Lauenburg. Kunst mit Kind? Das schließt sich häufig aus. Gerade für Stipendien wird meist eine Residenzpflicht verlangt. Nicht in Lauenburg.

Normalerweise ist die Sache klar geregelt: Wer in den Genuss eines Stipendiums kommt, zieht für eine gewisse Zeit in das Lauenburger Künstlerhaus in der Lauenburger Altstadt. Hier gibt es für die Kreativen beste Möglichkeiten zum Arbeiten, aber auch die Erwartung, sich an Ausstellungen, Lesungen und Werkstattgesprächen vor Ort zu beteiligen. Für den Aufenthalt von Kindern ist die Stipendiatenstätte allerdings nicht geeignet. Eltern sind also von vornherein ausgeschlossen, sich um ein Residenz-Stipendium zu bewerben.

Weil coronabedingt im vergangenen Jahr niemand in die Stipendiatenstätte des Landes einziehen durfte, schrieb das Künstlerhaus ein Stipendium ohne Aufenthaltspflicht aus – speziell für Künstler mit Kind. Die Hamburger Künstlerin Aleen Solari wurde von der Jury für diese Sonderförderung ausgewählt. Die vielfach preisgekrönte Künstlerin und Gastprofessorin ist Mutter von damals 13-jährigen Zwillingen.

Lauenburg hat 2021 erstmals ein Stipendium für Eltern ausgeschrieben

Die Hamburger Künstlerin und Mutter Aleen Solari hat 2021 ein viermonatiges Sonderstipendium des Lauenburger Künstlerhauses erhalten.
Die Hamburger Künstlerin und Mutter Aleen Solari hat 2021 ein viermonatiges Sonderstipendium des Lauenburger Künstlerhauses erhalten. © Privat | Elke Richel

Sie hatte zuvor schon mehrfach die Erfahrung gemacht, als Mutter bei der Vergabe von Kunststipendien keine Chance zu haben. Schon allein deshalb, weil die Mehrzahl aller Stipendien eine Residenzpflicht voraussetzt und damit für Eltern insbesondere kleinerer Kinder in der Regel nicht infrage kommt. Finanzielle Sorgen kamen bei Aleen Solari dazu. In der Corona-Zeit waren viele Nebenjobs weggefallen, mit denen sie sich und ihre Kinder sonst über Wasser hielt.

Die Initiative „Mehr Mütter für die Kunst“ wurde im November 2019 von der in Hamburg lebenden Künstlerin Marcia Breuer gegründet. Sie machte damit schon vor der Corona-Krise auf ein bekanntes Dilemma aufmerksam, das vor allem Frauen betrifft: Kunst mit der Familiengründung zu verbinden. Die Fotografin hatte selbst die Erfahrung gemacht: Kunst- und Kulturschaffende brauchen oft einen Nebenjob, um überleben zu können. Künstlerinnen mit Kind haben also keine Doppel-, sondern eine Dreifachbelastung.

Künstlerhaus machte gute Erfahrungen mit Eltern-Stipendium

Vier Monate lang konnte Aleen Solari mit dem Stipendium des Künstlerhauses von jeweils 1000 Euro ein wenig durchatmen.Spuren hinterließ sie in Lauenburg trotzdem. obwohl sie weiter in Hamburg lebte. Vom 10. April bis 29. Mai dieses Jahres war ihre vielbeachtete Ausstellung „Camp Island“ in der Stadtgalerie zu sehen.

Wegen der guten Erfahrungen bleibt dieses Sonderstipendium auch in diesem Jahr bestehen. Auf das Arbeitsstipendium ohne Aufenthaltspflicht können sich Kulturschaffende mit Kindern bewerben, die ihren festen Wohnsitz in Deutschland haben.

Bewerbungen für alle vier Stipendien bis 31. Oktober 2022

Die drei weiteren Stipendien stehen Künstlerinnen und Künstlern aus der ganzen Welt offen. Die Aufenthaltsdauer im Künstlerhaus beträgt jeweils vier Monate. Die Stipendien in Höhe von 1000 Euro (netto) sind jeweils ausgeschrieben für die Bereiche Bildende Kunst, Literatur und Komposition. Das Residenzstipendium beinhaltet die freie Wohnungs- und Ateliernutzung. Stromversorgung für Wohnung und Atelier, Internet sowie Telefonnutzung sind für die Stipendiaten ebenfalls kostenlos. Die Bewerbungsfrist für 2023 endet am 31. Oktober dieses Jahres.

Jury entscheidet über die Vergabe Anfang 2023

Ein Stipendium des Künstlerhauses zu erhalten, ist schon etwas Besonderes. In jedem Jahr wählt die Jury aus Bewerbungen aus, die aus aller Welt eingereicht werden. Rund 200 Bewerbungen waren es im vergangenen Jahr. Die Jury aus Kulturschaffenden des Landes tagt Anfang nächsten Jahres, um über die Vergabe der Stipendien zu entscheiden. Diese werden finanziert durch Mittel des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein.

Weitere Informationen zu den Anforderungen an die Bewerbungen gibt es auf www.kuenstlerhaus-lauenburg.de.