In Keitum eröffnet im Dezember das Severin’s. Konkurrenzdruck für die Nobelherbergen wird immer größer.

Sylt. Auf der Nordseeinsel Sylt, auf der auch gerade wieder viele Hamburger die Herbstferien verbringen, verschärft sich der Wettbewerb um solvente Urlauber: In Keitum, dem idyllischen Friesendorf am Watt, eröffnet im Dezember das Luxushotel Severin’s. Auf einem 30.000 Quadratmeter großen Areal ist nach Angaben der Investoren „das längste zusammenhängende Reetdach Europas“ entstanden. „Unser Ziel ist es, das beste Hotel auf der Insel zu werden“, sagt Marc Rohe, der das Hotel als Interimsdirektor bis zur Eröffnung leitet, auch in Richtung alteingesessener Mitbewerber, wie beispielsweise dem Hotel Stadt Hamburg oder dem Miramar in Westerland.

Das Severin’s am Watt wird von der Atlantic Hotelkette betrieben, die bereits neun Häuser in Deutschland in der Viersternekategorie besitzt. Einer der Eigentümer ist der finanzstarke Unternehmer Kurt Zech, der mit dem Severin’s nun auch in die absolute Luxushotellerie einsteigen will. Über Geld wird nicht gesprochen, aber das Gesamtinvestment dürfte nach Abendblatt-Informationen im höheren zweistelligen Millionenbereich liegen. Und die Investoren wollen natürlich eine entsprechende Rendite sehen.

Bis zu 200 Quadratmeter groß werden die Suiten sein, es gibt insgesamt 89 Zimmer – keines kleiner als 40Quadratmeter. Der Preis pro Übernachtung beginnt im Doppelzimmer bei 280 Euro – in der Nebensaison. Die ersten Gäste haben bereits eingecheckt, der Probebetrieb läuft. Das Ambiente ist im Landhausstil gehalten, der Wellnessbereich mit Schwimmbad, Saunalandschaft und Spa-Suiten hat 1500 Quadratmeter.

Neue Hotels müssen immer mehr bieten, denn die Konkurrenz auf der Insel ist groß: Allein sechs Hotels sind aktuell vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) mit fünf Sternen klassifiziert, demnächst eben wohl auch das Severin’s. Auch das Budersand in Hörnum, das 2008 eröffnete, und das seit 2010 in List bestehende Arosa gehören zu den Luxusherbergen.

Zahlreiche andere Hotels auf der Insel haben diese Klassifizierung nicht, spielen aber dennoch in der Spitzenklasse mit – zum Beispiel das Hotel Stadt Hamburg in Westerland, in dem auch der frühere Bundespräsident Christian Wulff gern urlaubte. Für Sylt-Marketing-Chef Moritz Luft steht fest: „Mit der Eröffnung des Severin’s wird der Bereich der Luxushotellerie auf Sylt sehr gut aufgestellt sein. Weitere Kapazitäten werden in diesem Segment dann nicht mehr benötigt.“

Die Investoren rund um Unternehmer Zech, der von Bremen aus seine Geschäfte führt, dürften die Lage ihres neuen Hotels auf Sylt genau analysiert und die Ziele festgesetzt haben: „Ein neues Hotel ist immer eine Herausforderung. Aber wir glauben an Sylt und die anspruchsvolle Klientel hier, die wir für uns gewinnen wollen“, sagt Interimsdirektor Rohe. Man wolle eine Nische besetzen, die es so auf Sylt noch nicht gebe. „Wir setzen auf Individualität und den persönlichen Service. Auch die Lage an einem der malerischsten Orte der Insel spielt dabei eine Rolle“, sagt Rohe.

Doch die Investoren setzen nicht nur auf Sylt-Kenner: „Wir wollen ein Produkt anbieten, das auch Gäste auf die Insel lockt, die bislang hier keinen Urlaub gemacht haben“, sagt Rohe, während er im Restaurant Tipken’s sitzt und in den Obstgarten des Hauses blickt. Auch das Restaurant ist von hellen Farben geprägt. Elegant, aber trotzdem gemütlich soll das Ambiente sein. Nach einem begehrten Michelin-Stern soll dort, so heißt es, zunächst nicht gegriffen werden. „Wir bieten aber natürlich eine gehobene Küche und legen viel Wert auf regionale Produkte“, sagt Rohe. Nebenan im Hoog geht es etwas rustikaler zu, hier stehen Königsberger Klopse vom Lamm oder Scholle auf der Karte. Keinesfalls will das Hotel als „abgeschottetes Luxusdorf“ wahrgenommen werden. Man will sich öffnen: „Unsere Gastronomie steht allen offen. Wir bieten auch schon vor der Eröffnung Hausführungen an, die sehr gut angenommen werden“, sagt Rohe.

Doch was sagen alteingesessene Häuser zum neuen Mitbewerber, der nach eigenen Angaben eine „Institution auf der Insel“ werden will? Sind Konkurrenzkamp und Preiswettbewerb noch auszuhalten?

Das Miramar an der Friedrichstraße in Westerland ist eines der ältesten Luxushotels auf der Insel. Das Fünfsternehotel wurde 1903 gegründet und liegt in der ersten Reihe mit direktem Meerblick. In fünfter Generation führen Christiana und Nicolas Kreis das Haus: „Auf Sylt kann man im Luxussegment nur bestehen, wenn das Haus in einem Top-Zustand ist“, sagt Christiana Kreis. Bei einem mehr als 110 Jahre alten Gebäude sei das eine Herausforderung: „Wir modernisieren eigentlich ständig, haben einen eigenen Tischler und Maler im Haus.“

Die Zeiten seien natürlich härter geworden, weil zahlreiche Luxushotels eröffnet hätten, so Kreis. Und nun komme noch das Severin’s dazu: „Das macht es nicht einfacher für uns. Aber ich bin ein positiv denkender Mensch. Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagt Kreis.

Wer im Miramar absteigt, begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit der guten alten Grandhotels. Wertvolle Antiquitäten, schwere Teppiche, Kronleuchter und Gemälde prägen den Stil des Hauses: „Wir sind eben kein moderner Hotelkasten oder ein hippes Designhotel. Unsere Gäste schätzen diesen nostalgischen Charme, den wir mit allen Annehmlichkeiten der Luxushotellerie verbinden“, sagt Kreis.

Die Preise auf der Insel Sylt haben es in sich, besonders in der Hauptsaison. In der Luxuskategorie verlangen Hotels dann um die 500 Euro pro Übernachtung im Doppelzimmer. Preise, von denen vergleichbare Häuser in Hamburg nur träumen können. Sylt-Marketing-Chef Moritz Luft sagt: „Die Nachfrage bestimmt den Preis. Das bedeutet, dass die Insel viel stärkeren saisonalen Schwankungen ausgesetzt ist als beispielsweise eine Stadt, und dementsprechend die Übernachtungspreise anpasst.“

Seit Jahren hat Sylt mit leicht rückgängigen Übernachtungszahlen zu kämpfen. Zum Vergleich: In 2009 wurden 6.952.402 Millionen Übernachtungen gezählt, im vergangenen Jahr waren es noch 6.403.075 Millionen. Das liege daran, dass die ungefähr gleich gebliebene Anzahl von Gästen nicht mehr zwei oder drei Wochen auf der Insel verbringe, sondern eher, wie überall zu erkennen, vermehrt zu Kurzurlauben tendiere, sagt Sylt-Marketing-Chef Luft. Vielleicht auch wegen der hohen Preise.