Lauenburg/Schwarzenbek. Geringes Interesse an Ausschreibungen verzögert Projekte – und treibt Preise weiter in die Höhe. Was jetzt den Städten helfen soll.

Ob Großprojekte oder Umbauten, neue Kindergärten, Sanierung von Bauhöfen oder Schulen, ob Fernwärmeleitungen, Brückenbau oder ein neuer Spielplatz: Kaum ein öffentliches Bauvorhaben hat sich die vergangenen Jahre auch nur annähernd im Preisrahmen entwickelt. Immer häufiger sehen sich Gemeinden und Städte gezwungen, bereits beschlossene, ja selbst schon ausgeschriebene Projekte erneut auf den Prüfstand zu stellen. Und im Zweifelsfall die Notbremse zu ziehen, weil das eine oder andere Vorhaben inzwischen unfinanzierbar erscheint.

Die Gründe liegen nicht allein im Bauboom und damit einhergehenden Preissprüngen bislang unbekannter Größenordnung. Zu fehlenden Kapazitäten infolge Facharbeitermangels sind explodierende Materialkosten gekommen, dazu weitere Preissteigerungen infolge teils langwieriger Verzögerungen.

Lauenburg stoppt Neubau einer Sporthalle

Die Kommunalpolitiker der Stadt Lauenburg haben Konsequenzen gezogen: Der Neubau einer Sporthalle am Hasenberg wurde auf der Zielgeraden gestoppt. Nicht nur die Planungen waren sehr weit fortgeschritten, einige Bauleistungen waren bereits ausgeschrieben. Doch die Kosten hatten sich gegenüber dem ursprünglichen Ansatz fast verdoppelt, auf rund zwölf Millionen Euro.

„Das Verfahren ruht derzeit, wir beobachten den Markt“, erläutert Lauenburgs Bauamtsleiter Christian Asboe. Eine Hoffnung ist, dass die Preise vieler Baustoffe ihren Höhenflug stoppen: „Doch was etwa für Konstruktionsholz gilt, gilt nicht zugleich für Stahl oder Dämmstoffe. Dass Preise auf breiter Front wieder auf ihr früheres Niveau sinken, das zu glauben, ist unrealistisch.“

Medienzentrum wird etwa zwei Millionen Euro teurer

Hier geht es geht voran: Bauamtsleiter Christian Asboe und Stadtarchitektin Martina Wulf-Junge vor wenigen Tagen auf der Baustelle des künftigen Medienzentrums.
Hier geht es geht voran: Bauamtsleiter Christian Asboe und Stadtarchitektin Martina Wulf-Junge vor wenigen Tagen auf der Baustelle des künftigen Medienzentrums. © Elke Richel | Elke Richel

Glücklich schätzen dürfen sich Verantwortliche, die derzeit nicht um die Realisierung bereits gestarteter Vorhaben bangen müssen. „Die Weingartenschule und das Katastrophenschutzzentrum sind noch in der Planung“, so Asboe. Der Umbau des früheren Gasthauses Stappenbeck zum Medienzentrum laufe, die Preise steigen voraussichtlich von ursprünglich geplanten sieben auf neun Millionen Euro. Asboe: „Viel hängt an unserer Flexibilität. Wenn ein Gewerk nicht im Zeitrahmen liefert, wird geschaut, können wir andere Arbeiten vorziehen?“

Genau diese Frage stellt sich derzeit in Büchen. Ausbau und Modernisierung des Klärwerks stocken, weil der Fliesenleger seine Arbeiten in der Vorreinigungshalle immer weiter aufschiebt. Jetzt will die Verwaltung versuchen, andere Arbeiten vorzuziehen, Elektro-Installationen und den Einbau von Maschinen.

Klärwerkssanierung sprengt voraussichtlich Zeitrahmen

Erweiterung und Modernisierung im laufenden Klärwerksbetrieb stellen hohe Anforderungen. Dazu kommen noch spezielle Vorschriften, die das verwendbare Baumaterial begrenzen: „Wegen der Faulgase spielt Explosionssicherheit eine große Rolle“, erläutert Büchens Bauamtsleiter Michael Kraus.

