Interview: Bürgermeister Thiede zu den Hoffnungen, die an seine Reise geknüpft sind

23 000 Kilometer um die halbe Erde, fünf Nächte in vier verschiedenen Hotels, von einer Besprechung zur nächsten und kulinarische Grenzbereiche: Lauenburgs Bürgermeister Andreas Thiede hat in den vergangenen Tagen in China mit Unternehmern und Behördenvertretern über Ansiedlungs-Projekte gesprochen. Auf dem Rückflug von Shanghai nach Frankfurt in einem Airbus A 380 sprach er mit unserem Mitarbeiter Timo Jann über die Reise.

Herr Thiede, warum tun Sie sich diese Strapazen an? Oder war es doch eine Lustreise, wie Kritiker meinen?

Andreas Thiede: Nein, eine Lustreise war es ganz sicher nicht. Ich sage immer, dass es uns wie der hungrigen Möwe geht. Sie treibt sich herum, sucht nach Futter. Wer satt ist, bleibt sitzen und bewegt sich nicht. Aber wir müssen uns bewegen, um die Stadt voranzubringen. Es geht um Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Nur so kommen wir wieder in die Situation, selbst gestalten zu können.

Lohnt sich der Aufwand denn?

Finanziell betrachtet ist es für uns günstiger, nach China zu reisen und die Dinge dort zu besprechen, als eine Delegation hier zu betreuen. Außerdem ist es wichtig, sich Dinge vor Ort anzusehen. Es gibt beispielsweise Interesse eines Steinhändlers, eine Ausstellung für Granit und Marmor in Lauenburg aufzubauen. Wir konnten uns in China so eine Ausstellung ansehen.

Was hat die Reise denn bisher an konkreten Dingen gebracht?

Wir haben einen Mix aus schriftlichen und mündlichen Vereinbarungen mitgenommen. Außerdem galt die Reise der Kontaktpflege, die bei Geschäften mit Chinesen sehr wichtig ist. Und wir konnten etwas Werbung für unser neues Gewerbegebiet machen.

In Lauenburg wird man langsam ungeduldig, man wartet auf Bagger, um sichtbare Zeichen einer chinesischen Ansiedlung zu sehen. Wann passiert da etwas?

Es sind nicht immer die Bagger, die ein Zeichen sind. Die Hoffnung, einen Orthopäden nach Lauenburg zu bekommen, besteht beispielsweise, weil wir einem Gesundheitsanbieter zu einer Kooperation in China verholfen haben. Im Gegenzug soll der Orthopäde kommen. Oder ein Lauenburger Unternehmer verkauft jetzt Küchen nach China, sorgt so hier für Sicherheit seiner Arbeitsplätze, zahlt hier seine Steuer. Aber es werden sicher auch bald die Bagger rollen. Ich setze auf einen Besuch aus China im Dezember, bei dem wir ein Grundstücksgeschäft klarmachen wollen.

Wie kommen die Kontakte zu den Investoren aus China zustande?

Wir haben uns mittlerweile einen Namen in China gemacht, man weiß dort, dass wir sehr hilfreich sind. Wenn wir Unternehmer kennenlernen, die zu uns kommen möchten, sorgen die für einen Kontakt zur Regierung. Denn ohne Zustimmung der Regierung gibt es in China keine Auslandsgeschäfte. Wir haben mittlerweile in sechs Provinzen die Kontakte zu den Regierungen hergestellt. Man braucht einen gewissen Atem, aber wenn der Knoten durchschlagen ist, wird es Schlag auf Schlag gehen.

Und warum ausgerechnet Unternehmen aus China?

Wir haben in Lauenburg schon getan und gemacht, aber es hat sich nichts ergeben. Wenn die Wirtschaftsförderung des Kreises mit ihrem Millionen-Budget schon Schwierigkeiten hat, in Deutschland für den Kreis als interessanten Standort zu werben, wie sollen wir das als kleine Stadt Lauenburg denn leisten? Man muss offen für neue Wege sein, der nach China ist so einer. Dort ist das Kapital vorhanden, außerdem möchte man sich neue Märkte erschließen.