Lauenburg. Er ist mehrfach ausgezeichnet. Bekennt sich die Stadt jetzt symbolisch zum Kulturwert der grünen Oase?

Leben und Tod gehören zusammen – auf dem Lauenburger Friedhof wird das besonders deutlich. Mitten in der Stadt gelegen ist es ein stiller Ort der Trauer, aber auch ein Park, in dem man gut auftanken kann.

So hat Leiterin Elle Koriath den Friedhof immer verstanden. In der grünen Oase der Stadt gibt es im Sommer jede Menge Aktionen, die man im ersten Moment auf einem Friedhof nicht vermuten würde. Es gibt Lesungen, Pflanzbörsen und Ausstellungen. Seit Kurzem lädt hier der Seniorenbeirat der Stadt zum Boulespiel ein. Sogar das Fernsehen war schon da. Im April 2019 drehte hier ein Kamerateam eine Sendung „Wünsch Dir Deinen NDR“. Moderator und Plattsnacker Yared Dibaba zeigte sich gut gelaunt auf dem „Bunten Markt“, eine Traditionsveranstaltung auf dem Lauenburger Friedhof.

Friedhofskultur im Wandel – auch in Lauenburg ist das spürbar

Und dann ist da noch das Bienenprojekt: Lauenburger Hortkinder lernen dabei unter Anleitung eines Imkers, dass der Friedhof auch ein Naturparadies für Insekten ist. Es gibt blühende Wildblumenwiesen und zahlreiche Obstbäume in unmittelbarer Nachbarschaft. Selbst die Bepflanzung vieler Gräber ist mittlerweile bienenfreundlich. Da findet langsam ein Umdenken statt, hat die Friedhofsleiterin festgestellt. Der „Zwergenhonig“ der Hortkinder findet in jedem Jahr reißenden Absatz in Lauenburg.

Für Elle Koriath ist das alles kein Widerspruch zu gelebter Friedhofskultur. Im Gegenteil: Die 61-Jährige engagiert sich jetzt mit ihrem Team im Verein Immaterielles Erbe Friedhofskultur. „Ich bin stolz darauf, dass wir mit unserem kleinen Lauenburger Friedhof neben den großen Friedhöfen in Deutschland Beachtung finden“, sagt sie.

Überregionale Anerkennung für den Lauenburger Friedhof

Für den Lauenburger Friedhof ist das nicht die erste überregionale Anerkennung. Lauenburgs „grüne Lunge“ im Stadtzentrum wurde 2018 mit dem Taspo Award ausgezeichnet – und zwar in der Kategorie „Local Hero“. Der Preis wird auch als „Bambi der grünen Branche“ bezeichnet. Verliehen wird er von der Taspo, einer wöchentlich erscheinende Branchenzeitung für den Gartenbau aller Fachsparten, die es unter anderem Namen bereits seit 1867 gibt. Seit 2006 werden jährlich die Taspo Awards für herausragende Leistungen auf dem Gebiet des Gartenbaus vergeben. Die Taspo-Stiftung (früher Isolde -Voigt-Stiftung) fördert mit dem Preis neue Geschäftsideen, Umwelt- und Marketingkonzepte, Gartendesigns und eben die „Local Heroes“ – Projekte, die in der Region besonders gut verankert sind.

Aber auch in der Stadt selbst hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass der Lauenburger Friedhof mehr als eine Begräbnisstätte ist. Während des Neujahrsempfangs im Jahre 2020 hat das Team des Friedhofes die höchste Auszeichnung erhalten, die die Stadt zu vergeben hat: den „Lauenburger Rufer“.

Bestattungskultur hat sich in Deutschland stark verändert

Man könnte also meinen, auf so einen Vorzeigefriedhof ist im wahrsten Sinne des Wortes alles im grünen Bereich. Doch bei aller Wertschätzung müssen Elle Koriath und ihr Team die Wirtschaftlichkeit des Lauenburger Friedhofs im Blick behalten, dessen Träger die evangelische Kirchengemeinde ist.

Die Bestattungskultur hat sich in Deutschland stark verändert. Noch vor 20 Jahren kam eine Urnenbestattung auf zehn Sargbestattungen. Heute ist das Verhältnis umgekehrt. Seebestattungen, Friedwälder und andere Bestattungsformen stehen in starker Konkurrenz zur normalen Friedhofsbestattung. Dadurch hat sich die Einnahmenseite des Friedhofs entsprechend minimiert.

Stadt beteiligt sich an Sanierung der Hauptwege des Friedhofes

Wer über den Lauenburger Friedhof spaziert, sieht auch das: Frisch gepflasterte Pfade enden abrupt in Wegen, die einer Mondlandschaft gleichen: 80.000 Euro, soviel hatte eine Fachfirma als Kostenvoranschlag für die Pflasterung der Hauptwege ermittelt. Ein großer Teil davon ist bereits erledigt, vieles in Eigenleistung durch die Friedhofsmitarbeiter.

Mit 40.000 Euro, so der Beschluss, wollte sich die Stadt an dem Projekt beteiligen. Doch auch bei diesem Projekt machen sich die allgemeinen Baukostenerhöhungen bemerkbar. Deshalb bat die Friedhofsverwaltung jetzt um einen Nachschlag in Höhe von 10.000 Euro. Die Entscheidung darüber steht noch aus.

Immer mehr Kommunen unterzeichnen Charta Friedhofskultur

Elle Koriath hofft noch auf einen weiteren politischen Beschluss. „Die Stadt Lauenburg würde sich mit dem Beitritt zur Charta Friedhofskultur deutlich zum Wert des Friedhofes in unserer Gesellschaft bekennen“ , sagt sie.

Im März 2020 wurde die Friedhofskultur in Deutschland in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Immer mehr Städte unterzeichnen die Charta. „Gemeinsam mit den am Friedhof tätigen Gewerken, den Kirchen, der Politik und mit allen Friedhofsfreunden, wollen wir die Grundlagen schaffen, dass Friedhöfe auch in den kommenden Jahrzehnten ihrer Kernfunktion gerecht werden“, heißt es in einer Erklärung der Erstunterzeichner.

Mehrere Städte in Schleswig-Holstein haben ihren Beitritt zur Charta Friedhofskultur bereits erklärt – zuletzt die Hansestadt Lübeck. Und auch Lauenburgs Patenstadt Boizenburg hat die Beitrittsurkunde bereits unterzeichnet.