt und Jungschützenkönigin Liv Habermas, Mini-Majestät Peter Ruppolt, Manfred Langer (Pokal der ehemaligen Könige) und Leon Zander (1. Ritter, v. l.) repräsentieren die Schwarzenbeker Gilde für ein Jahr. 
Bürgerkönig Markus Arlt und Sohn Alexander (1. Ritter), Kirsten Dreyer (Damenehrenscheibe), Schützenkönigin Katharina Witt und Jungschützenkönigin Liv Habermas, Mini-Majestät Peter Ruppolt, Manfred Langer (Pokal der ehemaligen Könige) und Leon Zander (1. Ritter, v. l.) repräsentieren die Schwarzenbeker Gilde für ein Jahr.  © Marcus Jürgensen | MarcusJürgensen

Eine Institution, die für Gemeinschaft, Kultur und Tradition steht

Eine Entwicklung, die auch Bürgermeister Norbert Lütjens mit Freude sieht: „Ich habe beim Umzug viele junge Gesichter gesehen.“ Auch wenn man es von ihm nicht unbedingt erwarte, Lütjens war in seiner Jugend als Roadie im Rockmusik-Bereich aktiv, gefalle ihm der folkloristische Ansatz: „Am Ende ist die Schützengilde ein Institution, die für Gemeinschaft, Kultur und Tradition steht.“ Zudem sei er froh, dass die Gilde die Corona-Zeit anders als andere Vereine der Europastadt, die ihre Tätigkeit einstellten, gut überstanden habe. Derzeit zählt die Gilde etwa 90 Mitglieder. Mit den knapp 200 Gästen bei Umzug und Fest an der Schützenallee sei allerdings noch Luft nach oben. Lütjens, der in Rullstorf bei Scharnebeck lebt, kennt die niedersächsischen Schützenfeste ganz anders: „In Scharnebeck ist jetzt auch Schützenfest. Da sind jetzt 1500 Leute auf dem Festplatz.“

Wenn eine Königin den Kaffee reicht:  Jungschützenkönigin Liv Habermas half beim Schützenfest am Kuchenbüfett mit.
Wenn eine Königin den Kaffee reicht:  Jungschützenkönigin Liv Habermas half beim Schützenfest am Kuchenbüfett mit. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Königinnen freuen sich auf die Schützenfeste

Begonnen hatte das Fest am Pfingstsonnabend mit dem Königsfrühstück, zu dem die scheidende Majestät Siegfried Koslowski eingeladen hatte. Danach waren die Schützen und ihre Gäste aus Aumühle, Geesthacht, Gudow, Lütau, Müssen, Sahms, Trittau und Witzeeze auf dem alten Markt angetreten. Mit Musikbegleitung durch die Feuerwehrkapelle Tramm ging es zum Vereinsheim an der Schützenallee. Es sei ein gutes und fröhliches Jahr gewesen, zog der Schießmeister der Gilde Bilanz. Darauf hofft auch das Damen-Trio für die Zukunft: Witt, Dreyer und Habermas freuen sich nicht etwa am meisten auf den Landeskönigsball in Travemünde oder der Wettbewerb um den Kreiskönig, sondern auf die Schützenfeste, die sie besuchen werden: „Die Menschen, die ich dort treffen werde, die Gespräche und das gemeinsame Feiern, darauf freue ich mich am meisten.“ Und Habermas verspricht: „Unter den Jungschützen werde ich bestimmt die eine oder andere Runde ausgeben.“ Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich beim Geesthachter Schützenfest am 4. Juni.