28 Prozent der Hochschüler brechen ab. Hannover will gegensteuern. Bremen stellt Studiengänge auf den Prüfstand

Hannover. Es geht um ungezählte Einzelschicksale. Aber es geht auch um viel Geld: Bis zu 28 Prozent der Studenten brechen ihre Ausbildung an einer Hochschule ab oder satteln um. Das will Niedersachsen jetzt nachhaltig ändern. Die grüne Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic hat jetzt angekündigt, dass es dafür auch mehr Geld vom Land geben wird. Um die Senkung der Abbrecherquote geht es nach eigenen Worten auch der Bremer Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD). Die Studenten fürchten, dass der vom Senat am Dienstag verabschiedete Wissenschaftsplan 2020 vor allem dem Abbau von Studienplätzen dient, Bremen ist das höchstverschuldete Bundesland.

Niedersachsen dagegen stockt seit dem Amtsantritt der rot-grünen Landesregierung im Februar 2013 die Mittel für die Hochschulen auf. Rund 170.000 jungen Menschen studieren derzeit an den 29 niedersächsischen Hochschulen, der Etat für das laufende Jahr beträgt rund 2,2 Milliarden Euro. Wichtigster Einzelposten sind dabei die fast 42.000 Beschäftigten. Eine deutliche Senkung der Abbrecherquote würde also die Hochschulen deutlich entlasten. Gegenwärtig ist davon auszugehen, dass von jährlich rund 36.000 Studienanfängern mindestens 10.000 die Hochschulen ohne Abschluss verlassen.

„Viele fangen an, aber zu wenige schließen ab. Da müssen wir gegensteuern“, so die Wissenschaftsministerin auf einer Pressekonferenz in Hannover. Nach neuen Untersuchungen liegt die Abbrecherquote mit 28 Prozent bei den Bachelorstudiengängen deutlich höher als beim anschließenden Masterstudium. Besonders hoch sind die Quoten in den sogenannten MINT-Fächern, allen voran das Mathe-Studium mit einer Abbrecherquote von 37 Prozent. Bei den Ingenieuren sind es 36 Prozent. Hier für Abhilfe zu sorgen, liegt für Heinen-Kljajic nicht nur im Interesse der Betroffenen: „Erfolgreich Studierende sind die Fachkräfte von morgen.“ Und wenn junge Menschen ihr Studium schmeißen, soll ein Programm ausgeweitet werden, um sie in die duale Ausbildung zu bringen: „Auch Handwerk ist heute oft Hightech, das müssen wir den Aussteigern vermitteln.“

Bei Befragungen haben 20 Prozent der Abbrecher von Leistungsproblemen berichtet, es folgen auf Platz zwei finanzielle Probleme mit 19 Prozent. Hier hat die rot-grüne Mehrheit im Landtag in Hannover bereits Konsequenzen gezogen: Als letztes Bundesland überhaupt schafft Niedersachsen zum Wintersemester die bislang erhobene Studiengebühr von 500 Euro je Semester ab. Und mit der Schaffung zusätzlicher Studienplätze vor allem an den Fachhochschulen will Niedersachsen auch ein zweites Problem mindestens minimieren: Es gibt deutlich weniger Studienplätze als Landeskinder studieren. Um die Abbrecherquoten zu senken, investiert das Land mehr als 120 Millionen Euro jährlich in die Qualitätsverbesserung von Forschung und Lehre. Und die Hochschulen ihrerseits, so die Ministerin, haben sich im Hochschulentwicklungsvertrag verpflichtet, neue Lern- und Lehrkonzepte zu entwickeln. Mit mehr Tutorien und einer Ausweitung des Beratungsangebotes. Im Umkehrschluss diskutiert das Ministerium mit den Hochschulen auch darüber, die Zuweisung der Landesmittel als Anreiz stärker an den Studienerfolg zu koppeln. Was die Hochschulen schon machen und was sie planen, wird vom Ministerium abgefragt. Die Ergebnisse will das Ministerium am 8. Oktober vorstellen.

Ebenfalls zu diesem Zeitpunkt müssen die Bremer Hochschulen Farbe bekennen. Wissenschaftssenatorin Quante-Brandt hat sie aufgefordert, alle Studiengänge auf den Prüfstand zu stellen. Es gehe ihr um „ergebnisoffene Prüfaufträge“, versicherte die Senatorin am Dienstag. Lina Sager, Sprecherin der Studenten, sieht dagegen 2000 Studienplätze gefährdet. Weswegen Studenten mit einem Trillerpfeifen-Konzert vor dem Rathaus die Sitzung des rot-grünen Senats begleiteten. Sie sehen an der Universität vor allem den Bereich Psychologie gefährdet, an der Hochschule die Bereiche Volkswirtschaft, Journalismus, Politikmanagement und Tourismus.

Tatsächlich wird der Spardruck noch größer: Die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert berichtete von einem wachsenden Haushaltsloch trotz steigender Einnahmen. Vor allem die Ausgaben für Sozialleistungen steigen schneller als erwartet wegen der steigenden Zahl an Flüchtlingen und mehr Geld für Erziehungshilfen.