Wirtschaftsminister spricht dem Hafen seine Zukunft ab. Friedrichskoog möchte Betrieb selbst durch Windkraft finanzieren und hofft auch auf Unterstützung aus Hamburg.

Friedrichskoog. „Atemberaubende Sonnenuntergänge, ein Klönschnack am malerischen Hafen und der kulinarische Genuss in hübschen Restaurants verwöhnen die Seele“: So wirbt Friedrichskoog um Urlauber. Aber einer dieser drei Seelenverwöhner ist in Gefahr: Der Hafen soll zum Jahresende geschlossen werden. Er gehört dem Land Schleswig-Holstein. Der zuständige Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) sagt: „Die Funktion als Landeshafen ist nicht mehr gegeben“.

Der Nordseehafen versandet und verschlickt, er muss immer wieder ausgebaggert werden. Die Friedrichskooger Krabbenfischer sind mit ihren im Laufe der Jahre größer gewordenen Schiffen kaum noch vor Ort. Sie liegen meist im Büsumer Hafen, der unabhängig von den Gezeiten angefahren werden kann. 2012 haben sie nur noch gut zwei Prozent ihrer Fänge in Friedrichskoog angelandet. Dem stehen jährliche Hafenunterhaltungskosten von 1,5 Millionen Euro entgegen. Demnächst muss auch noch das Sperrwerk für 3,5 Millionen Euro erneuert werden.

Lohnt sich das? Die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und SSW verneint, und sie steht damit nicht allein. Schon die von CDU und FDP gebildete Vorgängerregierung wollte den Hafen schließen, um Geld zu sparen. Die Friedrichskooger kämpfen nun also nicht nur gegen eine große, sondern gegen eine ganz große Koalition.

Aber sie lassen nicht locker. Und sie können sehr genau erklären, warum das so ist. „Mit dem Verlust des Hafens wäre auch die Zukunft von Friedrichskoog in Gefahr“, sagt Bürgermeister Roland Geiger. „Wenn der Hafen schließt, ziehen irgendwann auch die Fischerfamilien nach Büsum. Zehn Millionen Euro Umsatz haben die im letzten Jahr gemacht, noch wird das bei uns versteuert.“

Geiger gehört einen Wählergemeinschaft an, sieht sich nicht als Politiker („Wollen Sie mich ärgern?“) und spricht mit erfrischender Offenheit. Der Schlick komme aus Hamburg, sagt er. „Aber das können wir leider nicht nachweisen.“ Und weiter: „Das würde auch nie jemand aus Hamburg zugeben, dass das was mit dem Ausbaggern der Elbe zu tun hat.“ Seit 2013 darf der ausgebaggerte Elbschlick in der Nordsee verklappt werden. Allein der Kampf gegen diese Versandung schlägt in Friedrichskoog mit rund 500.000 Euro pro Jahr zu Buche.

Und weil das so ist, hat Geiger den Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch eingeladen. Am Montag war er da, gemeinsam mit seinem schleswig-holsteinischen Amtskollegen Reinhard Meyer. Natürlich hat Horch nicht gesagt, dass er den Friedrichskooger Schlick auf Hamburger Kosten wegbaggert. „Aber es war sehr nett, dass er zu uns gekommen ist“, sagt Geiger. „Das zeigt doch auch eine Wertschätzung.“

Und ein bisschen Hilfe hat Horch tatsächlich leisten können. Geiger hat den Eindruck gewonnen, dass außer dem Schlick auch noch Hamburger Geld in den Friedrichskooger Hafen fließen könnte. Denn Hamburg bezahlt Geld für die Verklappung in der Nordsee, Schleswig-Holstein bekommt dafür zwei Euro pro Kubikmeter. Könnte ein Teil davon nicht für den Hafen ausgegeben werden? „Ich werde alles dazu beitragen, dass es zu einer einvernehmlichen Lösung kommt“, sagte Horch.

Mehr Hoffnung als aufs Schlickgeld setzt der Bürgermeister auf ein Treffen am kommenden Donnerstag. Die Friedrichskooger wollten unbedingt von einem unabhängigen Gutachter hören, ob der Erhalt des Hafens wirklich so teuer ist. Nun bekommen sie diesen Gutachter: Es ist die Bundesanstalt für Wasserbau. Am Donnerstag will man sich zusammensetzen. Ist die Bundesanstalt wirklich unabhängig? „Immerhin sind das keine Schleswig-Holsteiner“, findet Bürgermeister Geiger. Vielleicht finden die Experten ja doch einen Weg, mit weniger Geld auszukommen. Gelänge das, wäre eine Einigung denkbar. Momentan gehen die Vorstellungen allerdings weit auseinander. Das Land möchte den Hafen auf die Gemeinde übertragen und das Problem damit los sein, die Gemeinde ist bislang nur zu einer finanziellen Beteiligung an den Kosten bereit. 580.000 Euro pro Jahr hat Friedrichskoog angeboten.

Das Finanzierungskonzept ist originell. „Wir wollen fünf Windanlagen bauen, und die Einnahmen aus der EEG-Umlage sollen in den Hafen gehen“, sagt der Bürgermeister. Wind hält den Hafen über Wasser: Das klingt nicht schlecht.

Der Bürgermeister will jetzt versuchen, die Interessen der verschiedenen Gruppen zu bündeln. Die Freizeitfischer, die Berufsfischer, die Touristiker, die anderen Hafennutzer. Der Ölkonzern Dea gehört dazu, dessen Arbeiter von Friedrichskoog aus mit einem kleinen Boot zu den Ölplattformen gebracht werden.

Die Seehundstation gehört dazu, die ihr Wasser aus dem Hafen bekommt. Macht der zu, müsste ein Brunnen gebohrt werden, und das Grundwasser müsste dann künstlich nachgesalzen werden, um auf Nordseequalität zu kommen.

Eines ist Geiger klar: „Wenn auch die unabhängigen Experten zu demselben Ergebnis wie das Land Schleswig-Holstein kommen, muss man sagen: Dann ist es passiert.“ Der „malerische Hafen" wäre weg. Ein Trost bliebe immerhin: Die „atemberaubenden Sonnenuntergänge" kann Friedrichskoog niemand nehmen.