Lauenburg/Schwarzenbek. Schleswig-Holstein hat die Frist für Dichtigkeitsprüfungen ausgesetzt. Allerdings wissen viele Grundeigentümer nichts davon.

Spätestens bis Ende 2025 sollten in Schleswig-Holstein alle Grundstückseigentümer die Dichtigkeit ihrer Schmutzwassersiele nachweisen, sie notfalls umgehend reparieren lassen. Doch das Land hat diese Forderung vergangenes Jahr per Erlass ausgesetzt. Viele Hausbesitzer haben von dieser Änderung noch nichts erfahren, doch auch in Rathäusern, in kommunalen Entsorgungsbetrieben und Kreisverwaltungen stößt der Zeitaufschub auf Zustimmung.

Probleme mit Zeitplan: Kiel zieht Notbremse

Zu anhaltenden Protesten gegen diese seit gut zehn Jahren bestehende Forderung sowie Zweifeln an der Notwendigkeit sind weitere Argumente gekommen. Sie haben offenbar das Kieler Umweltministerium veranlasst, die Notbremse zu ziehen. Auch die für die Abwasserentsorgung zuständigen Kommunen sowie die damit häufig beauftragten Stadtwerke oder Eigenbetriebe sind gefordert, ihre Sielnetze instand zu halten.

Dass die Kapazitäten ausreichen, das angestrebte Ergebnis bis Ende 2025 zu erreichen, scheint tatsächlich höchst zweifelhaft. Doch das ist es nicht allein. Dass aufgeschoben nicht aufgehoben bedeutet, darauf verweist das Kieler Umweltministerium. Zu den Beweggründen der Aussetzung hüllt es sich jedoch in Schweigen.

Haus & Grund fordert Verzicht auf Dichtigkeitsprüfungen

Haus & Grund Schleswig-Holstein hat rasch nachgesetzt. Die Interessenvertretung der Grundeigentümer fordert den grundsätzlichen Verzicht auf die Dichtigkeitsprüfungen, weil diese nicht notwendig seien: Eigentümer würden doch von sich aus auf intakte Grundstücksanschlüsse achten, so der Vereinsvorsitzende Alexander Blazek gegenüber der Presse.

Wurzelwerk ist in ein unterirdisches Kanalrohr hineingewachsen.
Wurzelwerk ist in ein unterirdisches Kanalrohr hineingewachsen. © BGZ | RSV

Im Untergrund schlummert viel Ärger

Dass dies keineswegs flächendeckend der Fall ist, zeigen Untersuchungen, die meist per Kamera erfolgen. Der Ärger schlummert meist im Untergrund. Bilder von stellenweise schadhaften Schmutzwasserleitungen zeigen die kleineren Probleme. Teils sind viele Jahrzehnte alte Rohre eingestürzt, andernorts sind Baumwurzeln so massiv in die Rohre eingewachsen, dass sie schon eine Sperre bilden.

Folgen: Das Abwasser versickert unkontrolliert auf privatem Boden in Richtung Grundwasser, statt in einer Kläranlage gereinigt zu werden.

Kommunen arbeiten gegen den Sanierungsstau

Doch auch Gemeinden und Städte haben viele sanierungs- oder dringend reparaturbedürftige Schmutzwasserkanäle. Je älter diese sind, desto größer meist die Probleme. Und desto höher der finanzielle Aufwand, sie in einen annehmbaren Zustand zu halten. In Schwarzenbek wird zunächst in einem weiteren Teilabschnitt der Danziger Straße das Schmutzwassersiel erneuert, dann sollen weitere folgen.

„Wir sind in Lauenburg permanent dabei, das Sielnetz zu sanieren“, bestätigt Daniela Mischke, Technische Leiterin der Stadtbetriebe Lauenburg. Derzeit werde das Kanalnetz im Nordwesten Lauenburgs untersucht, dann die notwendigen Maßnahmen getroffen.

Kunden reagieren allergisch auf Gebührenerhöhungen

Noch mehr als für Privateigentümer spielt für die Kommunen oder ihre eigens gegründeten Eigenbetriebe, Stadtbetriebe oder Anstalten öffentlichen Rechts die Finanzierung eine Rolle. Sollen Gebühren deutlich erhöht werden, um zur Sanierung maroder Kanalnetze beizutragen, reagieren Kunden, die ja meist zugleich auch Wähler sind, häufig verärgert.

Hinzu kommt: Es sind nicht die Unteren Wasserbehörden der Kreise, die Dichtigkeitstest durch die Grundeigentümer durchsetzen sollen. Es sind genau der Eigenbetrieb Abwasser der Stadt Schwarzenbek und die Versorgungsbetriebe Elbe GmbH in Lauenburg die als „Träger der Abwasserbeseitigung“ damit betraut sind.

Entsorger sollen Dichtigkeitsprüfungen durchsetzen

„Wir werden vom untersuchenden Unternehmen benachrichtigt, wenn Schäden festgestellt werden“, bestätigt Eric Jeske, Experte des Schwarzenbeker Eigenbetriebs. Ähnlich geregelt ist es für das stadteigene Schmutzwassernetz. Stellt die beauftragte Firma Probleme fest, geht die Mitteilung an ein Ingenieurbüro, das dann Reparatur- oder Sanierungsbedarf ermittelt.

Anders als das Umweltministerium scheut sich der Kreis Herzogtum Lauenburg nicht, einen Grund für die Aussetzung der Frist nach so vielen Jahren zu nennen. Die Überprüfung der öffentlichen Schmutz- und Mischwasserkanalisation, für die Städte und Gemeinden zuständig sind, „geht nur sehr schleppend voran“.

Dieser Test wird zunächst zum Ausnahmefall

Daher „ist die Umsetzung der für private Abwasserentsorgungsanlagen geltenden Dichtigkeitsprüfungen (…) weitgehend ausgesetzt“, so der Kreis. Ausnahmen: Umbauten und Bauabnahmen, Verdachtsfälle und Schmutzwasserkanäle in Wasserschutzgebieten.