Lauenburg. Von nah und fern reisten Kaufleute an, um auf dem Markt Handel zu treiben. Doch Glüsing war auch bekannt für andere Vergnügungen.

Nur selten will ein Fahrgast an der Bushaltestelle Glüsing aussteigen – es sei denn, es ist ein Besuch im Restaurant Forsthaus geplant. In Glüsing sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht, könnte man meinen. Doch der Ortsteil in der Gemeinde Schnakenbek hat eine spannende Vergangenheit. Heimatforscher Horst Eggert erzählt die Geschichte am Sonnabend, 27. April, ab 14 Uhr in der Sporthalle Schnakenbek. Wie es seine Art ist, würzt er seinen Vortrag mit witzigen Anekdoten und persönlichen Erinnerungen.

Dass Lauenburg eine alte Schifferstadt ist, weiß jeder, der sich für Heimatgeschichte interessiert. Kaum bekannt ist aber, dass vor den Toren der Stadt jahrhundertelang ein reges Markttreiben herrschte. Kaufleute aus ganz Norddeutschland zog es hierher, um ihre Waren feilzubieten. Der Glüsinger Markt bei Lauenburg war außerdem bei den feinen Städtern bekannt für allerlei Vergnügungen.

Glüsinger Markt: Hamburger Höker luden zum Gelage ein

Erwiesen ist, dass der Glüsinger Markt am Sandkrug einer der frühesten Märkte entlang der Elbe war. Schon die Lauenburger Herzöge erschienen regelmäßig zur Sommersonnenwende mit dem gesamten Hofstaat dort. „Gern besuchten Lauenburgs Fürsten den Markt. 1652 lud Herzog Julius Heinrich persönlich dazu ein“, schreibt der Historiker Dr. Wichmann von Meding in seinem Buch „Stadt ohne Land am Fluss“. Von nah und fern reisten die Kaufleute an, um zu kaufen, zu tauschen und zu handeln. Doch der Glüsinger Markt dürfte noch älter sein, denn in einer alten Schriftrolle besiegelten 16 Hamburger Höker, wer auf auf dem „uhralten Marckte im Glüsing“ zum Kranztanz und Gelage einlädt.

Die Blüte als Vergnügungspark erreichte der Glüsinger Markt aber vor über 200 Jahren. Die schlimme Franzosenzeit (1803-1815) war gerade vorbei, und das feierten die Lauenburger mit einem großen Sommerfest. Drei große, mit doppelter Leinwand belegte Zelte wurden aufgeschlagen, die Plätze nach gesellschaftlichem Rang vergeben. „Rechts oben stand das Zelt des Gerichtsherren. Neben den Landreitern saß der Amtsexekutor, die Amtsdiener und der Stadtdiener mussten stehen“, weiß Horst Eggert. Wie praktisch außerdem: Beim Sommerfest konnten gleich Amtsgeschäfte erledigt werden, denn die Passstelle war ebenso zur Stelle wie der Eintreiber des Städtegeldes.

Der Glüsinger Markt war Stätte für allerlei Vergnügungen

In erster Linie aber war Vergnügen angesagt: In der Lauenburgischen Landeszeitung vom 25. Juni 1875 annoncierte Wirt A.H. Thiel, dass seine Zelt-Restauration natürlich in „gediegener Weise ausgestattet, den hiesigen wie auswärtigen Marktbesuchern angelegentlich empfohlen werde“. Der geschäftstüchtige Wirt hatte außerdem die bekannte Möllner Artillerie-Capelle engagiert, um die Gäste zu unterhalten. „Wie einladend bot sich schon die Stätte selbst. An schönen Sommertagen muss sie, wenn Freude und Fröhlichkeit des Marktlebens dort herrschte, ein wahrhaft besseres Bild gegeben haben als ein Markt in den engen Gassen und Plätzen der Stadt“, schreibt von Meding.

Heimatforscher Horst Eggert hat zu Glüsing eine besondere Beziehung: Hier lernte er seine spätere Frau Margit kennen.
Heimatforscher Horst Eggert hat zu Glüsing eine besondere Beziehung: Hier lernte er seine spätere Frau Margit kennen. © Elke Richel | Elke Richel

Glaubt man den alten Schriften, muss auf dem Glüsinger Markt zu jener Zeit eine Stimmung geherrscht haben, die ihresgleichen suchte. Die Rede ist von Verkäufern, die lautstark und unermüdlich ihre Ware anpriesen, und von Kinderkarussells, die von halbwüchsigen Jungen geschoben wurden. Für vier Schilling ging es in den Circus, wo Mademoiselle Marwig und Demoiselle Magito ohne Balancierstangen turnten. In den Tanzzelten drehten sich die Paare zu Volksweisen, die schon ihre Eltern und Großeltern kannten.

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Nachweisbar sei der Flurname Glüsing erst seit 1487, schreibt von Meding. Von einer früheren Besiedlung könne keine Rede sein. Doch in Sammlerkreisen werden noch heute Postkarten mit Ansichten des Waldhauses Glüsing aufbewahrt. Der geschäftstüchtige Gastwirt Johannes Ohle hatte sie um 1930 in hoher Stückzahl auflegen lassen. Die Aufschrift „600 Jahre im Besitz der Familie Ohle“ lässt darauf schließen lassen, dass Glüsing schon um das Jahr 1330 besiedelt war.

Auf jeden Fall muss Glüsing von je her ein romantischer Ort gewesen sein. Ob das an dem angrenzenden Wäldchen lag – man weiß es nicht. Jedenfalls hat der Heimatdichter Julius Salzwedel dem Gasthaus sogar ein Gedicht gewidmet: „Im Glüsing war’s, du holde Maid, wo Herz zu Herz sich fand. Wo wir in Lieb’ und Seligkeit so innig waren Hand in Hand.“

Horst Eggert weiß, warum sich hier so viele Herzen fanden: „Immer um die Johanniszeit herum traf sich die Jugend aus Lauenburg und Umgebung hier zum Tanz“, erzählt der Heimatforscher. Er muss es wissen: Viele Jahre später hat er im Waldhaus Glüsing seine Frau Margit kennengelernt.

Der Eintritt zu der Veranstaltung des Lauenburger Heimatbundes und Geschichtsvereins am Sonnabend, 27. April, 14 Uhr, in der Sporthalle Schnakenbek (Am Sportplatz) ist frei, um eine Spende wird gebeten.