Ratzeburg. Lust auf eine kleine Zeitreise - mit einem Geist? Die Nordkirche lädt im Ratzeburger Dom zum Aktionstag für Kinder ab zehn Jahren ein.

Es gibt das Gespenst von Canterville, das kleine Gespenst von Ottfried Preußler und Hui-Buh, das Schlossgespenst. Jetzt kommt auch noch Dr. Konrad Feuerlein hinzu, der im Ratzeburger Dom als Geist umhergeht. Feuerlein ist eine Erfindung der Börnsener Schriftstellerin Dr. Martina Georgi. Gemeinsam mit Anja Nitz, Leiterin des Bereichs Kirche & Kultur in der Nordkirche, sollen Familien mittels spannender Erzählungen in die Sakralbauten des Nordens gelockt werden.

Dr. Konrad Feuerleins Karriere als Gespenst beginnt mit einem tragischen Unglück: Im Jahr 1893 war der Wissenschaftler und Philosoph zur falschen Zeit am falschen Ort. „Er befand sich gerade im Glockenturm des Ratzeburger Doms, als ein Blitz einschlug und ein gewaltiges Feuer entfachte, bei dem Dr. Konrad Feuerlein ums Leben kam und seither als Geist nach Erlösung sucht“, berichtet Georgi. Klingt nach der Einleitung eines Kinderbuchs? Richtig, genau das ist das Ziel der Autorin. Sie plant eine Buchreihe und ist zurzeit in Verhandlungen mit geeigneten Verlagen.

Erzähl-Performance und Weihnachtsbasar im Ratzeburger Dom

Für das Projekt, das Anja Nitz als Leiterin des Bereichs „Kirche & Kultur“ des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg zusammen mit Dr. Claudia Süssenbach von der Nordkirche plant, lässt die Autorin ihren Geist schon einmal frei. Am Sonnabend, 3. Dezember, „spukt“ Dr. Konrad Feuerlein durch den Ratzeburger Dom, verbindet Fiktion mit historisch korrekten Ereignissen des Gotteshauses – und ist ein erster Baustein des geförderten Projekts „Unsere Kirche erzählt“.

Autorin und Erzählerin Dr. Martina Georgi (links) und Anja Nitz vom Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg laden für Sonnabend, 3. Dezember, zu Geschichte und Geschichten in den Ratzeburger Dom ein.
Autorin und Erzählerin Dr. Martina Georgi (links) und Anja Nitz vom Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg laden für Sonnabend, 3. Dezember, zu Geschichte und Geschichten in den Ratzeburger Dom ein. © Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg-bm | Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg-bm

Finanziert wird das Projekt mit 11.500 Euro aus dem Soforthilfeprogramm „Kirchturmdenken 2.0 – Sakralbauten in ländlichen Räumen: Ankerpunkte lokaler Entwicklung und Knotenpunkte überregionaler Vernetzung“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie „Wider Sense TraFo“. Weitere Unterstützung kommt vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) sowie von der Nordkirche.

Die Grundidee des Gesamtprojekts ist leicht umschrieben: Die ländlichen Regionen Schleswig-Holsteins sind geprägt durch zahlreiche Kirchenbauten, deren Anfänge zum Teil bis in das 12. Jahrhundert zurückgehen. Die Kirchen und Klosteranlagen bieten ein reiches Erbe, das von hohem kirchen- und kunsthistorischem Interesse ist.

Heinrich der Löwe stiftete den Ratzeburger Dom

Einer der ältesten Kirchenbauten im Norden ist der Ratzeburger Dom. Das ab 1160 unter Bischof Evermod erbaute Gotteshaus befindet sich auf dem höchsten Punkt der Nordspitze der Altstadtinsel von Ratzeburg. Gestiftet wurde der Dom von Heinrich dem Löwen als Bischofskirche des Bistums Ratzeburg. Der Ratzeburger Dom ist der älteste der vier sogenannten Löwendome, zu denen auch die in Schwerin, Lübeck und Braunschweig gehören.

Am 11. August 1154 war die Grundsteinlegung; nach 1160 begannen die Bauarbeiten am Chor. Mit der Südvorhalle wurde der Kirchenbau um 1220 vollendet. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurden der Kreuzgang und das Kapitelhaus der Prämonstratenser-Chorherren angebaut, 1380 die sogenannte „Lauenburger Kapelle“. 2012 wurde im Dom aus den bisher drei norddeutschen Landeskirchen die Nordkirche gegründet.

Alle lieben es, wenn ihnen Geschichten erzählt werden

„An einigen besonders prominenten Orten finden regelmäßig Führungen statt, die jedoch vor allem Menschen mit entsprechendem Vorwissen und Interesse erreichen“, sagt Anja Nitz. Dies soll mit dem Projekt „Unsere Kirche erzählt“ anders werden: „Zielgruppe sind Menschen, die Kirchen mit ihrer Geschichte und Geschichten neu erleben“, erläutert die 55-Jährige.

Gezielt setze man dabei auf die Kunstform des Erzählers. „Alle Altersklassen lieben es, wenn ihnen Geschichten erzählt werden.“ Insgesamt fünf Männer und Frauen, allesamt professionelle Erzählkünstler, beteiligen sich an dem gemeinsamen Projekt der Kirchenkreise Lübeck-Lauenburg und Ostholstein.

Weihnachtsbasar im Kreuzgang und die erste Geister-Geschichte

Eine der Erzählerinnen ist Dr. Martina Georgi: „Ich habe mich intensiv mit der Geschichte des Ratzeburger Doms beschäftigt und eine Geschichte erdacht, die jetzt mit einer Erzähl-Performance Premiere feiern wird.“ Los geht es am 3. Dezember um 14 Uhr. „Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren sind ebenso willkommen wie Erwachsene“, sagt Anja Nitz.

Der an diesem Tag stattfindende Weihnachtsbasar des Rotary Clubs Ratzeburg im Kreuzgang des Doms ist ein weiterer Grund, sich nach Ratzeburg auf den Weg zu machen. Der Eintritt ist frei. Im Sommer 2023 wird es dann weitere Veranstaltungen von „Unsere Kirche erzählt“ geben.