Jetzt wird sich der schleswig-holsteinische Landtag mit der umstrittenen Reform beschäftigen. Es geht um 1,4 Milliarden Euro. Die lautesten Proteste kommen derzeit von den elf Kreisen.

Kiel. Nun hat das Parlament das Wort: Die Reform des kommunalen Finanzausgleichs (FAG) in Schleswig-Holstein geht in die nächste Runde. Innenminister Andreas Breitner (SPD) hat am Dienstag für seinen Gesetzentwurf grünes Licht vom Kieler Kabinett bekommen. Schon in diesem Monat wird sich der Landtag erstmals mit dem Thema befassen, 2015 soll das Gesetz in Kraft treten. Hitzige Debatten sind zu erwarten, denn es geht um viel Geld. 1,4Milliarden Euro werden in diesem Jahr mit dem Mechanismus des Finanzausgleichs auf die kreisfreien Städte, die Kreise und Kommunen in Schleswig-Holstein verteilt. Im kommenden Jahr sind es vermutlich schon 1,5 Milliarden Euro. Geld, das für Streit sorgt.

Die lautesten Proteste kommen derzeit von den elf Kreisen. Bis auf Dithmarschen gehören alle zu den Verlierern der Reform. Würde sie schon in diesem Jahr gelten, müssten die Kreise auf 53,7 Millionen Euro verzichten. Kein Wunder, dass sie schon damit gedroht hat, vor Gericht zu ziehen, falls der Breitnersche Entwurf tatsächlich zum Gesetz wird. Gedroht wird außerdem damit, die Kreisumlage zu erhöhen, also sich das fehlende Geld von den Kommunen zu holen. Auch eine Gegendrohung existiert schon: Die SPD-Fraktion will prüfen, ob eine Umlagenerhöhung in Zukunft vom Land genehmigt werden muss.

Doch das ist nicht die einzige Gefahr, die der FAG-Reform droht. Immerhin hat die Landesregierung, die von SPD, Grünen und SSW getragen wird, nur eine Stimme Mehrheit. Und manch ein Abgeordneter wird derzeit von der Basis ordentlich unter Druck gesetzt. Der Stormarner Landrat Klaus Plöger hat bereit angekündigt, bei der nächsten Wahl gegen den SPD-Landtagsabgeordneten Martin Habersaat antreten zu wollen – falls der nicht in Kiel dafür sorge, dass der Kreis Stormarn besser abschneiden werde als bisher. Breitners Zahlenwerk sieht den zwischen Hamburg und Lübeck gelegenen Boom-Kreis derzeit mit acht Millionen Euro im Minus.

In Kiel hat man die Signale vernommen und setzt auf Detailarbeit. Der SPD-Fraktionschef Ralf Stegner sagte am Dienstag: „Zwischen der ersten und der zweiten Lesung des Gesetzes wird es einen umfassenden Dialogprozess mit allen Betroffenen geben. Veränderungen sind zu erwarten.“

Dass der kommunale Finanzausgleich reformiert werden muss, ist unstrittig. Der Mechanismus stammt in seinen Grundzügen aus den Siebzigerjahren und hat seitdem lediglich kosmetische Reparaturen erfahren. Derzeit bekommt der Kreis Herzogtum Lauenburg zum Beispiel immer noch eine Zonenrandförderung, Kiel bekommt eine Landeshauptstadtzulage. Alles Zahlungen, die heute weder in ihrer Höhe noch in ihrer Begründung nachvollzogen werden können.

Unstrittig ist auch, dass der Zeitpunkt für eine Reform außerordentlich günstig ist. Die Steuerquellen sprudeln, deswegen fließt auch Jahr für Jahr mehr Geld in den FAG-Topf. Während 2007 nur 972 Millionen Euro an die Städte, Kreise und Kommunen verteilt werden konnten, waren es im vergangenen Jahr schon 1,2 Milliarden Euro.

Breitner will mit seiner FAG-Reform insbesondere Kommunen mit hohen Soziallasten stärken. Dazu zählen die kreisfreien Städte Lübeck, Kiel, Neumünster und Flensburg. Sie sollen insgesamt knapp 23 Millionen Euro mehr bekommen.

In einem anderen Punkt hat der Minister aus Fehlern gelernt. Anfangs hatte er darauf beharrt, dass die FAG-Reform „transparenter und nachvollziehbarer“ sein werde. Am Dienstag klang das schon anders. „Der künftige Finanzausgleich ist solide, sachgerecht und solidarisch“, sagte Breitner.