Hochwasser: Prognose kündigt Höchststand von 9,30 Metern an - Stadt bildet Katastrophenstab

9,30 Meter lautet die Prognose für das Hochwasser - das Wasser der Elbe wird in der kommenden Woche voraussichtlich in die Elbstraße schwappen. Ein noch nie da gewesener Wasserstand wird den Besitz der Menschen am Elbufer so sehr wie noch nie seit 160 Jahren bedrohen.

Gestern war von der zu erwartenden Hektik noch nichts zu spüren. Touristen schlenderten durch die Straße, ärgerten sich nur über die bereits gesperrten Gassen zur Elbuferpromenade. An einem Haus sind weiße Striche am roten Ziegel - mit den Wasserständen von 2006 (9,12 Meter) und 2011 (9,23 Meter) - markiert. In einer Woche werden diese Markierungen in den trüben Fluten der Elbe abgetaucht sein. "Es ist ja so schön hier, man mag sich gar nicht vorstellen, wie das hier nächste Woche aussehen soll", sagte Gabriele Hahmann aus Wedel, die mit ihrem Mann Hans einen Tagesausflug in die Stadt machte. Dass die Lage in Lauenburg noch so entspannt wirkt, liegt daran, dass das Wasser aus Dresden eine Woche bis Lauenburg benötigt, um die etwa 500 Kilometer lange Strecke zurückzulegen. Und in der sächsischen Metropole wurde erst gestern Katastrophenalarm ausgelöst.

Während in Lauenburg noch die Sonne scheint, regnet es in Sachsen und Tschechien noch. Die Talsperren sind bereits überfüllt, das Wasser rauscht unkontrolliert weiter. "Was in Saale und Mulde gelangt, landet auch in der Elbe", warnt Wolfgang Genczik, der Vorsteher des zuständigen Wasser- und Bodenverbandes.

"Was wir brauchen, ist endlich ein umfassender Hochwasserschutz", sagt Anwohner Peter Szymanski. Der Architekt gilt als Kenner der Lage, er hat viele historische Häuser in der Altstadt saniert. Szymanski: "In allen Gutachten zum Thema Hochwasserschutz wird bisher darauf hingewiesen, dass die Regenentwässerung, privat wie öffentlich, mit Rückstauklappen ausgestattet werden müsste. Nicht einmal das ist passiert. Wenn es ganz doof kommt, läuft uns das Wasser also hintenrum in die Häuser, während wir sie vorne am Ufer verteidigen." Anwohner Wolf von Kleist hält es für unpraktikabel, den Hochwasserschutz den Anwohnern zu überlassen. "Das funktioniert einfach nicht", meint er. Doch die "große Lösung" mit einer erhöhten Uferpromenade und einer mobilen Schutzwand darauf würde 20 Millionen Euro kosten. "Die kriegen wir aber wohl erst, wenn das erste Haus umfällt", fürchtet Szymanski.

Immerhin stehen beim Kreisfeuerwehrverband und in anderen Landkreisen jetzt nagelneue leistungsstarke Pumpen parat. "Ob die Pumpen in Lauenburg zum Einsatz kommen und wer diesen beauftragt, weiß ich noch nicht", sagte Gabi Heitmann, die Geschäftsführerin des Verbandes, gestern. 2011 hatten ähnliche Pumpen des Technischen Hilfswerks (THW) gute Dienste geleistet, um die Kanalisation frei zu halten. Doch die Einheiten des THW werden jetzt nicht nur an der Elbe und in Lauenburg benötigt, sondern in zahlreichen Bundesländern.

"Aufgrund der Verbuschung entlang der Elbe ist es so, dass das Hochwasser heute auch länger stehen, also anhalten wird. Das bedeutet, dass Qualmwasser durch die Deich sickert und wir es abpumpen müssen", berichtet Genczik. Das Industriegebiet an den Söllerwiesen und das Hinterland gelten wegen verschiedener Deichbauprojekte als sicher. Ein Schwachpunkt bleibt das Schöpfwerk an der Palmschleuse, das längst modernisiert sein müsste. Genczik: "Wir werden als Verband wohl unsere Rücklagen anfassen müssen, um hier etwas zu tun. Hilfe vom Land ist nicht zu erwarten."

Die Stadt Lauenburg hat einen Katastrophenstab gebildet, der täglich von 9 Uhr an tagt und die betroffene Bevölkerung in Flugblättern informieren wird. Erste Maßnahme: Der für diese Woche geplante Einbau der Sperrpoller in der Elbstraße ist gestoppt worden. Infos erhalten Anwohner auch unter den Telefonnummer 59 09 300 und -320 der Stadtverwaltung. Die Entwicklung der Pegelstände kann unter www.elwis.de im Internet verfolgt werden.