Dass angesichts der aktuellen Verzögerungen alle weiteren Bauabschnitte wie geplant bis 2028 vollendet werden können, scheint angesichts der Schwierigkeiten und Verzögerungen unwahrscheinlich. Unrealistisch ist, dass der vor Jahren ermittelte Kostenrahmen von rund 13 Millionen Euro Bestand hat.

Michael Kraus (Büchen): „Die Baupreise sind schneller gestiegen, als das Statistikamt  arbeitet.“
Michael Kraus (Büchen): „Die Baupreise sind schneller gestiegen, als das Statistikamt arbeitet.“ © BGZ | privat

„Baupreise steigen schneller, als das Statistikamt arbeitet“

Die Planer greifen für die ersten Preisschätzungen auf offiziell erhobene Daten zurück. „Das Problem ist, dass die Baupreise schneller steigen, als das Statistikamt arbeitet“, frotzelt Michael Kraus.

Die fulminanten Preissteigerungen lassen sich für Planungszeiträume von zwei Jahren und länger nicht prognostizieren, bestätigt auch Ralf Hinzmann, Bauamtsleiter in Schwarzenbek. „Für die politischen Beratungen rechnen wir Teuerungszuschläge ein. Aber eine Entwicklung, wie wir sie gerade erlebt haben, kann niemand verlässlich vorhersagen.“

Schwarzenbek plant gleich mehrere Millionen-Projekte

Schwarzenbek hat derzeit gleich mehrere Millionen Euro schwere Projekte in Planung. Dazu zählen der Neubau beider Grundschulen der Stadt für geschätzt über 30 Millionen Euro, außerdem eine neue Feuerwache. „Für die Schule Breslauer Straße läuft das Bebauungsplanverfahren, ebenso für den Feuerwehr-Neubau“, erläutert Hinzmann. Angesichts der im Mai anstehenden Kommunalwahlen und der folgenden Sommerpause rechnet Schwarzenbeks Bauamtsleiter nicht damit, dass die Verfahren vor dem dritten Quartal abgeschlossen werden können.

Die alte Grundschule an der Breslauer Straße in Schwarzenbek soll durch einen Neubau ersetzt werden.
Die alte Grundschule an der Breslauer Straße in Schwarzenbek soll durch einen Neubau ersetzt werden. © Stefan Huhndorf

Dass mit der späteren Ausschreibung der Bauleistungen die größten Probleme erst beginnen, ist eine neue Erfahrung. „Es ist zuletzt immer wieder vorgekommen, dass wir Leistungen zwei- oder dreimal ausschreiben mussten, weil keine Angebote eingegangen sind“, betätigt Lauenburgs Bauamtsleiter Christian Asboe.

Auf viele Ausschreibungen bleiben Angebote aus

Die Entwicklung bereitet auch in der Kreisverwaltung Sorgen: Wenn Handwerker und Bauunternehmen nicht annähernd einschätzen können, wie sich etwa Baustoffpreise über einen längeren Zeitraum entwickeln, beteiligten sie sich nicht an Ausschreibungen. „Wenn wir die Gefahr von Preisschwankungen am Markt nicht abdecken, erhalten wir gar keine Angebote auf Ausschreibungen“, bestätigt Kreissprecher Tobias Frohnert mit Blick auf das Verwaltungszentrum Süd in Geesthacht.

Das Land hat inzwischen reagiert, bestätigt Asboe. Per Landesverordnung wird inzwischen empfohlen, was früher für öffentliche Ausschreibungen verpönt war: Preisgleitklauseln. Sie sollen kein Freifahrtschein sein, Firmen müssen belegen, inwieweit Kostensteigerungen für Baumaterial sie treffen.

Preisgleitklauseln sollen Angst vor Kostensprüngen nehmen

Preisgleitklauseln sollen einerseits sicherstellen, dass kein Bewerber fürchten muss, infolge plötzlicher explodierender Materialpreise tief in die roten Zahlen zu geraten. Andererseits soll dafür gesorgt werden, dass sich wieder Betriebe in ausreichender Zahl auf öffentliche Ausschreibungen bewerben.