Wentorf. Autofahrer sorgen nicht nur für einen unsicheren Schulweg, sie stoßen auch jede Menge CO2 aus. Wie die Fahrten begründet werden.

Von Montag bis Freitag ist es jeden Morgen das gleiche Bild: Autos, Busse, Radfahrer sowie Fußgängerinnen und Fußgänger drängen sich am Kreisel vor dem Petersilienberg Wentorf. Dort treffen die Verkehrsströme zur Grundschule am Wohltorfer Weg, zur Gemeinschaftsschule an der Straße Achtern Höben sowie zum Gymnasium am Hohlen Weg zusammen. An der Kreiselausfahrt Richtung Zentrum hat ein großes Plakat jetzt viel Aufmerksamkeit erregt.

Darauf wird der Kohlendioxidstoff-Ausstoß benannt, den die Elterntaxis allein am Gymnasium Wentorf verursachen: 44.780 Kilogramm sind es pro Jahr. „Elf Fußballfelder an deutschem Wald bräuchte es, um die Emissionen zu binden“, steht darunter. Das Plakat hat die Schülervertretung im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche aufstellen lassen. Denn die Elterntaxis seien nicht nur eine Gefahrenquelle für alle, die sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf den Weg zur Schule machen, sie bewirkten auch eine erhebliche Schadstoffbelastung vor den Schulen.

Elterntaxis: Schülervertretung am Gymnasium Wentorf startet Umfrage

Als Elterntaxi bezeichnet man Autos, mit denen Kinder zur Schule gebracht werden. Eltern, die ihren Nachwuchs am liebsten direkt vor die Schultür fahren, gefährden die Sicherheit aller übrigen Schüler. Je jünger die Kinder, desto ernster wird dieses Problem. Zweitklässlern fehlt beispielsweise allein durch ihre fehlende Körpergröße die Übersicht im Straßenverkehr.

Der Gymnasiast Joel Abraham hat die Vorlagen für das Plakat am Kreisel Petersilienberg berechnet.
Der Gymnasiast Joel Abraham hat die Vorlagen für das Plakat am Kreisel Petersilienberg berechnet. © Joel Abraham | Privat

Die Schülervertretung des Gymnasiums hat zum Thema alle 926 Schülerinnen und Schüler am Gymnasium befragt, 811 haben geantwortet: Demnach werden acht Prozent der Schulwege mit dem Auto bestritten. Das sind pro Woche mehr als 600 Autofahrten – und dies allein am Gymnasium.

Am häufigsten starten die Autos in Börnsen (20 %), Escheburg (13 %) und Dassendorf (12 %). Aber auch aus Wentorf stammen immerhin noch zehn Prozent der Autofahrten. Dabei ist die Gemeinde nur um die sieben Quadratkilometer groß – „eine Fläche wie die autofreie Insel Baltrum“, fügt Klimaschutzmanagerin Yvonne Hargita hinzu. Sie hat die Europäische Mobilitätswoche an den Schulen begleitet, die Schülervertretungen und den ADFC unterstützt.

„Schlechtes Wetter“ – der häufigste Grund dafür, mit dem Auto zu kommen

Und was sind die häufigsten Gründe für die Nutzung eines Autos? 22 Prozent der Kinder und Jugendlichen gaben „schlechtes Wetter“ als Grund an, in 21 Prozent der Fälle „liegt die Schule auf dem Arbeitsweg der Eltern“, es folgen „unzuverlässiger oder kein Bus“ (14 %), „Zeitdruck“ (12 %) und mit jeweils 9 Prozent „zu langer Weg“ und „schlecht ausgebauter ÖPNV“.

Argumente, Kinder nicht mit dem Auto zur Schule zu bringen, gebe es aber auch: Kinder würden gewöhnlich schneller selbstständig, seien durch die Bewegung ausgeglichener und übten soziale Interaktionen mit anderen. Joel Abraham (18) von der Schülervertretung des Gymnasiums erklärt: „Einerseits werden durch Elterntaxis im Verkehrsalltag Schüler*innen direkt gefährdet und behindert. Andererseits verstopft der Kreisel, was Autofahrer ungeduldiger und weniger achtsam macht. Das erhöht das Unfallrisiko für alle anderen Verkehrsteilnehmer, und auch die Busse brauchen länger.“

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Einer der Schülervertreter hat die Emissionen berechnet

So komme es auf dem Hohlen Weg zu Staus: Ein langsamer fahrendes Fahrrad führt dazu, dass Autos nicht daran vorbeifahren können. Dahinter stauen sich weitere Fahrräder oder auch Autos. Egal ob Autofahrer oder Radler, beide können ungeduldig werden und dann teils gefährliche Überholversuche wagen. Joel Abraham sagt: „Elterntaxis stoßen relevante Mengen an Kohlendioxid und anderen Luftschadstoffen aus. Deren Wirkung erleben wir jetzt schon in Form des Klimawandels. Schon seit Jahren sterben zahlreiche Menschen auf der Welt an den immer heftiger werdenden Folgen des Klimawandels.“

Basierend auf den Ergebnissen der Befragung hat der Gymnasiast ausgerechnet, dass jährlich fast 45 Tonnen Kohlendioxid durch Autofahrten zum Gymnasium Wentorf ausgestoßen werden. „Ich habe mir die durchschnittliche Verteilung von Benzinern, Diesel- und Elektroautos in Deutschland angeschaut“, erläutert der 18-Jährige. „Dann habe ich den Verbrauch pro gefahrenem Kilometer berechnet und mir die Emissionswerte angesehen sowie die Emissionen bei der Herstellung der Kraftstoffe und der Antriebsenergie berücksichtigt.“

Die anderen Schulen und der ADFC waren bei der Mobilitätswoche dabei

Das Ergebnis sollte selbstverständlich kommuniziert werden – und zwar nicht nur schulintern. „Irgendwann kamen wir auf die Idee der Plakatwand“, erzählt Joel Abraham. Die Kosten in Höhe von knapp 500 Euro wurden durch das Klimaschutzmanagement der Gemeinde finanziert.

Auch an den anderen Schulen liefen während der Europäischen Mobilitätswoche (EMW) unter dem Motto „Nachhaltige und sichere Schülermobilität“ Aktionen. So wurde der Parkplatz der Grundschule am Freitag, 15. September, zum „Platz der Möglichkeiten“ mit Hüpfburg und Kinderschminken umgestaltet, die Gemeinschaftsschule lud einen Tag später zum Senioren-E-Bike-Parcours auf ihrem Basketballplatz.

Am Gymnasium hatten die Schülerinnen und Schüler außerdem die Möglichkeit, einen Fahrsimulator auszuprobieren. Darin wurden ihnen die Auswirkungen von Rauschmitteln auf die Fahrtüchtigkeit sowie die Nutzung von Smartphones auf das Fahrverhalten vor Augen geführt. Der ADFC demonstrierte zwischen Bergedorf und Reinbek für bessere Radwege, organisierte unter anderem Vorträge und eine Streuobstwiesentour in die Vierlande.