Ehrenamtliche aus der kleinsten Stadt Deutschlands organisieren zum vierten Mal ein Festival mit Jazz, Folk und Rock. Zusätzliches Highlight sind die Pontons auf dem Wasser der Schlei.

Arnis. Ein bisschen wundert sich, wer dieser Tage nach Arnis an der Schlei fährt, denn auf dem Wasser schippert ein Klavier. „Es sollen ja alle sehen, was hier los ist“, sagt der Bürgermeister Bernd Kugler. Und was hier los ist, steht auf dem Klavier geschrieben: Musik am Noor.

Ein Noor ist eine Art Bucht. Und dieses spezielle Noor ist eben musikalisch, zumindest einmal im Jahr zum Musikfestival, in diesem Jahr am Freitag, 8. August und Sonnabend, 9. August. „Das ist inzwischen schon das vierte Fest“, sagt Bernd Kugler. „Die Idee kam von einigen Arnissern, die sind begeisterte Musikliebhaber und Segler. Und in Dänemark in einigen Häfen gibt es solche Veranstaltungen. Das wollten wir auch.“ Das vierte Fest also und auch das vierte Klavier, denn länger als eine Saison überstehen sie nicht auf dem Wasser. Wer sich jetzt über Verschwendung beschwert: Die vier Klaviere waren schon vorher kaputt, das diesjährige war verzogen und verstimmt, das aus dem vergangenen Jahr wurde von einer Fußbodenheizung beschädigt. Das Klavier wird deshalb ohne Bedenken auf ein Werftfloß gestellt und verankert. Etwas Vorsicht muss aber doch sein: Es bekommt eine Ankerlampe, damit im Dunkeln niemand dagegenfährt.

Der Veranstalter des Festes ist die Stadt Arnis, die auch ohne Klavier im Noor etwas zum Wundern oder wunderbar Finden bietet: Arnis im Kreis Schleswig-Flensburg ist die kleinste Stadt Deutschlands. „Im Jahr 1934 bekam Arnis das Stadtrecht“, sagt der Bürgermeister Bernd Kugler. „Damals gab es eine Gebietsreform, die Ortsbezeichnung Flecken wurde beseitigt und der damalige Bürgermeister forderte das Stadtrecht.“ Ob das Vorteile hat? „Ich sehe keinen großen. Aber wir können uns selbst verwalten.“ Bürgermeistersprechstunde ist mittwochs von 17 bis 19 Uhr. Angelscheine werden in dieser Zeit nicht verkauft, heißt es auf der Homepage der Stadt.

Arnis, das ist eine Stadt mit 45 Hektar. Mit einem Wanderweg um den Ort, der in etwa 30 Minuten absolviert ist. Und mit knapp 300 Einwohnern. Viele von ihnen, „eine große Schar“, wie Hans-Joachim Schock vom Organisationsteam sagt, helfen ehrenamtlich beim Musikfest, denn es wird ausschließlich durch Sponsorengelder finanziert. „Ohne die Hilfe der Freiwilligen wäre das Fest nicht möglich“, sagt Schock. Die Arnisser entwerfen Logos für T-Shirts. Sie kümmern sich um das Catering, in diesem Jahr gibt es unter anderem Krustenbraten. Sie schenken Getränke aus und bauen auf und um und ab. Sie suchen Sponsoren. Und sie spenden selbst. „Die größte Spende kam von einer Einzelperson, 3000 Euro“, sagt Hans-Joachim Schock. Wie viel insgesamt gespendet wurde, möchte er nicht erzählen. „Aber immerhin so viel, dass der Eintritt wieder kostenlos ist.“

Dass in Arnis nur 300 Menschen leben, merkt im Sommer übrigens niemand. Arnis war einst eine Insel, inzwischen ist die Stadt mit dem Land verbunden, viel Wasser gibt es immer noch. Und ziemlich viele Häfen. Einen in Arnis selbst, einen im Nachbarort Grödersby. Hier legen im Sommer Boote an. Dazu kommen Touristen, die in der Gegend Ferien machen. Einige von ihnen reisen mit der weißen Bimmelbahn aus Kappeln an, die eigentlich Kappeln-Arnis-Schlei-Bahn heißt. „Durch die vielen Gäste ist es gut bevölkert“, sagt Schock. „Aber es fehlte an Musik, um die Leute zusammenzubringen.“

Das hat in den vergangenen Jahren gut geklappt. „Die erste Veranstaltung war ein voller Erfolg, im zweiten Jahr war dann sogar der Ministerpräsident da“, sagt Schock. Torsten Albig hatte sein Amt Mitte 2012 gerade übernommen – und übernahm dann auch die Schirmherrschaft für Musik am Noor, weil sein Stellvertreter nicht konnte. „Im vergangenen Jahr waren dann fast 4000 Leute da. Mehr geht auch nicht, weil der Ort ja räumlich begrenzt ist.“

Die Bühne steht in der Bootshalle von Jan-Willem Paulsen. „Alles, was in der Halle steht, wird mit eingebaut“, sagt er. Als Dekoration. „Wir haben viele kreative Leute, die das zusammenbasteln.“ Der Bürgermeister erklärt, warum das so schön ist: „Die Boote und die Böcke sind angeleuchtet, das ist ein Flair, was man erleben muss. Oder man steht vor den geöffneten Toren der Halle und wippt draußen mit dem Fuß.“ Zu was man wippt, entscheidet die Uhrzeit, die Bands spielen Jazz, Rock, Folk und Mischungen aus allem.

Ob man die Musik ganz nah höre oder leiser, draußen beim Spazierengehen, sei egal, sagt der Bürgermeister. „Aber besonders schön ist es auf dem Wasser.“ Normalerweise trennt es Arnis von Grödersby, zum Musikfest wird das Noor mit Pontons überbrückt. Wer kein Boot mit Sitzgelegenheit hat, kann auf ihnen stehen. Und neidisch auf die Bootsbesitzer gucken. Selber Boot fahren geht aber auch, zwischen Schwansen und Arnis fährt eine Fähre hin und her. Alle, die so zum Festival kommen, können ihr Auto in Sundsacker parken. „Es gibt noch zwei, drei andere Parkmöglichkeiten, aber die sind schnell voll“, sagt Kugler. „Und mit der Fähre ankommen, ist doppelt gut.“ Jan-Willem Paulsen sagt, was das Fest so besonders macht. „Wir sind alle keine Profis, aber wir holen uns Rat und machen dann einfach. Man muss doch in die Welt pusten, wie schön es in Arnis ist.“