Hochwasser: Prognose lautet jetzt 10,10 Meter am Donnerstag - Evakuierung hat gestern begonnen

Mit Koffer, Tasche und Rucksack marschierte der 73-Jährige in Richtung Hafenstraße, wo er von seinem in Niedersachsen wohnenden Sohn abgeholt werden sollte.

Seit Sonnabend herrscht in der Lauenburger Altstadt der Ausnahmezustand. Wurde in der um 11.15 Uhr verbreiteten Bürgerinformation optimistisch verkündet, die Evakuierung könne vorerst ausgesetzt werden, folgte um 19.55 Uhr die Einladung zu einer Anwohner-Versammlung in der Osterwold-Halle. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Hochwasser-Vorhersagezentrale in Magdeburg ihre Prognosen nach oben ausgeweitet. Am für Lauenburg relevanten Pegel Hohnstorf wird für Donnerstag ein Wasserstand von 10,10 Metern erwartet, fast 90 Zentimeter mehr als zuletzt 2011 und deutlich über dem historischen Rekordwert von 1855. Damals wurden 9,89 Meter registriert.

Damit steht fest, dass weite Teile der Altstadt von den Wassermassen der Elbe überschwemmt werden. Die Evakuierung war die logische Folge, um die Bewohner nicht Gefahren durch Elektrizität, Gefahrstoffe im Wasser oder hohe Strömungsgeschwindigkeiten auszusetzen.

In einer persönlichen Botschaft wandte sich Bürgermeister Andreas Thiede an die Betroffenen. "Lassen Sie uns diese Heimsuchung gemeinsam bestehen", schrieb Thiede: "Ich hoffe, dass unsere Anstrengungen, die Stadt zu schützen, ausreichen werden." Das hoffen auch die Anwohner, die die Anweisung zum Verlassen der Altstadt aber gelassen aufnahmen: "Ich ziehe mit meiner Familie in unsere Kleingartenlaube an der Berliner Straße. Das machen wir auch an den Wochenenden öfter", erzählte Gabriele Röhrig.

Gestern wurden zusätzlich zur einzigen vorhandenen Hochwasserschutzwand an der Palmschleuse noch 35 000 Sandsäcke in diesem Bereich verarbeitet.

Heute werden Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig und sein Innenminister Andreas Breitner in der Stadt erwartet, die Sicherungsmaßnahmen in der Altstadt besichtigen und mit der Technischen Einsatzleitung sprechen. Konsequenzen aus dem Rekord-Hochwasser, so Andreas Thiede, sollen aber erst nach dem Ablaufen der Flut gezogen werden.

Hoffnung, dass es doch nicht so schlimm wird wie befürchtet, weckt die Erfahrung eines alten Binnenschiffers. "Den Pegelstand in Magdeburg muss man durch drei teilen. Das ist die Wassermenge, die in Lauenburg ankommt", sagt Gerhard Schuldt. Das wären Donnerstag 9,30 Meter am Pegel Hohnstorf.