Die große Sternfahrt der Metropolregion soll am Sonntag zu einer Demonstration für bessere Radwege werden. Schirmherr ist Tagesschausprecher Thorsten Schröder.

Hamburg. Für viele Radfahrer dürfte diese Tour eine Art Höhepunkt des Jahres werden, im wörtlichen Sinne sogar. Die mittlerweile schon traditionelle Hamburger Fahrradsternfahrt führt an diesem Sonntag streckenweise hoch über den Hafen auf der Köhlbrandbrücke entlang, die dann wie die anderen Abschnitte auch von der Polizei für den Autoverkehr kurzfristig gesperrt wird. Rund 60 Startpunkte im Umland und in der Stadt selbst wird es geben, mit bis zu 18.000 Teilnehmern rechnen die Veranstalter vom Aktionsbündnis „Mobil ohne Auto“.

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Mehrere Umweltverbände, der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) und auch der Verkehrsclub Deutschland gehören ihm an. Als Schirmherr hat das Bündnis den „Tagesschau“-Sprecher Thorsten Schröder gewonnen, der selbst als sportlich ambitionierter Radler gilt.

Mit ihm werden Radfahrer aus der gesamten Metropolregion Hamburg mitfahren. Gestartet wird am Vormittag an unterschiedlichen Punkten, teilweise bereits um 6.45Uhr wie am Bahnhof Itzehoe oder um 7.30Uhr in Lüneburg. Das Ziel der Sternfahrt ist das Museum der Arbeit in Barmbek. Gegen 14.30 Uhr werden die Teilnehmer dort eintreffen. Die aktuelle Ausstellung passt perfekt. Im Museum läuft zurzeit eine viel beachtete Schau zur Geschichte des Fahrrads.

Zwar können die Teilnehmer während der Sternfahrt viele schöne Streckenabschnitte der Stadt völlig ohne Autoverkehr erleben, teilweise gilt das sogar für die Autobahnen. Die Veranstalter sehen das gemeinsame Radlen allerdings nicht vorrangig als Vergnügungsfahrt an. „Das ist vor allem eine Demonstration, ganz klar“, sagt Bündnissprecher Uwe Jancke. Angemeldet ist die Sternfahrt deshalb auch nach dem Versammlungsrecht als Demonstration. Die Radler werden von Polizeifahrzeugen begleitet, die auch für die Straßenabsperrungen sorgen, wenn der Tross vorbeiradelt. „Wir fordern mit dieser Fahrt vom Hamburger Senat endlich deutliche Schritte zur Verbesserung des Fahrradklimas in der Stadt“, sagt Jancke. Auch für die Sicherheit im Alltagsverkehr müsse angesichts mehrerer Unfälle mit getöteten oder schwer verletzten Radfahrern mehr getan werden. Besonders tückisch seien Kreuzungen, wo die Radler dann oft aus dem Blickfeld der Autofahrer geraten und beim Abbiegen übersehen werden.

Konkrete Forderungen für die Verkehrspolitik in Hamburg stellt auch der Bürgerschaftsabgeordnete Till Steffen (Grüne), der bei der Abschlusskundgebung zu den Teilnehmern sprechen will. Das Fahrrad sei zum einen ein Freizeitgerät mit Spaßfaktor, aber auch ein Fortbewegungsmittel und ein Statement gegen den Autostau in der Stadt. „Es ist überfällig, den Radverkehr zu stärken“, sagt er und fordert unter anderem den konsequenten Ausbau des bereits in den 1990er-Jahren geplanten Veloroutennetzes, das durchgängige Radwege vom Umland bis in die City vorsieht, aber bisher an keiner Stelle komplett umgesetzt ist.

Allerdings investiert die Stadt derzeit im Vergleich zu den Vorjahren vermehrt in den Radverkehr, wie Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof kürzlich im Abendblatt sagte. Tatsächlich werden an vielen Stellen der Hamburger Bezirke neue Radfahr- und Schutzstreifen auf der Fahrbahn angelegt. Etwa 40 Kilometer solcher Radstrecken auf vorhandenen Straßen werden in diesem und im nächsten Jahr voraussichtlich neu geschaffen. Rund ein Drittel der alten und oft kaputten Radwege in der Stadt könnten in naher Zukunft noch durch solche Streifen ersetzt werden, schätzt Rieckhof.

Seine Behörde überprüft in diesen Tagen dazu das gesamte etwa 1500 Kilometer lange Radwegenetz in Hamburg auf solche Schwachstellen und Engpässe. Zudem kündigte er zwei neue Fahrradstraßen links und rechts der Alster als schnelle Radverbindung in die Innenstadt an. Die detaillierte Planung dazu solle noch in diesem Sommer vorgestellt werden.

Die Anlage von etlichen neuen Fahrradstreifen geht dem Bündnis „Mobil ohne Auto“ aber offensichtlich nicht weit genug. So würde lediglich ein „Flickenteppich“ von neuen Verbindungen entstehen, kein wirkliches Netz. Bündnissprecher Uwe Jancke: „Wir brauchen aber endlich ein durchgängiges Netz – so wissen am Ende Autofahrer und Radfahrer nicht wirklich, wo was ist, wenn diese Streifen plötzlich irgendwo einfach enden.“

Die Idee einer solchen Fahrraddemonstration geht in Hamburg auf erste Sternfahrten in den 1970er-Jahren zurück, die dann nach wenigen Jahren aber eingestellt wurden. Seit 1995 wird die Hamburger Fahrradsternfahrt wieder durchgängig veranstaltet, anfangs nur mit wenigen Hundert Radlern. Mehr als 10.000 waren es in den vergangenen Jahren. Deutlich weniger aber als in Berlin, wo jährlich an jeden ersten Juni-Sonntag rund 200.000 Sternfahrtradler gezählt werden.

Traditioneller Sternfahrttag ist in Hamburg der dritte Sonntag im Juni, parallel mit dem bundesweiten „Tag ohne Auto“. Das ist ein lediglich freiwilliger Aktionstag. Bis 2011 gab es in Hamburg einen vom Senat propagierten autofreien Sonntag. Auch der war freiwillig – doch Bahnen und Busse des HVV konnten kostenlos genutzt werden. Aus Kostengründen hat der neue SPD-Senat diesen Tag wieder abgeschafft. „Ein absolut falsches Signal“, wie Fahrrad-Vorkämpfer Uwe Jancke sagt.