Hürden: Veralteter Leitfaden der Stadt erschwert Pralinenmacherin die Existenzgründung

Pralinen und Hackfleisch haben nicht allzu viel gemeinsam, sollte man meinen. Und doch muss Rita Hansen einen sogenannten "Klopsschein" vorweisen, bevor sie ihr selbst gemachtes Konfekt verkaufen darf. Aber der Lehrgang zur "Tierischen Lebensmittel-Hygieneverordnung" war eine kleine Hürde, verglichen mit jenen, die insgesamt vor der Eröffnung des Cafés "Schokoflut" in der Elbstraße liegen.

Es duftet verführerisch nach Schokolade, doch das ist nur der Cappuccino, den Rita Hansen einem Gast über den kleinen Tresen reicht. Ihre eigenen Pralinen-Kreationen darf die gelernte Einzelhandelskauffrau nämlich noch nicht anbieten, denn es fehlen noch ein paar Genehmigungen, die sie dafür braucht. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so kompliziert ist, sich eine eigene Existenz aufzubauen", sagt die 64-Jährige. Auch Lebensgefährte Fritz Hock ist schon von "Pontius zu Pilatus" gelaufen, um den gemeinsamen Traum vom eigenen Café Wirklichkeit werden zu lassen. "Eigentlich hätte ich schon mit der Beseitigung der Flutschäden und den Diskussionen mit dem Denkmalschutz genug zu tun gehabt, aber der erforderliche Behördenkram ist von einer Person allein ja kaum zu bewältigen", sagt der Holzbildhauer. Zusätzliches Hemmnis: Die Checkliste für die Gewerbeanmeldung, die die beiden Existenzgründer von der Stadt in die Hand bekommen hatten, stammt aus dem Jahr 2001. "Viele der aufgelisteten Schritte sind nicht mehr nötig, auf erforderliche wird stattdessen nicht hingewiesen", ärgert sich Hock vor allem über die vertane Zeit. Längst wollten sie die "Schokoflut" in vollem Umfang eröffnet haben, denn die laufenden Kosten für die angemieteten Räume schlagen schon jetzt zu Buche und der Papierkram habe inzwischen einen guten "Tausender" verschlungen. Doch der Kampf mit dem Behördenkram ist fast überwunden. Was jetzt noch fehlt, ist unter anderem die Alkoholkonzession. Fritz Hock gibt noch etwas anderes zu denken: "Wenn eine Stadt wie Lauenburg um große Investoren wirbt, sollte sie doch auch in der Lage sein, Existenzgründern mit Informationen unter die Arme zu greifen, die auf dem neusten Stand sind."

Entmutigen lassen sich die beiden trotz allem nicht, im Gegenteil: "Wer bis hier hin nicht aufgegeben hat, hat den nötigen Biss", ist Rita Hansen überzeugt. Die Resonanz sei schon jetzt überwältigend. Und tatsächlich: An einem gewöhnlichen Dienstagnachmittag sind die beiden runden Tische in der gemütlichen Gaststube bis auf den letzten Platz besetzt. Dabei dürfen die beiden frischgebackenen Gastronomen im Moment weder den Wein ausschenken, der im rustikalen Holzregal lagert, noch auch nur einen Krümel selbst gebackenen Kuchen verkaufen. Rita Hansen bleibt dennoch optimistisch: "In der Adventszeit geht's richtig los."

Zur Tasse Kaffee gibt's schon heute einen Schnack gratis und so mancher Passant, der eigentlich nur mal neugierig seine Nase in das windschiefe Fachwerkhaus stecken wollte, bleibt auf eine Tasse Tee. Längst hat es sich nämlich herumgesprochen, dass Rita Hansen in der liebevoll eingerichteten Gaststube bald ihre süßen Verführungen anbieten wird. "Etwas Gutes hat die Verzögerung ja: Mir bleibt Zeit, noch ein bisschen zu experimentieren", sagt sie. Woran sie dabei denkt, bleibt vorerst ihr Geheimnis. Aber wer je von ihren Schoko-Kugeln mit Basilikumschaum gekostet hat, ahnt, dass die Fantasie der Pralinenmacherin noch längst nicht aufgebraucht ist.