Performance: Eva Ammermann und Mario Scheuermann rühren was zusammen

Was kommt dabei heraus, wenn sich eine Aktionskünstlerin und ein Schriftsteller zu einer gemeinsamen Performance verabreden? Im Falle von Eva Ammermann und Mario Scheuermann etwas ganz Bodenständiges: Sie bereiten eine deftige Wintersuppe und philosophieren dabei über Kraut und Rüben und warum Kochen auch Kunst ist. Alles zusammen bildete schließlich die verblüffende Finissage, die der Ausstellung "L'aliment" von Eva Ammermann in der Galerie Hagenström einen letzten Aha-Effekt bescherte. Ungewöhnlich auch deshalb, weil in dem Ende zugleich ein neuer Anfang lag - doch davon soll später noch die Rede sein.

Selten drängt sich die Frage "Was darf Kunst?" so sehr auf, wie beim Betrachten der Fotoarbeiten von Eva Ammermann. "Mit Essen spielt man nicht" - die Mahnung aus Kindertagen blockiert zunächst das Einlassen auf die ungewöhnlichen Motive der Künstlerin: Erbsen mit Marmelade an einen Frauenschuh gepappt, eine Arbeitsjacke "aufgepeppt" mit Spitzkohlblättern, eine Rotkohl-Handtasche, mit der Eva Ammermann ganz selbstverständlich über den Hamburger Jungfernstieg flaniert. Überhaupt ist die Künstlerin meist selbst Teil der Performance und dem Betrachter der Bilder stellt sich unweigerlich eine Frage: Was ist absurder - Ammermann, die im Mantel aus getrockneten Brotscheiben vor einer großen Bank posiert, oder die Passanten, die achtlos vorbeilaufen, als sei es das Normalste auf der Welt?

Ähnliche Ansätze wie die der 54-jährigen Künstlerin aus Kuddewörde gab es übrigens schon in den 60er-Jahren. Der Schweizer Dieter Roth begann damals mit Nahrungsmitteln zu experimentieren: Wurstscheiben, Schokolade oder Gewürze wie Anis dienten ihm als Material für seine Kunstobjekte - die "Eat-Art" war geboren.

Für den Lauenburger Journalisten und Gastro-Autor Mario Scheuermann hat diese Form der Kunst eine eigenständige, ästhetische Komponente. Der sinnliche Aspekt der so anders verarbeiteten Lebensmittel inspirierte ihn dazu, in seiner schier unerschöpflichen Sammlung nach einem Rezept aus regionalen Produkten zu stöbern. "Kochen ist ein schöpferischer Prozess, also Kunst", sagt er und schlägt so den Bogen zu den Bildern von Eva Ammermann. Was die beiden kreativen Köpfe dann gemeinsam schufen, darf sich ohne Weiteres ein Feuerwerk der Farben nennen: Suppe aus Roter Bete, Ingwer und Rotwein - bis auf den letzten Tropfen ausgelöffelt von den Gästen der Finissage. Das schmeckt nach mehr, sagen sich Eva Ammermann und Mario Scheuermann. Schon sind sie auf der Suche einem unverwechselbaren Rezept für eine leichte Sommerspeise.

Unter dem Stichwort "Eat-Art" findet man übrigens bei Google: Die Künstler reflektieren die Produktion, Verwertung und den Konsum von Lebensmitteln als Mittel der Identitätsstiftung in einer globalisierten Gesellschaft. Vielleicht ist es aber auch viel einfacher: Das, was Eva Ammermann und Mario Scheuermann zusammenrühren, ist Kunst in bestem Sinne.