Evakuierung: Nachbarn bieten Hilfe an - Einbrecher nutzen Gunst der Stunde

Mehr als 20 Notrufe, sogar aus Hohnstorf, ließen am Sonntagabend bereits Schlimmes befürchten: Großbrand in der Elbstraße. Das Feuer war weithin sichtbar, der Rauch zog bis zum Schloss hoch. Dennoch ist Lauenburg mit einem "blauen Auge" davongekommen. Zu verdanken ist das der Tatsache, dass der Brand frühzeitig bemerkt wurde und aufgrund der Uhrzeit sofort zahlreiche Feuerwehrleute verfügbar waren.

Gegen 19.30 Uhr war das Feuer im Dachstuhl des mehr als 300 Jahre alten Fachwerkhauses an der Elbstraße 73 aus noch ungeklärten Gründen ausgebrochen. In dem alten Gebälk fanden die Flammen schnell Nahrung. "Als wir am Einsatzort waren, sind wir sofort ins Haus, um einen Innenangriff aufnehmen zu können. Parallel dazu erkundeten wir weitere Zugangsmöglichkeiten", sagt Feuerwehrchef Lars Heuer. Durch einen Gang zwischen dem Haus zum Nachbarn konnte über dessen Terrasse per Leiter das brennende Dach erreicht werden. Vom Kirchplatz aus brachten Lauenburgs Feuerwehrleute ihre Drehleiter in Stellung. Die aus Geesthacht angeforderte Drehleiter wurde in der Elbstraße aufgestellt, die Schwarzenbeker Drehleiter am Schüsselteichplatz in Bereitstellung genommen. Eine Vorsichtsmaßnahme, falls sich der Brand weiter ausgebreitet hätte. Im Inneren des Hauses hatten die Feuerwehrleute damit zu kämpfen, einen Zugang zum Dachboden zu finden. Schließlich wurde die Holzdecke mit einer Säge geöffnet. Der Brand hatte sich dort inzwischen auf einer Länge von etwa zehn Metern ausgebreitet. "Die Lage der Häuser, die Enge in der Altstadt, das ist ein Albtraum", sagt Heuer. "Ich mag gar nicht dran denken, wie das wäre, wenn wir so etwas während eines Hochwassers hätten."

Außer mit den baulichen Schwierigkeiten hatten die Feuerwehrleute auch mit technischen Problemen zu kämpfen. "Heuer: "Funkkontakt zur Leitstelle oder zu anderen Fahrzeugen war unmöglich. Das ist ein Problem, das bekannt ist. Seit fast einem Jahr weise ich Kreis und Leitstelle immer wieder darauf hin." Neben der veralteten Funktechnik liegt das auch am "Schatten", in dem sich die Altstadt aufgrund des Schlossbergs befindet. Das hatte auch zur Folge, dass Geesthachts Feuerwehr erst von der falschen Seite in die Elbstraße einfuhr - ein großer Zeitverlust.

Insgesamt lief der Einsatz trotzdem erfolgreich ab. "Ich bin froh, dass wir es hier nur mit Sachschaden zu tun haben", sagt Bürgermeister Andreas Thiede. Voll des Lobes ist er für die Altstadt-Gemeinschaft: "Der Zusammenhalt hier in der Altstadt ist vorbildlich."

Gute Nachbarschaft bewährt sich erneut

Für diese Einschätzung hat Lauenburgs Bürgermeister auch allen Grund: Etwa 30 Bewohner der benachbarten Gebäude mussten ihre Häuser verlassen, während die Feuerwehr gegen die Flammen kämpfte. Lange in der Kälte ausharren, brauchten sie aber nicht - andere Altstadtbewohner boten ihnen während der Evakuierung Unterschlupf. "Bei mir waren sechs Kinder, ein Vater und drei Hunde zu Gast", berichtet Frank Wiese, der ein Haus oberhalb des Kirchplatzes bewohnt. Was ihn besonders bewegte: "Die Kinder wurden ja aus dem Schlaf gerissen. Sie saßen die ganze Zeit in Decken gehüllt auf dem Sofa, sprachen kaum ein Wort und hatten Angst, dass ihr Haus abbrennt."

Aber auch für die Erwachsenen war die Nacht zu Ende, noch ehe sie begonnen hatte. Klaus Peter Wiedmann wohnt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Brandhaus und musste mit seiner Frau die Wohnung verlassen. "Ich habe die ganze Zeit gedacht: Was wäre, wenn jetzt so ein Sturm wie in den vergangenen Tagen toben würde", sagt er. Was ihm Mut machte: "Die Feuerwehrleute haben ruhig und konzentriert gearbeitet, da saß jeder Handgriff." Und noch etwas fiel ihm auf: "Die Altstadtbewohner haben zueinander gestanden, wie zur Zeit des Hochwassers. Das findet man nicht überall."

Dreiste Einbrecher nutzen Gunst der Stunde

Den größten Albtraum der Brandnacht erlebte wohl das ältere Ehepaar, das seit Jahrzehnten im Erdgeschoss des Unglückshauses lebt: Während der Evakuierung nutzten Einbrecher die Gunst der Stunde und drangen in die Wohnung ein. "Es ist nicht zu fassen, dass Menschen dazu fähig sind", sagt Thomas Kasdorff, dessen Familie dem 89-jährigen Mann und seiner 78-jährigen Ehefrau ein Zimmer in ihrem Hotel zur Verfügung gestellt hatte. Beide sollten etwas zur Ruhe kommen. Doch als die Senioren gestern Morgen ein paar Sachen aus ihrem zurzeit nicht bewohnbaren Zuhause holen wollten, gab es eine böse Überraschung: Über ein eingeschlagenes Küchenfenster im Hinterhof hatten sich Unbekannte Zutritt verschafft. Ihre Beute: Bargeld und wichtige Dokumente.

Wann die beiden Rentner wieder nach Hause können, ist derzeit noch unklar. Seit gestern leben sie in einer Übergangswohnung in Hohnstorf.